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12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

Titel: 12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)
Autoren: Nancy Atherton
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die Decke geheftet hatte.
    »Du hättest sicherlich nicht Annelise, Rob und Will etwas von der Reise erzählt, bevor du mir den Vorschlag unterbreitet hast?«, fragte ich.
    »Vielleicht sind mir ein paar Details herausgerutscht«, räumte Bill ein. »Unabsichtlich natürlich.«
    Mein Blick wanderte zu Annelise. »Und Sie und die Jungs haben unser Gespräch auch sicherlich nicht belauscht?«
    »Vielleicht haben wir das ein oder andere aufgeschnappt«, räumte sie ein. »Rein zufällig.«
    »Wir fahren nach Colorado!«, rief Rob. »Wir suchen nach Gold!«
    »Wir reiten mit Cowboys«, jauchzte Will. »Wir sehen Büffel.«
    Es klang so, als seien Bill eine ganze Reihe von Details entschlüpft, aber das war mir egal. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann die Zwillinge das letzte Mal einen solchen Lärm gemacht hatten. Sie gingen nicht mehr auf Zehenspitzen, sondern hüpften herum wie wild, und auch ihre Stimmen waren alles andere als gedämpft. Annelises Augen leuchteten erwartungsvoll, und Bill strahlte wie der Weihnachtsmann persönlich. Ihre Freude war so ansteckend, dass ich das Gefühl hatte, als würde nun alles gut werden.
    Ich hätte es besser wissen müssen.

3
    WIR BEENDETEN DIE abendliche Feier mit einer Marathonlesung von Cowboy Bill ,die komplette Serie, und brachten Rob und Will endlich ins Bett. Annelise zog sich umgehend in ihr Zimmer zurück, und Bill schleppte sich ins Schlafzimmer, auf dem Fuße gefolgt von Stanley, um zumindest einen Teil des Schlafes nachzuholen, den er in der letzten Nacht verpasst hatte.
    Ich blieb bei ihm, bis er eingenickt war, dann schlich ich mich auf leisen Sohlen aus dem Schlafzimmer die Treppe hinunter ins Arbeitszimmer. Es hätte keinen Sinn gehabt, wenn ich mich auch ins Bett gelegt hätte. Ohne mein kleines nächtliches Privatgespräch mit Tante Dimity hätte ich doch nicht schlafen können.
    Etwas anderes als ein Privatgespräch hätte ich mit Tante Dimity auch gar nicht führen können. Um Missverständnissen vorzubeugen, ich hätte mich nicht geschämt, mit ihr gesehen zu werden. Sie war die intelligenteste, gutherzigste und mutigste Frau, die ich kannte, aber eine Tatsache konnte man einfach nicht leugnen: Sie lebte nicht mehr, im engeren Sinne.
    Sie war nicht einmal meine Tante. Dimity Westwood war Engländerin, und sie war einmal die beste Freundin meiner Mutter gewesen. Die beiden Frauen hatten sich während des Zweiten Weltkriegs in London kennengelernt, wo sie ihren Ländern dienten. Nach dem Ende des Krieges kehrte meine Mutter in die Staaten zurück, aber sie hielten ihre Freundschaft aufrecht und schickten einander Hunderte von Briefen über den Atlantik.
    Diese Briefe bedeuteten meiner Mutter unendlich viel. Nach dem Tod meines Vaters hatte sie mich allein großgezogen, während sie weiterhin als Lehrerin arbeitete. Ihr Leben war oft nicht einfach gewesen, aber die Korrespondenz mit Tante Dimity hatte ihr über die dunkelsten Stunden hinweggeholfen. Die Briefe, die sie schrieb und die sie erhielt, hellten ihr Leben auf, wenn sie das Gefühl hatte, die doppelte Last als Witwe und alleinerziehende Mutter nicht mehr ertragen zu können.
    Diesen Zufluchtsort hielt meine Mutter streng geheim, selbst vor mir, ihrer einzigen Tochter. Kein Wort kam über ihre Lippen, was ihre alte Freundin und die Briefe betraf, die ihr so viel bedeuteten. Als Kind kannte ich Dimity Westwood nur als Tante Dimity, die beeindruckende Heldin einer Reihe von Gutenachtgeschichten, die meine Mutter mir erzählte.
    Erst nachdem meine Mutter und Tante Dimity gestorben waren, erfuhr ich die ganze Wahrheit. Damals hinterließ Dimity mir ihr beträchtliches Vermögen, das honigfarbene Cottage, in dem sie aufgewachsen war, die kostbaren Briefe, die meine Mutter ihr geschickt hatte, und ein merkwürdiges, in blaues Leder gebundenes Tagebuch mit leeren Seiten. Erst durch dieses Buch lernte ich Dimity kennen, nicht als Heldin aus Gutenachtgeschichten, sondern als sehr reale, einige würden sagen, surreale Freundin.
    Wann immer ich das Tagebuch aufschlug, erschien Dimitys Handschrift, altmodisch und gestochen scharf, so wie man es wohl in der Dorfschule gelehrt hatte, vor langer Zeit, als Mädchen noch Schürzenröcke trugen. Das erste Mal, als Dimity mich aus dem Jenseits begrüßte, wäre ich fast zur Salzsäule erstarrt, aber als sie den Namen meiner Mutter schrieb, merkte ich, dass Dimity es nur gut mit mir meinte. Inzwischen betrachte ich sie längst als meine Vertraute, und ich hoffe, dass
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