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12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

Titel: 12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)
Autoren: Nancy Atherton
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1
    DONNER GROLLTE, UND Blitze zuckten durch den Himmel. Wütend warfen sich die Wellen gegen die Klippen, und der Regen peitschte auf mein Gesicht. Ich lag auf dem steinigen Boden, verletzt und hilflos. Über mir türmte sich eine Gestalt auf, ein dunkelhaariger Mann mit Augen, so schwarz und unergründlich wie der Höllenschlund. Er hob seine bleiche Hand und deutete auf mich. Ein Licht blitzte auf, dann eine gewaltige Explosion – und ich erwachte mit laut pochendem Herzen. Meine Bettdecke hatte sich in ein einziges wirres Knäuel verwandelt, das Kopfkissen war schweißnass. Ich schnappte nach Luft und starrte in die Dunkelheit.
    Die Nacht war ruhig und friedlich. Eine leichte Sommerbrise wehte durch die geöffneten Schlafzimmerfenster, und im Garten zwitscherte ein früher Vogel, als wolle er allen und jedem mitteilen, dass er tatsächlich den Wurm gefangen hatte. Ich hörte keinen Donner, keine tosenden Wellen, und das einzig Helle am Himmel war ein trüber Grauschleier, der die Morgendämmerung ankündigte. Ich lag nicht am Rande einer sturmumtosten Klippe, einem kaltblütigen Mörder ausgeliefert. Ich war in Sicherheit, zu Hause.
    Mein Ehemann räusperte sich, drehte sich zu mir und stützte sich auf den Ellbogen.
    »Schon wieder?«, fragte er und strich mir zärtlich über den Rücken.
    »Ja«, murmelte ich verzagt.
    »Ich mache dir eine Tasse Tee.« Bill ließ sich auf sein Kissen fallen, rieb sich die müden Augen und schwang sich aus dem Bett. Schlaftrunken griff er nach seinem Morgenmantel.
    »Du musst nicht«, sagte ich hastig. »Es geht mir gut, wirklich.«
    »Eine feine Tasse Tee«, murmelte Bill. Er schlüpfte in seine ledernen Hausschuhe und ging leise auf den Flur hinaus.
    Unser schwarzer Kater Stanley nutzte die geöffnete Tür sofort aus, wand sich an Bill vorbei ins Schlafzimmer und sprang mit einem eleganten Satz auf meinen Schoß, um sich eine morgendliche Streicheleinheit abzuholen. Er schnurrte sanft, als ich die empfindliche Stelle zwischen seinen Ohren kraulte. Das beruhigende Grummeln tat seine Wirkung, ich schloss die Augen und seufzte leise.
    Sechs Wochen waren vergangen, seit ein verwirrter Fanatiker namens Abaddon auf mich geschossen hatte. Die Kugel hatte mich aus kürzester Entfernung knapp unterhalb des linken Schlüsselbeins getroffen, dabei eine Arterie erwischt und etliche Muskelfasern zerfetzt. Eine Armee von hervorragenden Ärzten hatte sich bemüht, die grässliche Wunde zu schließen, die Abaddon mir zugefügt hatte, aber bislang war es ihnen nicht gelungen, den Schaden zu beheben, den mein Seelenfrieden genommen hatte.
    Seit anderthalb Monaten schwankte meine Stimmung wie ein außer Kontrolle geratenes Pendel hin und her, von apathisch zu ruhelos, von aufgekratzt zu larmoyant, ohne Sinn und Zweck, und das etwa fünfzig Mal am Tag. Der Schlaf brachte keine Erleichterung, denn mit ihm kamen die Albträume, oder in meinem Fall der Albtraum, in dem ich Nacht für Nacht den Schrecken durchlebte, der mich ins Mark getroffen hatte.
    Verwunderlich war es weiß Gott nicht. Seit sieben Jahren hatten mein Mann und ich ein äußerst beschauliches Leben geführt, in einem gemütlichen, honigfarbenen Cottage inmitten der pittoresken, wie ein Flickenteppich geschnittenen Felder des ländlichen England. Obwohl wir Amerikaner sind, wurden wir schnell zu einem Teil des nahe gelegenen Dörfchens Finch. Unsere fünfjährigen Zwillinge hatten auf jedem Knie in Finch geschaukelt, Bill war Ehrenmitglied des Dartteams im Pub, ich fertigte die Blumenarrangements für die Kirche an, brachte den älteren Nachbarn einen Topf mit Schmorbraten vorbei und tratschte mittlerweile so fließend wie die Eingeborenen. Wir waren eine ganz normale Familie, die ihren alltäglichen Aktivitäten nachging, und niemand von uns war auch nur im Geringsten auf die schrecklichen Ereignisse vorbereitet, die meinen Albtraum ausgelöst hatten.
    Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ein Wahnsinniger uns verfolgen und damit drohen würde, mich und meine Familie zu töten. Genauso wenig hätte ich mir träumen lassen, dass Bill mich und die Jungen zu unserem eigenen Schutz auf eine abgelegene schottische Insel schicken würde. Und ganz gewiss hätte ich mir niemals träumen lassen, dass Abaddon auf dieser Insel auftauchen würde. Er entführte meine Söhne und versuchte mich inmitten eines Sturms der Stärke neun zu ermorden. An so etwas denkt man ja auch nicht, bis es einem dann passiert. Aber seit es geschehen war,
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