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124 - Die Königin der Nacht

124 - Die Königin der Nacht

Titel: 124 - Die Königin der Nacht
Autoren: Dämonenkiller
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Kolonisten; heute größtenteils verlassen. Warum mieden die Einheimischen sie? Aus abergläubischer Furcht, hatte Byron gesagt.
    „Hallo, Sue! Byron!"
    Sue wandte den Kopf um. Dort saß Esteban Martinez auf der Terrasse seines Bungalows in einem Schaukelstuhl. Er war einer der wenigen, der es in Kantilyabhad - wie dieses Nest genannt wurde - aushielt. Als Sue mit Byron eingetroffen war, hatte sie sich von Esteban wenigstens etwas Abwechslung erhofft. Aber er war ein Versager; großes Maul und nichts dahinter. Er hatte beteuert, daß er mal Malaria gehabt hatte. Wurde man von Malaria impotent?
    „Wohin noch so spät? Eine Orgie zu Ehren von Kali? Kann man sich beteiligen?"
    Er lachte grölend.
    Sue hob eine Hand und deutete mit dem Zeigefinger einen herabhängenden Wurm an, aber so, daß es Byron nicht merkte. Esteban verstand und verstummte.
    „Wir sind gleich da, Sahib", hörte Sue Sirpan sagen. „Dort - die Ruine! Hier erwartet uns Badheri." „Wird er nicht ungehalten darüber sein, daß meine Frau mitkommt?" hörte Sue ihren Mann unsicher fragen.
    Er meinte wohl, sie hörte ihn nicht, dieser Waschlappen.
    Sirpan hob die Schultern.
    Sie betraten die Ruine. Hier herrschte eine unheimliche Stille. Sie vernahm nicht einmal die eigenen Schritte, denn in ihren Ohren war ein Rauschen.
    Sue schüttelte den Kopf und schluckte. Das Rauschen machte wieder der unheimlichen Stille Platz. Als sie um eine hochragende Mauer kam, zuckte sie zusammen. Auf einer Lichtung, die von einem Netzwerk aus Schlingengewächsen überdacht war, sah sie einen Inder sitzen. Er hatte die Beine überkreuzt und rührte sich so wenig wie die bronzenen Riesenstatuen von Kantilyabhad. Bekleidet war er nur mit einem Lendenschurz. Es mußte sich um einen Yogi handeln.
    Byron verneigte sich vor ihm, und in den Inder kam Bewegung.
    Er bedeutete Byron mit einer Handbewegung, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Dabei ließ er Sue nicht aus den Augen. Sie erwiderte seinen glühenden Blick trotzig, konnte ihm aber nicht lange standhalten.
    „Du kennst die Spielregeln, Sahib?" fragte der Inder und deutete auf ein Brett vor sich, auf dem ein Häufchen vierkantiger Holzstäbchen lag.
    Bei näherem Hinsehen erkannte Sue, daß die Längsseiten der Stäbe mit irgendwelchen Zeichen beschriftet waren.
    „Ja", bestätigte Byron und erklärte ohne Aufforderung: „Der Spieler, der an den Zug kommt, wirft die Stäbe in die Höhe. Dabei braucht er ein gutes Auge. Denn sieht er schon in der Luft, daß es ein schlechter Wurf wird, dann kann er die Stäbe abfangen und nochmals werfen. Das kann sich beliebig oft wiederholen."
    „Genug", sagte der Inder. „Du fängst an."
    Byron griff mit beiden Händen nach den Stäben, dabei blickte er zu Sue hin und lächelte ihr unsicher zu.
    „Es scheint so, daß dieses Spiel nur Geschicklichkeit und keine Intelligenz erfordert", erklärte er ihr. „Aber das trifft nicht ganz zu. Man hat nämlich mehrere Würfe, wobei es darauf ankommt, daß man sich gut überlegt, welche Stäbe man liegen läßt und welche nicht. Denn nicht nur die Summe der Wertsymbole ist ausschlaggebend, sondern auch ihre Konstellation. Und es darf kein Stäbchen vom Spielbrett fallen."
    „Du redest zuviel, Byron", sagte sie und hatte den Eindruck, daß der Inder, bei dem es sich um Badheri handeln mußte, ihr beipflichtend zunickte.
    Byron hielt nun sämtliche Spielstäbe zwischen seine beiden Handflächen geklemmt hoch. Er wirkte konzentriert und begann die Handflächen gegeneinanderzureiben, so daß die Vierkanthölzer sich um ihre Längsachse drehten. Plötzlich ließ er los. Die Stäbe purzelten durcheinander durch die Luft. Byrons Rechte schnellte nach vorn und holte einige der Hölzer im Flug aus der Luft.
    Sue hatte unwillkürlich den Atem angehalten. Sie hätte nicht geglaubt, daß Byron so flink und geschickt war. Er warf die abgefangenen Hölzer noch einmal, so daß sie auf die anderen auf dem Spielbrett fielen.
    Während er das Ergebnis seines Wurfes unzufrieden betrachtete, klaubte er einige Stäbe auf und warf sie noch einmal. Diesen Vorgang wiederholte er noch des öfteren, bis er sich schließlich zufrieden zurücklehnte.
    „Du bist am Zug, Badheri."
    Der Inder nahm die Stäbe auf.
    Sue glaubte plötzlich, ferne Musik zu hören, die immer näher kam. Sie blickte sich um. Es dämmerte bereits. Warum machte niemand Licht? Man sollte wenigstens eine Laterne anzünden. Und Byron hatte doch immer eine Taschenlampe dabei.
    Zwischen den Ruinen
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