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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers
Autoren: Tom Clancy
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mit so etwas Abwegigem belasten?
    Mohammed Hassan verließ das Hotel um 12.15 Uhr in derselben Richtung wie zwei Stunden zuvor die Zwillinge. Er kannte den Weg gut. Denselben war er gegangen, als er loszog, um Greengold zu ermorden – bei dem Gedanken daran hob sich seine Stimmung augenblicklich. Es war ein schöner, sonniger Tag mit Temperaturen um die 30 Grad –
    warm, aber nicht richtig heiß. Ein guter Tag für amerikanische Touristen. Christen. Amerikanische Juden fuhren nach Israel, um dort auf Araber spucken zu können. Hier gab es dagegen nur christliche Ungläubige, die Fotos machten und Kleider kauften. Warum auch nicht – er selbst hatte seine Anzüge auch hier gekauft. In dem Brioni-Shop dort an der Piazza di Spagna. Der Verkäufer, Antonio, hatte ihn immer zuvorkommend behandelt – natürlich nur um ihm das Geld besser aus der Tasche ziehen zu können. Aber Mohammed stammte selbst aus einer Händlerkultur und wusste, dass man einen Mann dafür nicht verachten durfte.
    Es war Zeit für das Mittagessen, und das Ristorante Giovanni war gut wie alle Restaurants in Rom, sogar besser als die meisten. Sein Lieblingskellner bemerkte ihn und winkte ihn zu seinem Stammplatz rechts unter der Markise.
    »Da ist unser Freund«, sagte Jack und deutete mit seinem Glas in die betreffende Richtung. Die drei Amerikaner beobachteten, wie der Kellner eine Flasche San Pellegrino und ein Glas mit Eiswürfeln an den Tisch des Mannes brachte.
    In Europa war es nicht üblich, Eis in die Getränke zu geben.
    Die Leute hier betrachteten Eis wohl als etwas, worauf man Ski oder Schlittschuh lief, aber MoHa trank sein Wasser offensichtlich gern kalt. Jack saß von den dreien am günstigsten und konnte ihn am besten beobachten. »Bin mal gespannt, was er isst.«
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    »Den Todgeweihten steht normalerweise eine vernünftige Henkersmahlzeit zu«, bemerkte Dominic. Bei diesem Dreckskerl in Alabama war für so etwas keine Zeit gewesen. Der hatte aber bestimmt ohnehin nichts von gutem Essen verstanden. Was es wohl in der Hölle zu essen gab?
    »Sein Gast soll um halb zwei auftauchen, oder?«
    »Richtig. MoHa hat ihm geraten, Sorgfalt walten zu lassen. Vielleicht ist das eine Warnung, nach einem Schatten Ausschau zu halten.«
    »Und wenn er unseretwegen nervös geworden ist?«, fragte Brian.
    »Tja – diese Leute wurden in letzter Zeit etwas vom Pech verfolgt«, bemerkte Jack.
    »Da fragt man sich schon, was in so einem Kerl vorgeht«, sagte Dominic. Um einen Blick auf ihre Zielperson zu erha-schen, lehnte er sich zurück und streckte sich. Für Anzug und Krawatte war das Wetter eigentlich etwas zu warm, aber sie gaben sich schließlich als Geschäftsleute aus, da konnten sie nicht wie Touristen herumlaufen. Dominic fragte sich allmählich, ob diese Tarnung wirklich so geschickt gewählt war. Man musste bedenken, wie warm es hier war.
    Schwitzte er wegen der Mission oder wegen der Hitze, die hier herrschte? In London, München oder Wien war er jedenfalls nicht übermäßig nervös gewesen. Aber hier herrschte mehr Betrieb auf der Straße – nein, das stimmte nicht, in London war es noch belebter gewesen.
    Manchmal war der Zufall einem hold, und manchmal arbeitete er gegen einen. Diesmal ereignete sich ein Zufall von der letzteren Sorte. Ein Kellner mit einem Tablett voller Gläser mit Chianti stolperte über die großen Füße einer Frau aus Chicago, die nach Rom gekommen war, um ihren Wurzeln nachzuspüren. Das Tablett verfehlte den Tisch.
    Stattdessen landeten die Gläser im Schoß der Zwillinge, die wegen der Hitze beide helle Anzüge trugen…
    »Scheiße!«, entfuhr es Dominic, dessen beigefarbene Brooks-Brothers-Hose aussah, als hätte ihm jemand mit 590

    einer Schrotflinte in den Unterleib geschossen. Brian hatte es noch ärger erwischt.
    Der Kellner war untröstlich. »Scusi, scusi, signore«, entschuldigte er sich. Aber da war nichts mehr zu retten. Der Kellner begann davon zu faseln, dass er die Sachen reinigen lassen werde. Dom und Brian sahen sich an. Genauso gut hätten sie das Kainsmal tragen können.
    »Halb so wild«, sagte Dominic auf Englisch. Er hatte alle seine italienischen Flüche vergessen. »Wir werden’s überleben.« Mit Servietten war da nicht viel auszurichten. Die Sachen mussten auf jeden Fall gereinigt werden. Das Excelsior bot sicher einen entsprechenden Service an, vielleicht hatte es sogar eine eigene Reinigung im Haus. Mehrere Leute blickten teils mitleidig, teils amüsiert zu ihnen her-
    über.
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