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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Neuss mit Tränen
    in den Augen die Brechschale an den Mund ihres an Lungenkrebs schwer erkrankten Ehemannes Gerd.
    Blutiger Schleim entströmte unter einem starken Hustenanfall seinen blassen, vertrockneten Lippen. Sie betete laut und drückte mit der freien Hand die Nottaste. Schweiß bedeckte das abgemagerte Gesicht ihres Mannes. Seine Augen wirkten starr und waren zur Zimmerdecke gerichtet. Hannelore nahm Gaze von der Glasscheibe der Konsole, säuberte ohne Ekel Gerds Mund und bat die »Mutter Maria«, ihm beizustehen. Es stand schlecht um ihn.
    Sie hatte Gerd, der fünf Jahre älter war als sie, 1960 während einer Klassenfahrt in der Jugendherberge Düsseldorf-Oberkassel bei seiner morgendlichen frühen Anlieferung der frischen Frühstücksbrötchen kennen gelernt.
    Eine schicksalhafte Begegnung an einem frühsommerlichen, wolkenlosen Himmel Mitte Mai.
    Hannelore Klische aus Jever hatte seine Briefe beantwortet, das Foto des forschen, jungen Mannes wie ein Heiligtum gehütet. Gerd Nasshofen gehörte zur Stammmannschaft der Fortuna Düsseldorf, galt als erfolgreicher Torjäger in der damaligen Oberliga West.Er spielte an der Seite bekannter Nationalfußballer wie Juskowiak und Mauritz. Die Sportzeitungen erwähnten seinen Namen, brachten Fotos von ihm, wenn er im 16-Meter-Raum auf das Tor schoss.
    Hannelore Klische, ihr Vater war Hausmeister am Karl-Jaspers-Gymnasium in Jever gewesen, hatte keine Geschwister. Sie hatte sich nach dem Erreichen der Mittleren Reife in Düsseldorf am Rodbertus-Krankenhaus als Krankenschwester ausbilden lassen und seitdem den Platz an Gerds Seite eingenommen.
    Die Fortuna hatte Gerd nicht nur die Lehrgänge an der Meisterschule in Olpe finanziert, sondern ihm auch nach bestandenen Meisterprüfungen im Bäcker- und Konditorhandwerk beim Kauf der Bäckerei und Konditorei in Neuss auf der Kapittelstraße finanziell unter die Arme gegriffen. Gerd gehörte zu den Ehrenmitgliedern der Fortuna. Sie hatten geheiratet. Ihr sehnlicher Wunsch nach Kindern wurde nicht erfüllt.
    Auch Gerd war ein Einzelkind gewesen. Er kam aus Düsseldorf Himmelgeist.
    Seine und auch ihre Eltern waren verstorben.
    Hannelore Nasshofen fuhr aus ihren Gedanken. Durch den Körper ihres todkranken Mannes fuhr ein Zucken. Er hob den Kopf und blickte sie mit verklärten Augen an. »Mutter – sie . . . «, röchelte er. Sein Atem flachte ab. Er sackte in sich zusammen.
    Hannelore griff nach seiner fleischlosen Hand.
    »Gerd!«, schrie sie auf und begann zu weinen. Sie vernahm die entfernte Stimme des Arztes, der sich um ihren Mann kümmerte.
    »Frau Nasshofen, ertragen Sie es mit Fassung, Ihr Mann ist eingeschlafen. Die Quälerei hat ein Ende«, sagte er. »Mein Beileid, Ihr Gerd geht den Weg, denauch wir irgendwann betreten müssen«, fügte er hinzu und verließ das Krankenzimmer.
     
    Hannelore Nasshofen verkaufte die angesehene Bäckerei und Konditorei, die trotz anwachsender Konkurrenz durch die Märkte florierte, an den Meister, der bereits seit der Erkrankung ihres Mannes den Betrieb führte.
    Sie trennte sich auch von ihrem gemeinsamen Wohnhaus in Weißenberg, kaufte vom Erlös in Neuss-Uedesheim in der ehemaligen »Rheinterrasse« eine kleine Eigentumswohnung mit Rheinblick, dem Düsseldorfer Vorort Himmelgeist gegenüber gelegen, in dem ihr Gerd seine Kindheit verlebt hatte.
    Entsprechend ihrer Herkunft zweigte sie eine erkleckliche Summe für den Erwerb eines 6-Familienhauses in Jever an der Theodor-Storm-Straße ab und entschied sich für den Erwerb einer Eigentumswohnung auf der Insel Norderney, die sie zu ihrem ständigen Wohnsitz auserkor. Sie fuhr in regelmäßigen Abständen nach Neuss, das ihr zur Heimat geworden war, um Gerds Grab zu pflegen und den Kontakt mit ihren Bekannten aufrecht zu erhalten.
    Zu ihnen zählte auch der gleichaltrige Freund und Fußballkollege ihres Mannes, Dr. Franz Krüger, der in Düsseldorf auf der Berliner Allee als Senior seiner Rechtsanwaltskanzlei vorstand.
    Die Witwe Nasshofen annoncierte im »Jeverschen Wochenblatt«. Die Vierzimmerwohnung im Parterre ihres Hauses hatte eine Lehrerfamilie verlassen, die wegen einer Versetzung nach Oldenburg ausgezogen war.
    Hannelore Nasshofen bot die Wohnung preisgünstigan. Dabei suchte sie nach einem Hausverwalter, der den Rasen in Ordnung hielt und sich außer der handwerklichen Betreuung des Objektes auch um die Abrechnung mit den Mietern – dazu zählten die Kontrolle der monatlichen Mieteingänge, die Abrechnungen der Strom-
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