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1356 - Am Abgrund des Lebens

1356 - Am Abgrund des Lebens

Titel: 1356 - Am Abgrund des Lebens
Autoren: Jason Dark
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das von uns erwartete Hinweisschild. Wind und Wetter hatten es grau und verwaschen gemacht. Man musste schon genau hinschauen, um die Schrift zu erkennen.
    Sekunden später waren wir von der Straße abgebogen und in den Weg hineingerollt, der zu Klinik hoch führte. Sie lag in der Tat etwas höher, auf der flachen Kuppe eines Hügels, aber sie stand trotzdem nicht wie ein strahlender Stern vor uns, denn um sie herum reckten sich zahlreiche Bäume in die Höhe, die, voll belaubt sicherlich den Blick noch mehr abschirmten. Momentan konnten wir zumindest Teile dieser Klinik sehen. Und was wir sahen, sah nicht besonders toll aus. Das änderte sich auch nicht, als wir auf sie zufuhren.
    Ein großes Mauerwerk mit vergitterten Fenstern. Gebaut wie ein Rechteck. Es gab keine Farbe, keine hellen Flecken, es war einfach nichts vorhanden.
    Vor dem Haus war der Boden planiert worden, um einen Parkplatz zu schaffen. Auf ihm stellten wir dem Rover ab, und beim Aussteigen schaute ich noch mal hin.
    Wenn ich mir das Haus so anschaute, wäre ich am liebsten wieder weggefahren. Ich bezweifelte, dass es von innen besser aussah. Eine alte Betonfestung, deren Außenanlagen von Kameras überwacht worden.
    Die Vögel spürten, dass sich der Frühling näherte. Sie zwitscherten schon um die Wette, doch bei diesem Anblick fand ich selbst das Singen der Vögel unpassend.
    Suko nickte dem Haus entgegen und meinte: »Das ist also seine neue Heimat.«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Jeder bekommt das, was er verdient. Bin gespannt, wo wir mal landen.«
    »In einer solchen Klinik bestimmt nicht.«
    Ich schlug ihm auf die Schulter. »Wer weiß, was das Leben noch alles bringt. Komm, lass uns reingehen.«
    Mit nicht eben forschen Schritten gingen wir auf den Eingang zu.
    Ich merkte schon das leicht mulmige Gefühl im Magen. Als normaler Mensch konnte man sich hier einfach nicht wohl fühlen. Auf eine Zivilisation wirkten nur die geparkten Wagen der Angestellten hin.
    Wer die Eingangstür aufbrechen wollte, musste sich auf einen zweifachen Herkules verlassen. Eine Kamera spielte den elektronischen Wächter, und eine Sprechrille war für den Besucher die einzige Verbindung zur Innenwelt.
    Ich brauchte nicht zu klingeln, denn wir waren bereits aufgefallen.
    Eine blechern klingende Stimme fragte: »Sie wünschen?«
    Ich stellte uns vor und erklärte, dass wir einen Termin mit Dr. Turgis hatten.
    »Bitte gedulden Sie sich einen Moment.«
    »Okay.«
    Der Moment dauerte fast eine Minute. Dann hörten wir das typische Summen und konnten die schwere Tür aufdrücken.
    Draußen war es nicht besonders hell gewesen, aber im Inneren der Klinik bemerkten wir sofort die andere Atmosphäre, die auch wenig mit den Lichtverhältnissen zu tun hatte. Hier war zu spüren, wen man in diesem Bau untergebracht hatte. Es roch nach Vergänglichkeit, nach unterdrückter Gewalt, und stets lag eine gewisse Spannung in der Luft und eine zusätzliche beklemmende Stille.
    Ich befand mich nicht zum ersten Mal in einem derartigen Haus.
    Nie zuvor hatte ich diese seelische Düsternis so gespürt wie hier.
    Auch Suko erging es nicht besser. Er schaute sich ebenso in der kahlen Halle um wie ich. Der Steinboden glänzte. Es gab zwei Sitzecken. Um die Tische gruppierten sich Sessel mit schwarzem Kunstlederbezug.
    Der Mann, der uns geöffnet hatte, hockte in einem Glaskasten und nickte uns zu.
    »Der Chef wird gleich kommen«, meldete er sich durch seine Sprechmembrane.
    »Sehr schön«, sagte ich und ging auf ihn zu. »Es ziemlich ruhig hier – oder?«
    »Ja, heute schon.«
    »Und sonst?«
    Der Mann, der helle Pflegerkleidung trug und einiges auf die Waage brachte, verzog seinen kleinen Mund zu einem Grinsen.
    »Manchmal haben wir hier auch Action und nicht zu knapp.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Wenn Sie wüssten, wer hier alles versteckt wurde.« Er lachte auf.
    »Sie würden das Zittern bekommen. Aber wir haben sie im Griff. All die verdammten Killer, Serienmörder, Kinderschänder und sogar Kannibalen. Ja, auch die sind hier.«
    »Das ist uns bekannt. Wir hatten uns erkundigt.«
    Suko fragte: »Gibt es auch Freigänger?«
    Der Dicke fing an, glucksend zu lachen. »Wo denken Sie hin? Freigänger? Nein, bestimmt nicht. Wer hier mal hinter den Mauern sitzt, der kommt nicht mehr frei. Es sei denn, er wird in einer Kiste raustransportiert.«
    »Und wenn er krank ist?«
    »Alle hier sind krank.«
    »Ich meine körperlich.«
    »Dann wird ein Arzt geholt. Aber auch dabei hat es noch
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