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1224 - Das Herz der Hexe

1224 - Das Herz der Hexe

Titel: 1224 - Das Herz der Hexe
Autoren: Jason Dark
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abzustechen.
    Träume - noch! Irgendwann würden sie sich erfüllen. Nein, nicht irgendwann, sondern noch heute. An diesem Abend musste sie die Gedanken in die Tat umsetzen.
    Mayri würde kommen. Sie würde eintreten wie immer, und dann würde sie den Raum nicht mehr lebend verlassen.
    Und ich habe freie Bahn, dachte Amy. Dann hält mich nichts mehr in der Klinik, dann gehe ich meinen eigenen Weg. Aber erst muss ich über meinen Schatten gesprungen sein.
    Im Zimmer war es ihr zu warm. Obwohl die Tür zum Balkon nicht geschlossen war, wehte kaum ein Luftzug in den Raum.
    Die Luft stand. Sie war schon wie eine unsichtbare Wand, und sie war schwer zu atmen. Vielleicht kam es ihr auch nur so vor.
    Genau wusste Amy es nicht.
    Sie trat auf den Balkon.
    Es war noch nicht dunkel geworden. Aber die Sonne hatte sich zurückgezogen, und das war auch gut so. Der Himmel nahm das Graue der Dämmerung an. Verschiedene Quellwolken zeigten sich dort oben, die allerdings nicht auf abkühle nden Regen oder ein Gewitter hindeuteten. Die Wärme und auch die Schwüle würden bleiben und weiterhin den Menschen das Atmen erschweren.
    Im Park war es still geworden. Es herrschte sowieso eine gespannte Ruhe, wie Amy meinte. Das war keine Stille, die entspannend wirkte, da traf das Gegenteil zu.
    Sie drehte sich wieder um. Ihre Hände glitten dabei über das Geländer hinweg. Sie dachte daran, dass sie bald über etwas anderes gleiten würden. Über die Haut eines Menschen, um dort einen Punkt zu erreichen, wo sie zudrücken konnten.
    Eiskalt zudrücken. Keine Gnade kennen. Auf nichts mehr Rücksicht nehmen. Nur den eigenen und trotzdem fremden Gefühlen folgen, die sie bis zum Letzten auskostete.
    Es gab auch andere Balkone rechts und links. Die Türen zu den Zimmern waren nicht geschlossen. Stimmen hörte Amy so gut wie keine. Hin und wieder leise Musik, die der Fernseher oder das Radio abgaben, das war alles.
    Es gefiel ihr. Niemand sollte sie sehen können. Überwacht wurden die Zimmer nicht, das wusste sie. In einem anderen Trakt war das nicht so, da lagen die Schwerkranken, doch hier hatte sie Glück und konnte alles locker angehen lassen.
    Amy trug eine Uhr an ihrem linken Handgelenk. Sie schaute darauf und runzelte die Stirn. Gegen einundzwanzig Uhr war Mayri bisher immer erschienen. Ausgerechnet he ute ließ sie sich Zeit, denn dieser Punkt war bereits um zehn Minuten überschritten, und das bereitete ihr leichte Sorgen.
    Ob sie etwas bemerkt hatte?
    Das wollte Amy nicht hoffen. Sie jedenfalls hatte sich nicht verdächtig gemacht. Es war alles okay und normal wie immer gewesen.
    Sie wollte nicht zu pessimistisch sein, und der schlimme Gedanke schoss wieder in ihr hoch.
    Sterben! Ich will dich sterben sehen! Ich will dich opfern! Für ihn opfern, für einen Großen und Mächtigen!
    Amy schüttelte selbst den Kopf, da sie mit diesen Gedanken nicht fertig wurde. Sie waren ihr noch zu fremd, obwohl man sie auf der anderen Seite auch als Antrieb bezeichnen konnte.
    Sie musste es einfach tun, und sie würde die Grenze überschreiten.
    Amy zog sich um.
    Aus dem Schrank holte sie ein längeres Blusenhemd von dunkler Farbe. Eine Hose, die weit geschnitten und entsprechend bequem war, streifte sie auch noch über und schlüpfte anschließend in ein paar bequeme Schuhe, die aus Stoff gearbeitet waren und dicke Gummisohlen besaßen, mit denen sie sich lautlos bewegen konnte.
    Jetzt fühlte sie sich wohler.
    Plötzlich klopfte es.
    Innerlich jubelte Amy Madson auf. Sie wusste sehr gut, wer da gekommen war. Das hatte sie bereits am Klopfen gehört, und sie gab sich Mühe, ihre Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen.
    »Ja, ich warte, Mayri…«
    Und ich warte auch darauf, dich killen zu können! Das aber dachte Amy nur…
    ***
    Mayri benahm sich wie immer. Lächelnd, als würde ihr der Job besonders bei Amy Madson viel Spaß machen, betrat sie das geräumige Zimmer und schloss wie immer leise die Tür.
    »Guten Abend, Amy.«
    »Hi…«
    Die Pflegerin behielt ihr Lächeln bei, aber sie schaute sich mit sehr wachen und schnellen Blicken um, was sie immer tat, weil sie etwas Unnatürliches entdecken wollte. Das bewies Amy, dass die Nettigkeit der Schwester eigentlich nur Tünche war, und auch Mayri ganz anders über sie dachte.
    Nicht mehr lange - nicht mehr lange…
    »Und? Wie war der Rest des Tages?«
    »Gut.«
    »Toll. Keine Probleme?«
    »Nein.«
    Beide standen sich gegenüber und sahen aus, als würden sie sich belauern. Die Pflegerin
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