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1189 - Hexen-Wahrheit

1189 - Hexen-Wahrheit

Titel: 1189 - Hexen-Wahrheit
Autoren: Jason Dark
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wurden von einer süßlichen Weihnachtsmusik berieselt. Jahr für Jahr wurde das Fest immer stärker amerikanisiert. Aber nicht nur in England, das Gleiche lief auch auf dem Kontinent ab.
    Wir tauchten beide ab in den U-Bahn-Schacht. Der Geruch, der uns von dort entgegenströmte, verdiente nur die Bezeichnung miefiger Gestank. Aber im Stau wäre es uns nicht besser ergangen.
    Suko lachte leise, als er einen Blick in mein Gesicht erhaschte. »Ich brauche dich gar nicht zu fragen, wo du mit deinen Gedanken bist, Alter. Man sieht es dir an.«
    »Wahrscheinlich.«
    Es kamen uns nur wenige Menschen entgegen. Die meisten wollten nach unten in den Bauch der Stadt, wo die U-Bahnen die entsprechenden Ziele anfuhren.
    Es gab so gut wie keine Pausen. Immer wieder fuhren an den Bahnsteigen die Züge ein und ab.
    Nicht nur ich hatte mein Morgengesicht aufgesetzt. Die meisten Menschen waren bei diesem Wetter sauer. Da waren sich Jung und Alt mal einig.
    Wir schlenderten dem Bahnsteig entgegen, an dem wir einsteigen mussten. Ich sah eine Frau, die auf ihr Kind einredete, das nicht mitwollte. Ich sah die unterschiedlichsten Typen, von denen sich einige stoisch verhielten und ins Leere glotzten, als befände sich nichts mehr in ihrem Gehirn. Dann gab es noch die Rapper und Raver, die sich im Zickzack sowie hoppelnd und tanzend durch die Menge bewegten und auf die Musik aus ihren Walkmen lauschten.
    Wir mussten noch warten. Unsere Bahn war gerade abgefahren. Da wir nicht rennen wollten, um sie noch zu erreichen, hatten wir sie fahren lassen.
    Der Bahnsteig war nur für wenige Sekunden leer. Dann erschienen die nächsten Reisenden. Sie kamen wie Ameisen. Sie hörten über ihren Köpfen die Stimmen der Lautsprecher, und mir fiel mal wieder negativ auf, wie eng die Londoner Unterwelt doch hier war.
    Ein bestimmter Geruch drang in meine Nase. Es war ein Aftershave oder ein Herren-Parfüm, das mir überhaupt nicht gefiel. Ich drehte den Kopf nach rechts, denn dort stand der Parfümierte.
    Ein Typ, den man nicht unbedingt hätte erfinden müssen. Schwarzhaarig mit Elvis-Tolle. Er trug einen dunklen Anzug mit feinen rötlichen Nadelstreifen. Die Schatten auf seinem Gesicht rührten von der letzten Rasur her. Ich sah ihn nur im Profil. Sein Kinn stach besonders hervor. Es war ebenso unnatürlich braun wie auch seine übrige Gesichtshaut.
    Es gibt immer wieder Vorurteile, die sich bestätigen. Auch ich hatte beim Hinschauen ein Vorurteil, denn so wie der Typ sahen diese Zuhälter aus, wie man sie sich früher immer vorgestellt hatte. Ein teurer Anzug, eine protzige Uhr, dazu noch der dicke Ring, das alles war bei diesem Knaben vorhanden.
    Er merkte, dass ich ihn anschaute und starrte zurück. »Probleme?« fragte er.
    »Nein.«
    »Dann glotz woanders hin, du Versager.«
    »Sie kennen sich aus, wie?«
    »Was meinst du?«
    Ich grinste ihm ins Gesicht. »Beim Versagen.«
    Er brauchte wirklich eine Weile, um meine Antwort zu begreifen. Etwas erwidern konnte er nicht.
    Wenn, dann hätte er schon schreien müssen, denn die Wagenschlange lief ein, und das war mit einem ziemlich lauten Geräuschpegel verbunden.
    Stillstand.
    Türen öffneten sich.
    Fahrgäste stiegen aus. Manche schnell und rüpelhaft, weil sie es eilig hatten, andere ließen sich Zeit.
    Es gab sogar Männer, die selbst beim Aussteigen ihre Nasen noch in die Berichte der Zeitungen vertieft hatten.
    Wir stiegen ein, und die Elvis-Locke mit uns. Es gab noch eine freie Ecke im Wagen. In die drängten wir uns hinein, denn Sitzplätze waren nicht mehr vorhanden.
    Als ich das Parfüm roch, da wusste ich, dass auch Elvis sich in meiner Nähe aufhielt. Ich drehte mich leicht nach rechts und sah ihn. Er lehnte mit dem Rücken an einer Scheibe und schaute mich aus verhangenen Augen an.
    Ob er noch immer über meine Antwort nachdachte, wusste ich nicht. Jedenfalls sagte er nichts. Zudem schlossen sich zischend die Türen, dann ruckte die Wagenschlange an.
    Sehr schnell bekamen wir Fahrt und verschwanden im Tunnel. Suko und ich fuhren ja nicht zum ersten Mal mit der U-Bahn. Wir waren es mittlerweile schon gewohnt. Da spielten sich jeden Morgen die gleichen Szenen ab. Die Menschen waren gedanklich noch nicht richtig fit. Das las man an ihren Gesichtern ab. Wer schon voll bei der Sache war, stand oder saß auf seinem Platz und las Zeitung.
    Manche brauchten sich dabei nicht mal festzuhalten, so perfekt konnten sie bereits das Schaukeln der Wagen ausgleichen. Es war zu warm. Man kam sich vor wie in
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