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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
Autoren: Karl May
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bekleidet, welches bis zur Wade niederging. Sein dichtes Haar hing in lockigen Strähnen über die Schultern herab, und auf dem Kopf trug er eine jener merkwürdigen, häßlichen Filzmützen, welche das Aussehen einer riesigen Spinne haben, deren runder Körper den Scheitel bedeckt und deren lange Beine hinten und zur Seite bis auf die Achseln niederhängen. Im Gürtel trug er ein Messer, eine Pulverflasche und den Kugelbeutel, eine Flinte aber war nicht zu sehen.
    „Ni, vro'l kjer – guten Tag!“ grüßte er uns. „Wohin will Ali Bey, der Tapfere, reiten?“
    „Chode t'aveschket – Gott behüte dich!“ antwortete der Bey. „Du kennst mich? Von welchem Stamm bist du?“
    „Ich bin ein Badinan, Herr.“
    „Aus Kaloni?“
    „Ja, aus Kalahoni, wie wir es nennen.“
    „Wohnt ihr noch in euren Häusern?“
    „Nein. Wir haben unsere Hütten bereits bezogen.“
    „Sie liegen hier in der Nähe?“
    „Woher vermutest du das?“
    „Wenn ein Krieger sich weit von seiner Wohnung entfernt, so nimmt er sein Gewehr mit. Du aber hast das deinige nicht bei dir.“
    „Du hast es erraten. Mit wem willst du reden?“
    „Mit deinem Häuptling.“
    „Steige ab und folge mir!“
    Wir stiegen von den Pferden und nahmen sie beim Zügel. Der Kurde führte uns in den Wald hinein, in dessen Tiefe wir einen starken, aus gefällten Bäumen errichteten Verhau erreichten, hinter welchem wir zahlreiche Hütten liegen sahen, die nur aus Stangen, Ästen und Laubwerk hergestellt waren. In dieser Barrikade war eine schmale Öffnung gelassen worden, die uns den Eingang gestattete. Nun sahen wir mehrere Hunderte von Kindern sich zwischen den Hütten und Bäumen umhertummeln, während die Erwachsenen, sowohl Männer als Frauen, damit beschäftigt waren, den Verhau zu vergrößern und zu befestigen. Auf einer der größten Hütten saß ein Mann. Es war der Häuptling, der diesen höheren Platz eingenommen hatte, um einen freieren Überblick zu haben und die Arbeit besser dirigieren zu können. Als er meinen Begleiter erblickte, sprang er herab und kam uns entgegen.
    „Kjeïr ati; Chode dauleta ta mazen b'ket – sei willkommen; Gott vermehre deinen Reichtum!“
    Bei diesen Worten gab er ihm die Hand und winkte einem Weibe, welches eine Decke ausbreitete, auf welche wir uns niedersetzten. Mich schien er gar nicht zu beachten. Ein Dschesidi wäre auch gegen mich höflich gewesen. Dasselbe Weib, welches jedenfalls seine Frau war, brachte jetzt drei Pfeifen, welche ziemlich roh aus dem Holz eines Indschaz (Pomeranzenbaum) geschnitten waren, und ein junges Mädchen trug eine Schüssel auf, in welcher Trauben und Honigscheiben lagen. Der Häuptling nahm seinen Tabaksbeutel, welcher aus dem Fell einer Katze gearbeitet war, vom Gürtel, öffnete ihn und legte ihn vor Ali Bey.
    „Taklif b ela k' narek, au, bein ma batal – mache keine Umstände, die unter uns überflüssig sind!“ sagte er.
    Dabei griff er mit seinen schmutzigen Händen in den Honig, zog sich mit den Fingern ein Stück heraus und schob es in den Mund.
    Der Bey stopfte sich die Pfeife und steckte sie in Brand.
    „Sage mir, ob Freundschaft ist zwischen mir und dir!“ begann er die Unterhaltung.
    „Es ist Freundschaft zwischen mir und dir“, lautete die einfache Antwort.
    „Auch zwischen deinen Leuten und meinen Leuten?“
    „Auch zwischen ihnen.“
    „Wirst du mich um Hilfe bitten, wenn ein Feind kommt, um dich anzugreifen und zu überfallen?“
    „Wenn ich zu schwach bin, ihn zu besiegen, werde ich dich um Hilfe bitten.“
    „Und du würdest auch mir helfen, wenn ich dich darum ersuche?“
    „Wenn dein Feind nicht mein Freund ist, werde ich es tun.“
    „Ist der Gouverneur von Mossul dein Freund?“
    „Er ist mein Feind; er ist der Feind aller freien Kurden. Er ist ein Räuber, der unsere Herden lichtet und unsere Töchter verkauft.“
    „Hast du gehört, daß er uns in Scheik Adi überfallen will?“
    „Ich hörte es von meinen Leuten, welche dir als Kundschafter dienten.“
    „Sie kommen durch dein Land. Was wirst du tun?“
    „Du siehst es!“ Er deutete dabei mit einer Armbewegung auf die Hütten ringsumher. „Wir haben Kalahoni verlassen und uns im Wald Hütten gebaut. Nun machen wir uns eine Mauer, hinter der wir uns verteidigen können, wenn die Türken uns angreifen werden.“
    „Sie werden euch nicht angreifen.“
    „Woher weißt du dies?“
    „Ich vermute es. Wenn es ihnen gelingen soll, uns zu überraschen, so müssen sie vorher allen Kampf
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