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1357 - Nach dem Holocaust

Titel: 1357 - Nach dem Holocaust
Autoren: Unbekannt
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Kartanin stieß ein hysterisches Gelächter aus, das in einem langgezogenen Schrei endete.
    Der Schrei brach ab. Sue-El starrte entsetzt auf die tote Erzieherin. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals hinauf, und das Brennen hinter ihren Augen wurde so schlimm, daß sie kaum noch etwas sehen konnte.
    Ihr wurde schwindelig, und sie mußte sich hinsetzen und warten, bis es vorüber war.
    Sie hatte sich noch nicht ganz erholt, da hörte sie aus dem nahen Wald ein wildes Fauchen und Schreien, und sie wußte sofort, daß das Kartanin waren. Sie prügelten sich, und zwar nicht zum Spaß.
    Sue-El gehorchte einem Instinkt, der ihr riet, hinter den Trümmern Deckung zu suchen, sich zu verstecken. Sie sagte sich, daß sie keinen Grund hatte, sich vor ihren Artgenossen zu fürchten, aber ihre Instinkte waren stärker.
    Zitternd duckte sie sich hinter einen großen Fetzen der Dachverkleidung, der wie ein riesiges Stück zerknülltes Papier aussah. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen, geschweige denn hinter ihrem Versteck hervorzuschauen, während das Schreien und Fauchen immer näher kam. Endlich wurde es still, und als Sue-El vorsichtig über den Rand der Dachverkleidung hinweglugte, sah sie zwei Kartanin, die am Waldrand lagen und sich nicht rührten. Die Kleidung der beiden war blutverschmiert.
    Voller Furcht schlich Sue-El weiter, zuerst zu dem zerstörten Gebäude, dann um die Schule herum. Sie fand viele Tote, aber allmählich schärfte sich ihr Blick, und sie erkannte, daß nicht alle durch die Explosion in der Schule ums Leben gekommen waren. Viele waren erst später gestorben, und nicht selten war Gewalt im Spiel gewesen.
    Allmählich begriff sie, was geschehen war.
    Es hatte in der Schule stets einige tausend Tränen N'jalas gegeben, ein nicht unerheblicher Vorrat, der regelmäßig ergänzt wurde. Die Schülerinnen brauchten die Tränen, um ihre Esper-Fähigkeiten zu trainieren. Dieser Vorrat mußte deflagriert sein schlicht und einfach in die Luft geflogen. Die Explosion hatte den größten Teil der Schülerinnen und Erzieherinnen getötet. Die anderen waren der Psiphrenie verfallen, einer Form von Wahnsinn, die durch die Überflutung des Gehirns mit Psi-Energien hervorgerufen wurde.
    Sue-El hörte erneut das Fauchen und Kreischen sich streitender Kartanin, und das Blut stockte ihr in den Adern.
    Offenbar waren einige von denen, die es nicht gleich tödlich erwischt hatte, immer noch am Leben. Sie waren in diesem Zustand unberechenbar.
    Sie blieb in Deckung und wartete, bis es wieder ruhig war. Dann schlich sie sich unter das weit vorspringende Dach, wo sie im Schatten stand und nicht gleich für jeden, der die Lichtung betrat, sichtbar war. Hier fühlte sie sich sicherer, obwohl das Dach wie auch die Wände stellenweise heruntergebrochen waren und noch immer ab und zu Trümmerteile herabfielen.
    Sie fand ein kleines Wasserbecken und trank gierig, obwohl das Wasser nicht sehr sauber war. Danach ging es ihr etwas besser. Sie fühlte sich noch immer schwach und krank, aber sie hatte von sich den Eindruck, völlig normal zu sein.
    Sie setzte sich auf den Rand des Wasserbeckens und überlegte. Langsam kehrte ihre Erinnerung zurück.
    Die Esper-Schule war stets eine kleine Welt für sich gewesen. Die Schülerinnen sollten sich hier auf ihre Ausbildung konzentrieren, und man hielt es für richtig, sie nicht mit unwichtigen Informationen zu behelligen, die sie doch nur von ihrem eigentlichen Ziel ablenken konnten. Als unwichtig galten in diesem Zusammenhang alle Informationen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Ausbildung standen.
    Dennoch waren einige Gerüchte bis in die Schule gedrungen. Die Tränen N'jalas waren in Gefahr, hatte es geheißen, und viele Esper hätten sterben müssen, um sie zu schützen. Die Erzieherinnen hatten diese Gerüchte stets dementiert, aber es ließ sich nicht leugnen, daß sie in der letzten Zeit ungeduldiger als sonst gewesen waren. Das hatten besonders die älteren Schülerinnen zu spüren bekommen, zu denen auch Sue-El-K'yon gehörte.
    Es war ungewöhnlich, daß die Erzieherinnen gerade jene Schülerinnen, die kurz vor ihrer abschließenden Prüfung standen, so sehr unter Druck setzten, wie es in den letzten Tagen geschehen war.
    Sue-El-K'yon gehörte nicht zu denen, die etwas auf Geschwätz gaben, aber jetzt, nach dieser Katastrophe, fragte sie sich doch, ob an den Gerüchten am Ende doch etwas Wahres gewesen war ...
    Sie wies diesen Gedanken energisch von sich.
    Die Tränen N'jalas
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