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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten
Autoren: Unbekannt
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„Es ist genug, Elka ... Achtzehn Jahre sind vergangen. Du hast gesehen, was es zu sehen gab."
    „Ich will Treggo", flüsterte sie, „sonst nichts."
    „Das läßt sich machen. Hier aber, in Estartu, ist der einzige Ort, wo du Treggo nicht finden wirst. Du mußt zurück in die Milchstraße."
    Erst jetzt wurde ihr bewußt, daß sie ebendies schon seit langer Zeit wollte. Sie durfte nicht vor ihrer Verantwortung fliehen; denn Verantwortung bedeutete auch die Pflicht, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Sie erhob sich aus dem Bett und suchte zum ersten Mal seit langer Zeit den winzigen Kommandostand auf. „Wir fliegen nach Hause", bestimmte sie. „Das ist nicht so einfach, Elka. Der Flug ist lang und beschwerlich geworden. Aber es gibt einen Treffpunkt, der uns mit anderen Vironauten zusammenführt und so unsere Sicherheit erhöht: Eden-Nova.
    Dort soll alles neu beginnen."
     
    6.
     
    Sie waren die Toshin-Male los. Noch heute, fast einen Monat später, fuhr Bull ständig mit dem Handrücken über die Stirn; so, als wolle er prüfen, ob tatsächlich keine Spur des Stigmas mehr vorhanden war.
    Nach ihrem letzten Treffen im Juni hatten sie sich schwerpunktmäßig der Galaxis Muun zugewandt, der Urheimat aller Pterus. Dort hatten besonders viele Vironauten als verschollen gegolten. Dabei hatten sie auch die Galaxis Shufu aufgesucht und waren mit Ijarkor zusammengetroffen, der sie von ihren Toshin-Malen befreit hatte.
    Es war vorbei. Sie konnten endlich die Gestade Estartus, wie sich Sotho Tal Ker einmal poetisch ausgedrückt hatte, verlassen und die heimatliche Milchstraße aufsuchen.
    Achtzehn Jahre sind nicht wenig, dachte Bull. Er betrachtete in einer spiegelnden Monitorscheibe seine makellose Stirn. Mehr als eine Episode? Wer weiß, wie lange die Ereignisse dieser Jahre unseren Weg prägen werden. „Noch zehn Minuten", erklärte Stronker Keen, der Mentor der EXPLORER. „Dann erreichen wir Eden-Nova."
    Bull hoffte, daß nicht am Ende doch noch etwas dazwischen kam. Sie konnten in einer der Kalmenzonen stranden, die sich in letzter Zeit immer häufiger spontan ausgebildet hatten, und dort festsitzen, bis das Psionische Netz endgültig zusammenbrach. Auf den letzten Lichtjahren schien dies allerdings unwahrscheinlich.
    Mißmutig schaute er Irmina Kotschistowa an. Die Frau hatte ihr Virenschiff an der EXPLORER verankert und hielt sich nun schon seit Tagen in seiner Nähe auf. Nicht, daß ihm diese Tatsache etwas ausgemacht hätte - im Gegenteil! Aber ihre Anwesenheit erinnerte ständig an die geringe Wahrscheinlichkeit, mehr als hunderttausend Virenschiffe zur Rückkehr in die Heimat zu bewegen. Es war ein Problem der Kommunikation. Wie sollte man in kurzer Zeit die Besatzungen von 650.000 Virenschiffen, die vor achtzehn Jahren in die Galaxien Estartus aufgebrochen waren, kontaktieren?
    Nicht einmal das Schneeballsystem würde ausreichen. Sie hatten den Auftrag von ES schlecht erfüllt. „Es ist soweit!" rief Stronker Keen. „Jetzt werden wir sehen, was los ist."
    Bulls Blick war gespannt und ängstlich zugleich. Sie schrieben den 23. Juli 447 NGZ, und als unwiderruflich letztes Abreisedatum stand der 31. Juli fest. Irmina gesellte sich zu ihm. Sie legte eine Hand auf seine Schulter und beobachtete konzentriert den Panoramaschirm, wie er selbst es auch tat. In einer Ecke erschienen erste Ortungsdaten. Zunächst fand Bull wenig Sinn darin, doch bald schälten sich konkrete Ergebnisse heraus.
    Er überschlug mit plötzlich zitternden Fingern die erste Hochrechnung und fand, daß alles seine Richtigkeit hatte. „Wie kann das sein?" wollte er so leise wissen, daß es nur die Frau verstand. „Es ist nicht möglich, Irmina ..."
    Dann aber sprang er auf und jubelte. In der Zentrale der EXPLORER brach Chaos los. Er nahm Irmina bei den Hüften und wirbelte sie ein paarmal herum. „Vierhunderttausend! Es sind vierhunderttausend!"
    „Egal, wie es dazu gekommen ist freuen wir uns darüber", meinte sie nur.
    Er sah ihren spöttischen Gesichtsausdruck und ließ sie verlegen zu, Boden. Mit verschränkten Armen studierte er nochmals das Ergebnis der Orter. „Du hast recht, Irmina. Freuen wir uns darüber."
    Trotzdem überlegte Bull, weshalb an der vollen Zahl von 650.000 noch eine Viertelmillion fehlte. So bin ich eben, dachte er mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Ich kann nicht genug bekommen.
    Der Strom der eintreffenden Virenschiffe riß auch in den nächsten Tagen nicht ab. Angesichts dieser Tatsache
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