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1224 - Das Herz der Hexe

1224 - Das Herz der Hexe

Titel: 1224 - Das Herz der Hexe
Autoren: Jason Dark
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Nacht zu wünschen.
    Sehr nett und freundlich, aber das würde ihr nichts helfen. Ich muss es einfach tun! Ich muss es!, dachte sie. Sie brauchte eben diese Befriedigung. Erst dann würde es ihr besser gehen.
    Als Amy das Bad verließ, hörte sie soeben noch das Klopfen.
    Kurz danach betrat Robin das Zimmer. Er wirkte etwas verlegen, denn die letzten Bemerkungen der Frau hatte er bestimmt nicht vergessen.
    Der junge Mann mit den roten Haaren war gekommen, um abzuräumen. Den Teller hatte Amy mit aus dem Bad genommen, und Robin sammelte ihn ebenso ein wie die Haube. Die Tür zum Flur war nicht geschlossen. Dicht hinter ihr stand der fahrbare Wagen, mit dem Robin unterwegs war. Das Fahrzeug lief auf Ballonreifen und war so gut wie nicht zu hören.
    »Geht es dir gut, Robin?«
    »Ja.« Er blickte nicht auf.
    »Was hast du?«
    »Nichts.«
    »Lüg mich nicht an.«
    Er blickte jetzt hoch und bemühte sich auch um ein Lächeln.
    »Hat Ihnen das Essen geschmeckt, Mrs. Madson?«
    »Es war sogar ausgezeichnet«, log sie. »Aber morgen gibt es sicherlich etwas anderes. Bei dieser Hitze sollte man an eine leichtere Kost denken.«
    »Ich werde es dem Koch mitteilen.«
    »Ja, das wäre gut.«
    Robin schaute sich um. »Haben Sie sonst noch irgendwelche Wünsche? Soll ich Ihnen den Kühlschrank auffüllen?«
    »Das ist lieb von dir, aber nicht nötig.« Wieder funkte etwas durch ihren Kopf.
    Ja, ich könnte dir die Kehle durchschneiden!
    Sie tat es natürlich nicht, aber der Gedanke war verlockend für sie. Robin hatte einen recht zarten Hals. Ihn mit einem Messer zu traktieren, wäre nicht schlecht gewesen.
    Robin würde ihr noch eine gute Nacht wünschen, das kannte sie, und er würde es tun, wenn er sich nahe der Tür aufhielt.
    Bevor er zum Sprechen ansetzte, stellte sie ihm noch eine Frage. »Ich nehme an, dass Schwester Mayri noch kommt oder?«
    »Natürlich. Soll ich sie zu Ihnen schicken?«
    »Nein, das wird nicht nötig sein. Es ist auch nicht so wichtig, mein Kleiner.«
    »Dann gute Nacht.«
    »Ja, dir auch.«
    Er ging, und Amy stellte sich vor, ihm ein Messer in den Rücken zu stoßen. Das wäre etwas gewesen. Der Gedanke machte sie nervös. Sie bewegte ihre Hände und ballte sie zu Fäusten, aber die Gedanken sackten wieder ab und näherten sich der Normalität. Der plötzliche Einfall kehrte auch nicht wieder zurück, und Amy stieß mit einem scharfen Geräusch die angestaute Luft aus.
    Sie dachte daran, rauszukommen. Sie wollte weg. Diese Klinik war für sie wie ein Knast. Okay, sie hatte es gut, sie erholte sich von der schweren Operation, aber man ließ sie nicht raus, und genau das war das Schlimme. Sie war hier gefangen, und immer stärker trieb der Drang in ihr hoch, wegzukommen.
    Dabei wollte Amy nicht mal in ihr normales Leben und damit auch an den Arbeitsplatz zurückkehren. Nein, es gab eine völlig andere Richtung in ihrem Wunschdenken. Sie dachte daran, zu einem anderen Ort zu gehen und damit zu einer anderen Person, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte.
    Nicht gesehen, aber dennoch war sie Amy bekannt. Sie stand auch in einem unmittelbaren Zusammenhang zu ihr, und genau das war für sie wichtig.
    Fremd und trotzdem nah!
    Amy hatte darüber nachgedacht, und sie war zu dem Schluss gelangt, dass diese fremde Person nur jemand sein konnte, der sein Herz für sie gegeben hatte. Durch diese Abgabe war eine intensive Beziehung entstanden, die Amy mehr als sagenhaft empfand. Sie hatte plötzlich eine Schwester bekommen, denn sie war davon überzeugt, dass es eine Spenderin war und kein Spender.
    Eine Frau, die man mit ihr nicht vergleichen konnte. Die anders gelebt hatte und auch noch anders lebte. Aber wie? In ihr, mit ihr? Durch das Herz allein?
    Es war alles möglich, aber es war auch eine Person, die ihr die anderen Gedanken und Wünsche schickte. Immer wenn diese bei ihr einschlugen wie Blitzschläge, war der Wunsch besonders groß, die Unbekannte endlich zu sehen.
    Sie lebte!
    Egal wie, sie lebte. Sie musste dies auf eine wundersame Art und Weise tun, die möglicherweise auch unerklärlich war. Ein Leben ohne Herz oder so. Tief versteckt, vor den anderen verborgen. Und vielleicht ein Leben ohne Gefühle, denn die hatte sie abgegeben und auf Amy Madson übertragen.
    Sie ging zu einem Sessel und ließ sich hineinfallen. Ein schauriges Lachen verließ ihre Kehle. Wieder hatte sie die Vorstellung, mit einem Messer in der Hand durch einen Gang zu laufen und jeden, der ihr in den Weg trat,
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