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1289 - Sterntagebuch

Titel: 1289 - Sterntagebuch
Autoren: Unbekannt
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kontaktiert hatten.
    Gesil war für mich stets präsent. Nunmehr war es jedoch, als sei ihre Persönlichkeit wie ausgelöscht.
    War das ihrer endgültigen Menschwerdung zuzuschreiben? Oder war sie in diesem Universum wahrhaftig nicht mehr existent?
    Ich weinte um meine Schwester und kehrte nach Lemuria zurück.
    „Gorikjak heißt diese Welt!" sagte ich trotzig.
    Ich landete außerhalb der Ansiedlung aus würfelförmigen Bungalows. Leo hatte seine Absichten wahrgemacht und LEOS KINDERGARTEN demontiert, das Raumschiff war in lauter fluguntüchtige Bausteine zerfallen.
    Man schrieb den 8. April 429 NGZ Normzeit. War dies der erste Tag des ersten Jahres LEMURIA?
    Einige Kinder kamen jauchzend zu meinem Landeplatz gerannt und bestaunten meine KOKON. Ich stieg nicht sofort aus.
    „Ich habe eine Frage an das Virenimperium", sagte ich laut.
    „Ich bin kein Virenimperium mehr", antwortete die Vishna-Stimme seufzend.
    „Diese Frage müßtest du mir trotzdem beantworten können."
    „Ich höre."
    „Ich möchte das Geheimnis meiner Werdung erfahren", sagte ich. „Ich wurde nicht geboren wie andere Geschöpfe. Ich habe keine langjährige Entwicklung und keinen Reifeprozeß durchgemacht. Ich fand mich plötzlich als scheinbar zwölfjähriges Mädchen mitten im Leben, in unmittelbarer Nähe Quiupus, der in der terranischen Abenteuerlandschaft Shoonar Virenexperimente machte. Nun meine Frage: Bin auch ich aus solchen Viren erschaffen worden?"
    „Du bist als unmittelbare Folge dieser Virenexperimente geboren worden", antwortete das Virenschiff.
    „Und mehr hast du nicht dazu zu sagen?"
    Das Virenschiff schwieg. Ich stieg aus und wurde sogleich von den Kindern umringt. Ich machte gute Miene, verbarg meine Ablehnung und ließ mich scheinbar in ihre Welt mitreißen. Aber ich wußte schon in diesem Augenblick, daß ihre Welt nie die meine werden könnte.
    Als Leo sich durch den Reigen der Kinder einen Weg bahnte und mich umarmte, da wurde mir noch eines klar: Er gehörte nicht wirklich mir. Ich hatte ihn nur mit meinen Fähigkeiten an mich gebunden.
     
    *
     
    In der Folge ließ ich mir meine wahren Gefühle nicht anmerken, ich verriet Anne und Leo nicht einmal, daß die KOKON überlichtschnell war.
    Ich unternahm damit viele Planetenflüge, ging mit den Zöglingen auf Entdeckungsreisen und beteiligte mich auch an anderen Pfadfinderspielen. Ich besuchte auch die Insel, auf der die Gorim-Station gestanden hatte. Aber in der glasierten Kraterlandschaft entdeckte ich keinerlei Hinweise über das Aussehen der Station oder der Gorims selbst.
    Leo gegenüber verhielt ich mich freundlich, aber reserviert. Das verfehlte die Wirkung nicht. Seine Zuneigung kühlte merklich ab, und gegen Ende des Monats zeigte er mir gegenüber sogar Aggressionen. Das brachte ihm Vorwürfe von Anne ein, und sie fragte: „Willst du Sri fortekeln?"
    „Ich würde ihr keine Träne nachweinen!" sagte er.
    Ich wäre schon längst über alle Sterne, wären die Module nicht so hartnäckig gewesen.
    Bis Ende April jedenfalls gab es keine Anzeichen für einen Abbruch der Blockade.
     
    2.
     
    Reginald Bull: April 430 NGZ Bully, sagte ich mir als unverbesserlicher Optimist, das alles kann nur ein böser Traum sein.
    Der Alptraum bestand zuerst einmal aus einem Stielauge auf einem armdicken Muskel.
    Der Augapfel war faustgroß und gelb und hatte eine schwarze senkrechte Pupille, die flink von einem Winkel zum anderen zuckte. Mir war klar, ich wurde taxiert.
    Am Ende des Muskelstrangs, dort wo er in eine weiche wabbelnde Körpermasse mündete, tat sich ein Schlitz auf. Der Schlitz produzierte Laute; eine Sprache, bei der jedes zweite Wort wie „Squetsch" klang. Der Rest hörte sich wie „Squatsch" an.
    Ich hörte eine Weile zu, dann sagte ich: „Sprichst du kein Sothalk?"
    Das Auge begann aufgeregt zu kreisen, und der Mundschlitz sagte: „Squetsch-Sothalk-Squatsch."
    „Quatsch!" pflichtete ich bei.
    Das Stielauge zog sich zurück, so daß ich das komplette Wesen sehen konnte. Das Stielauge ragte aus einem Korpus, der zudem noch sechs Tentakel besaß. Auf zweien davon bewegte sich das Molluskenwesen, die beiden anderen, die vorderen und kürzeren, schlenkerten durch die Luft. Der Oberkörper, der eigentlich waagrecht nach vorne ragte, war schlauchförmig und lief am vorderen Ende konisch zu. Dort saß eine schmatzende Öffnung, von einem Borstenkranz umgeben. Der Hinterleib quoll kugelförmig unter den beiden hinteren Tentakeln hervor und endete in einer Art
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