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1276 - Spielplatz der Hölle

1276 - Spielplatz der Hölle

Titel: 1276 - Spielplatz der Hölle
Autoren: Jason Dark
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hat sich in den recht weichen Boden eingedrückt, das konnte ich genau sehen.«
    »Sonst noch was?«
    »Nein, aber wir müssen hinterher. Nur nicht mit dem Wagen. Der Weg ist damit kaum passierbar.«
    Harry kannte seine Lebenspartnerin, die zugleich eine Kollegin von ihm war und in der noch das uralte Erbe der Psychonauten steckte. Wenn sie etwas behauptete, dann stimmte es auch. Da brauchte er nicht erst groß nachzufragen.
    Er löschte das Licht. Dann stieg er aus. Dagmar war schon vorgegangen. Sie erwartete ihn dort, wo sie auch die Spur der Reifen entdeckt hatte. Sie sprach leise, als ihr Finger vor und zurückzuckte.
    »Da, du kannst den Abdruck genau sehen.«
    Harry beugte sich vor und konnte seiner Partnerin gratulieren. Es stimmte tatsächlich. Dort malte sich der Reifenabdruck ab, weil die Räder sich in eine feuchte Stelle hineingedrückt hatten. Weiter vorn war nichts mehr zu sehen.
    »Er hat den Weg genommen, Harry!«
    »Ich weiß, und den nehmen wir jetzt auch…«
    ***
    Günther Koch war nicht mehr in der Lage, sich zu wehren. Die knochigen und bleichen Klauen der Gestalt hatten sich in seiner Kleidung regelrecht verhakt und zogen ihn langsam in die Höhe, wobei sich der Mann vorkam wie auf einer senkrecht stehenden Streckbank. Er hatte seine Füße gestreckt und so kurz noch den Kontakt mit dem Boden behalten. Dann war auch das vorbei, und er hing in der Luft.
    Der Gestalt war keine Anstrengung anzusehen. Die sichtbare und doch schattenhafte untere Gesichtshälfte veränderte sich nicht und wirkte nach wie vor wie in Beton gegossen. So eine Kraft besaßen nicht viele Menschen, und es kam noch etwas hinzu, was den Rentner am meisten irritierte.
    Wenn er sich nicht irrte, dann atmete die Gestalt vor ihm nicht. Jeder normale Mensch hätte Luft geholt und sie wieder ausgeatmet, doch bei ihr war das nicht der Fall. Ihr war keine Anstrengung anzusehen, und der leicht offen stehende Mund entließ auch keine Luft.
    Koch wurde so weit angehoben, dass sich beide in die Gesichter schauen konnten. Auch jetzt blieb die Hutkrempe nach unten gezogen, und er war nicht in der Lage, das gesamte Gesicht zu überblicken, aber der Rest reichte ihm.
    Es gab die menschlichen Züge, nur las er darin nichts ab. Von einem Gefühl, von einer Bewegung konnte da nicht gesprochen werden. Günther Koch hatte durch seinen Aushilfsjob im Leben schon zahlreiche Leichen gesehen, und dieser Mensch sah aus wie eine Leiche. Wie ein Toter, der nicht tot war. Ein Widersinn an sich, doch eine andere Erklärung fand Günther Koch nicht für sich.
    Und der Mann konnte sprechen. Seine Worte bauten sich tief in der Kehle auf, und sie verließen nur als Flüstern den Mund. Jedes Wort war mit einem rauen Ton unterlegt, sodass der Rentner Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    »Du bist zu neugierig gewesen. Du hättest dich nicht um mich kümmern sollen. Niemand soll sich um mich kümmern. Niemand soll mich sehen, und deshalb werde ich dir das Genick brechen!«
    Es war ein schlimmes Versprechen, das Günther Koch hörte. Es hätte ihn fertig machen oder vor Entsetzen erstarren lassen müssen, aber ihn störte etwas ganz anderes.
    Der Mann hatte ihm etwas angedroht, und dabei hatte er wiederum nicht geatmet. Es war keine Luft aus seinem Mund gedrungen.
    Ob der Unhold eine Antwort erwartete, wusste Günther Koch nicht. Er hätte auch keine geben können, denn das blanke Entsetzen hatte ihm die Kehle regelrecht zugeschnürt. Er fühlte sich schon fast selbst wie ein Toter. Er war nicht mehr in der Lage, zu reagieren, und auch sein Denkvermögen war eingeschränkt.
    Der Unheimliche schüttelte ihn durch wie einen jungen Baum, von dem er das Obst abschütteln wollte.
    Das Schütteln verstärkte sich, als sollte Günther auf etwas vorbereitet werden. Seine Zähne schlugen aufeinander, und dann wurde er mit einer heftigen Bewegung zur Seite geschleudert, ohne dass er mit seinen Füßen wieder den Boden berührte.
    Zwei Sekunden später schlug er wuchtig mit seiner gesamten rechten Körperseite auf. Diesmal löste sich ein Schrei aus seiner Kehle, doch es war nicht mehr als ein Wimmern.
    Die Gestalt stand vor ihm und beugte sich jetzt nach vorn, als wollte ihn der Tod begrüßen. Auch seine Arme schlackerten vor, und Koch sah, wie sich die Finger bewegten, und zwar so glatt und geschmeidig wie lange, helle Würmer.
    Günther lag auf dem Rücken. Er hatte die Starre überwunden und bewegte seinen Kopf. Er schaute nach rechts, auch nach links. Er suchte nach einem
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