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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten
Autoren: Unbekannt
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Ungeachtet jeder noch so günstigen Verteilung würde sich keine organische Mannschaft gegen die Suggestivgesänge eines ophalischen Chores behaupten können. Insofern versprach der Plan der Hagen Geen Erfolg. Aber was dann? Was sollte geschehen, sobald die Mannschaften der zehn Raumer unter suggestivem Einfluß standen?
    Darüber hatte Koden Free kein Wort verloren.
    Lag es nur an diesem Detail, daß der Plan seines alten Widersachers so unfertig wirkte? Unfertig, ja, das war das richtige Wort. So unfertig, als habe man die korrekte Ausführung des Planes nicht einmal ernsthaft erwogen.
    Salaam Siin verscheuchte mühevoll seine Besorgnis. Er trat auf die Terrasse des Hotelzimmers hinaus und musterte den klaren Nachthimmel über Mardakka. Wo sonst energetische Schutzschirme einen milchigen Schimmer über die Riesenstadt gezogen hatten, leuchteten nur noch Sterne. Salaam Siin erkannte Konstellationen wieder, die er vor Jahren oft betrachtet hatte, und ein anfliegendes Raumschiff zog zwei dünne, feurige Spuren hinter sich her.
    Die Wunder ESTARTUS waren ihm immer so gewaltig und unnahbar erschienen, für die Ewigkeit gemacht, doch am Ende waren sie erloschen oder zum Stillstand gekommen. Er wurde sich der Tatsache bewußt, daß er keines dieser Monumente von diesem Ort aus hatte sehen können. Sterne und Galaxien hatten Bestand, aber nicht die Elysischen Ringe von Erendyra oder die Smaragdenen Schlüsselmonde von Palcaquar.
    Weit oben am Firmament entstand eine Leuchterscheinung, wie man sie in den letzten Wochen in Estartu des öfteren erlebt hatte. Salaam Siin wußte nicht, wo das Phänomen seinen Ursprung fand. Aber er verspürte keine Furcht. Bislang hatte die Psionische Lumineszenz noch niemandem direkt geschadet.
    Lediglich die Psyche konnte Schaden nehmen, wenn ein Beobachter labil und abergläubisch war.
    Das Leuchten entstand in Form einer vielfarbigen Spirale.
    Daraus wurde ein rot bis orangefarbener Reigen, dessen Elemente urplötzlich in alle Richtungen zerstoben und auf die Dächer Mardakkas niederzugehen schienen. Salaam Siin duckte sich unwillkürlich.
    Er wußte, daß keine reale Drohung existierte, daß sich in ein paar Momenten der Reigen spurlos verflüchtigen würde. Aber für Sekundendauer erkannte er in einem signalroten Klecks Koden Frees Gesicht. Der andere schaute triumphierend. In seinen Augenknospen spiegelte sich ein Bild der scharfen Kunstglieder, die ein Unfall ihm aufgezwungen hatte.
    Wirklich ein Unfall?
    Salaam Siin schauderte bei dem unmotivierten Gedanken, und als er ein letztes Mal Koden Frees Züge betrachten wollte, war der Fleck verloschen.
     
    *
     
    Am nächsten Morgen fühlte Salaam Siin in allen Gliedern bleierne Müdigkeit. Der Schlaf hatte ihn kaum erfrischt. Er reckte systematisch die sechs Armpaare, den tonnenförmigen Rumpf und seine beiden Stummelbeine. Allmählich nur strömte frische Energie durch seine Adern.
    Salaam Siin orderte über die Serviceleitung des Hotels ein ausgiebiges Frühstück. Der entscheidende Termin stand glücklicherweise erst Stunden später an, und er hatte Zeit genug, sich bis dahin in beste Verfassung zu bringen. Dies allerdings betraf nur die körperliche Seite - inwendig schienen noch immer Zweifel und Unsicherheit seine Entschlußkraft lähmen zu wollen. „Schluß damit!" sagte er sich. Aus seinem Membrankranz drangen aufmunternde Klänge, als könne er auf diese Weise der eigenen Trübsal begegnen.
    Der Meistersinger speiste fast eine Stunde lang, ließ sich anschließend von den Massagerobotern des Hotels lockern und überprüfte seine Schutzkombination. Alles schien in Ordnung. Er hatte es nicht anders erwartet, denn im Grunde ähnelte sie den Monturen, wie sie Netzgänger im Einsatz trugen. Lediglich die KARTE und einige Funktionen des Pikosyns fehlten. Nun, da das Psionische Netz in seinem Zusammenhalt gestört war, bedurfte er dieser Funktionen nicht.
    Die rechte Zeit zum Aufbruch war gekommen. Salaam Siin drapierte wie gewöhnlich seine Alltagskleidung über den Schutzanzug und ließ sich einen Gleiter kommen. Diesmal lag das Ziel in einem anderen Randbereich Mardakkas, doch der weitere Prozeß lief ab wie gehabt. Ein Gleiter mit verdunkeltem Fahrgastraum beförderte ihn an sein Ziel. Den Anzeigen seiner Ortungsgeräte entnahm der Meistersinger, daß es sich wie am Vortag um einen zentralen Bezirk der Südpolstadt handelte.
    Die Vorsichtsmaßnahmen der Hagen Geen erschienen ihm plötzlich dilettantisch und unnütz. Hätte nicht
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