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12 - Die Nadel der Götter

12 - Die Nadel der Götter

Titel: 12 - Die Nadel der Götter
Autoren: Oliver Fröhlich
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Gefängnisstrafen oder ein leeres Portemonnaie nach sich ziehen mochten, und seit einigen Stunden das Chaos in Genf und Umgebung spürbar zugenommen hatte, mussten sie mit einem Rumpfteam auskommen. Und selbst dieser Begriff war noch geschönt.
    Ein Vielfaches an Einsätzen mit einem Bruchteil an Personal. Großartig!
    »Buiel, Danzer, Sie nehmen die Kiste. Assolant, Sie tragen die Instrumente. Auf geht’s!«
    Bei dem, was Czaschek so nachlässig als Kiste bezeichnete, handelte es sich um einen Spezialbehälter zum Abtransport von Explosivkörpern, der im Falle einer Detonation einen Großteil der Energie absorbierte. Natürlich hing es von der Stärke der Explosion ab, wie viel letztlich doch noch nach außen drang.
    Sie sprangen aus dem Wagen.
    Es empfing sie ein hagerer Mann Mitte fünfzig mit sorgfältig gescheiteltem grauen Haar, der sich als Dr. Germaine vorstellte. Er erklärte ihnen den Weg in die Tiefe und brachte sie auf den aktuellen Sachstand. »Wir haben alle Sicherheitstüren für Sie freigeschaltet. Aber es ist noch jemand unten«, sagte er zum Abschluss. »Niemand von CERN, sondern ein Gastwissenschaftler. Dr. Daniel Lescroart. Er hat sich geweigert, die Anlage zu verlassen.«
    »Schnappen Sie ihn sich!«, erklang plötzlich eine zweite Stimme hinter ihnen. »Der Typ ist total irre! Er hat ATLAS ruiniert!«
    »Und wer sind Sie?«, fragte Czaschek.
    »Professor Bevers. Sie müssen den Kerl …«
    » Sie müssen jetzt erst mal von hier verschwinden. Sie und Dr. Germaine. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ab hier übernehmen wir.«
    Diese Abfuhr knickte den Professor sichtlich. Er hob zu einer Antwort an, überlegte es sich dann aber anders und hielt den Mund.
    Der Weg nach unten erwies sich als unproblematisch: ein Aufzug und anschließende Gänge und Treppen. Als sie endlich den Beschleunigertunnel betraten, verspürte Didier Buiel einen Anflug von Enttäuschung.
    Obwohl er in Genf lebte, hatte er CERN noch nie von innen gesehen. Er wusste nicht, was er erwartet hatte. Aber diese blaue Röhre und der schmale Gang hielten nicht einmal annähernd das, was der wuchtig klingende Name Large Hadron Collider versprach.
    Noch ernüchternder wirkte der Anblick eines kleinen Raums gleich neben dem Tunneleingang. Ein Fahrradkeller, war der erste Gedanke, der Buiel durch den Kopf zuckte.
    Tatsächlich blickten sie auf eine Reihe von Herrenrädern, die vereinzelt sogar über Anhänger verfügten.
    Didier Buiel wusste, dass der Teilchenbeschleuniger einen Umfang von knapp siebenundzwanzig Kilometern aufwies. Er hatte sich aber nie Gedanken darüber gemacht, wie man diese Strecke am schnellsten zurücklegte. Mit Fahrrädern hatte er nicht gerechnet. Das wirkte auf ihn so … banal .
    Dennis Czaschek deutete die Blicke seines Teams richtig. »Es geht hier nicht um Würde, sondern um Tempo. Also aufsitzen!«
    Sie stellten den Sicherheitsbehälter auf einen der Anhänger und fuhren los. Eine gute Viertelstunde später erreichten sie die Abzweigung in den Seitengang, den Dr. Germaine ihnen beschrieben hatte.
    Die Tür vor ihnen stand wie alle bisherigen auf ihrem Weg offen. Am anderen Ende des Gangs thronte eine fast deckenhohe Apparatur, die nur aus Röhren zu bestehen schien. Imposant, aber nicht die Bombe.
    Sie stiegen von den Rädern und betraten mit der Ausrüstung den abzweigenden Tunnel. Auf halber Höhe mündete ein weiterer Gang ein, an dessen Ende sie das Labor wussten.
    Und in ihm den Sprengkörper.
    Didier Buiel folgte dem Einsatzleiter in den Raum und war wiederum enttäuscht. Zum einen wirkte das Labor, als habe man es nur provisorisch eingerichtet: ein großer Tisch in der Mitte, gesäumt von etlichen technischen Geräten, ein kleinerer mit einem Telefon, zwei nachlässig aufgetürmten Papierstapeln und zwei Bleistiften etwas abseits. Kabel verliefen kreuz und quer über den Boden. Ein sonderbarer Geruch lag in der Luft, eine Mischung aus Schweiß und angesengten Haaren.
    Die Quelle dieses Aromas stand an einen Hochschrank gelehnt, trug einen offenen weißen Laborkittel und starrte ihnen aus großen Augen entgegen. Das musste Dr. Lescroart sein, der evakuierungsunwillige Wissenschaftler. Auf seiner hohen Stirn glänzten dicke Schweißtropfen. Die Haare standen ihm wirr vom Kopf ab. Dunkle Schmierstreifen wie von Ruß verunzierten sein Gesicht. Was hatte der Kerl angestellt?
    Der zweite Grund für Buiels Enttäuschung ruhte auf dem Tisch in einem schlichten Metallring mit drei kurzen Beinen. Eine Kugel, deren
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