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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten
Autoren: Unbekannt
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Boden aus unbegrünter, schwarzer Erde. Nein, keine Erde, dachte er, es war Asche. Salaam Siin entdeckte im hohen Mauerwerk ringsum vereinzelt feine Spalten und angekohlte Stellen. An diesem Ort hatte ein Kampf stattgefunden, soviel war offensichtlich. „Salaam Siin! Da bist du ja!"
    Er fuhr herum und sah Gorzen Dei, den er vor drei Tagen bereits kennengelernt hatte. „Ich habe den Auftrag, dich ins Haus zu begleiten. Alle anderen sind bereits eingetroffen."
    Salaam Siin folgte dem anderen wortlos. Gemeinsam steuerten sie die einzige Tür ins Innere des Gebäudes an. Dort gesellten sich zwei Roboter an ihre Seite, und der Meistersinger vermutete zu Recht, daß man ihn durch Kampfmaschinen überwachen ließ. Aber er wollte daran keinen Anstoß nehmen.
    Bedachte man das bisherige Vorgehen der Hagen Geen, wirkte der Einsatz maschineller Wächter nur zu selbstverständlich. „Hier entlang." Gorzen Dei legte Wert darauf, möglichst unbefangen zu erscheinen. Doch Salaam Siin ließ sich vom Gehabe des anderen nicht täuschen - ihm, einem fast Fremden gegenüber, konnte es ehrliches Vertrauen so schnell nicht geben.
    Je weiter sie sich von der Innenwand zum Atrium entfernten, desto deutlicher traten Zerstörungen zutage.
    Ein gutes Versteck, dachte er. Im Augenblick hatten die Bewohner Mardakkas wahrlich andere Dinge im Kopf als Aufräumungsarbeiten. „Wir sind da. Hinter dieser Tür hat sich die Führungsspitze unserer Organisation versammelt."
    Salaam Siin zögerte nicht. Er stieß die Türflügel beiseite und betrat den niedrigen Raum, der sich dahinter auftat. Gleichzeitig blieben die Roboter zurück. Auf dem Boden hockten zehn bunt gekleidete, gedämpft diskutierende Ophaler.
    Alle Gespräche verstummten schlagartig, die Aufmerksamkeit aller wandte sich ihm zu. In der Tat erkannte Salaam Siin drei der Anwesenden. Sie waren, ganz wie erwartet, schon vor dem Sturz der Heraldischen Tore als Singlehrer auf Mardakaan tätig gewesen. Keinem der drei hätte er eine bedeutende Rolle in einer Organisation wie der Hagen Geen zugetraut doch der Sturz der Ordnung, die einige Jahrtausende gewährt hatte, würde noch mehr Überraschungen hervorbringen als diese.
    Die zehn versammelten Ophaler stimmten einen knappen Begrüßungskanon an. Salaam Siin fiel ein, und nach wenigen Sekunden war den Formalitäten Genüge getan. „Noch ist die eigentliche Sitzung nicht im Gange", erklärte einer der Anwesenden. „Ein paar Minuten noch, Salaam Siin ... Wir alle freuen uns übrigens, dich in unserer Mitte zu haben. Deine Rolle während der Ereignisse im Siom-System hat sich herumgesprochen."
    „Ja", ergänzte ein zweiter, „andernfalls hättest du umfangreiche Tests über dich ergehen lassen müssen.
    Halb Mardakka steht in dieser oder jener Weise zu uns. Da ist es nicht leicht, ohne bürokratischen Apparat den Überblick zu behalten."
    Salaam Siin überlegte nur kurz und fragte dann: „Wenn halb Mardakka zu euch gehört, weshalb dann das Zögern? Weshalb verjagt ihr den Singuva nicht einfach?"
    „Weil er zehn Kampfschiffe zur Unterstützung mitgebracht hat. Sie alle liegen auf dem Raumhafen Mardakkas; und im übrigen ist es tatsächlich bald soweit."
    „Wann?"
    „Das soll dir unser Anführer erklären. Er wird gleich eintreffen."
    Salaam Siin wartete die nächsten Minuten schweigend ab. Irgendwie entsprach dies alles nicht seinen Erwartungen. Er sah keinerlei Kommunikationssysteme, keine Waffenlager und keine Schutzschirmprojektoren für den Fall eines unerwarteten Angriff s. Doch für jeden dieser Umstände fand er eine plausible Erklärung: Dies war ein Ausweichquartier, überlegte der Meistersinger, bezogen nur für eine Sitzung und deshalb unbefestigt. Und als stärkste Waffe der Ophaler hatte sich noch immer der suggestive Gesang erwiesen. „Er kommt."
    Im Hintergrund des Raumes schwangen zwei bislang unsichtbare Türflügel beiseite. Ein Ophaler trat ins Licht, den Salaam Siin mit Sicherheit schon einmal gesehen hatte. Aber um wen handelte es sich? Alles an ihm schien durchschnittlich: die Größe von etwa hundertdreißig Zentimetern, das signalrote, eiförmige Gesicht ... Nur das Gehabe schien etwas weniger auffällig, als die meisten Ophaler es liebten. Und noch etwas! Salaam Siin schaute erst jetzt auf die zwölf Fühlerbüschel, die als Greif und Tastwerkzeuge dienten.
    Unwillkürlich fuhr er seinen Hals zu voller Länge aus. Wo eigentlich die Fühlerbüschel hätten sein sollen, befanden sich mechanische Ersatzglieder,
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