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1177 - Der Weg in die Unterwelt

1177 - Der Weg in die Unterwelt

Titel: 1177 - Der Weg in die Unterwelt
Autoren: Jason Dark
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die Unterwelt verlassen hatte, glitt es so gut wie lautlos näher. Es wurde nur begleitet durch das leise Plätschern der Wellen, die entstanden, wenn kräftige Arme die dunklen Ruder durchzogen.
    Grace Turner war nicht in der Lage, die zahlreichen Gestalten zu zählen. Das tanzende Licht der Laterne huschte in gelblichen Reflexen über die dunkle Kleidung der Gestalten hinweg und gab ihnen ein Aussehen, als wären sie von hellen Sensenblättern teilweise zerschnitten worden.
    Am Bug hockte eine Gestalt und schaute nach vorn. Hinter ihr hatte sich ebenfalls ein Kuttenmann aufgerichtet. Er hielt die schwankende Laterne in seiner rechten Hand. Das Licht fiel bis auf die schwarze Wasserfläche, wo es sich in zahlreiche kleine Splitter auflöste.
    Der lange Kahn schaukelte etwas, als sein Kurs verändert wurde. Grace Turner sah, wie sich der Bug in ihre Richtung schob, und da wusste sie Bescheid.
    Das Boot mit den unheimlichen Gestalten würde genau am Haus anlegen. Es war gekommen, um sie abzuholen.
    Sie zitterte.
    Die Welt hatte sich für Grace auf den Kopf gestellt. In dieser schaurigen Nacht hatte das Grauen sein Versteck verlassen, um sich den Menschen zu nähern.
    Die Ruder wurden eingezogen. Das Boot hatte genügend Fahrt, um das auf Stelzen stehende Haus zu erreichen. Die Wellen gluckerten und schmatzten unter dem Holz.
    Einen Augenblick später schrammte der Bug über die Holzkante des einsamen Hauses hinweg.
    Die Gestalt mit der Laterne drehte sich. Auch das helle Licht machte die Bewegung mit, und der zuckende Schein glitt wie ein heller Splitter über das Gesicht der Frau hinweg, die für einen Moment geblendet wurde.
    Sie schloss die Augen. Grace wollte glauben, dass sie nur einen Traum erlebte.
    Bis die verdammte Klaue nach ihr griff und sich auf ihre rechte Schulter legte. Da wusste sie, dass sie keinem Traum erlegen war.
    Sie rutschte auf der glatten Fläche aus und wäre gefallen, wenn nicht andere Hände zugegriffen hätten. Sie fiel in die Menge der Skelette hinein und wurde mit der Drehbewegung auf das Boot gezerrt und normal hingestellt.
    Um sie herum gab es nur die Knochenkörper, über die der Kuttenstoff hing. Sie sah die schrecklichen Fratzen und auch das Nichts in den Augenhöhlen.
    Es war genau der Punkt, der zu viel für sie war. Grace merkte noch, dass ihre Beine nachgaben.
    Jemand schien sie in die Kniekehlen getreten zu haben.
    Dann sackte sie zusammen und war froh, von einer Ohnmacht umfangen zu werden…
    ***
    »Schön, dass du gekommen bist«, sagte mein alter Freund Bill Conolly und lächelte mich an.
    »Klar, wenn du mich einlädst.«
    Er grinste jetzt. »Später.«
    »Warum?«
    »Erst der Job, dann das Vergnügen.«
    Ich seufzte. »Ja, ja, das habe ich mir schon gedacht. Schließlich kenne ich dich schon ein paar Jährchen.«
    »Eben.«
    Der Monat September meinte es plötzlich wieder gut mit uns Menschen. Er hatte uns Sonne und Temperaturen um die 25 Grad geschickt. Deshalb hatten wir uns auch in einem Biergarten getroffen. Um die Mittagszeit war dies ein herrlicher Flecken Erde, besonders wenn man unter Bäumen saß, deren Laub das Sonnenlicht filterte.
    »Was willst du denn trinken, John?«
    »Kein Bier.«
    »Warum nicht? Abstinent geworden?«
    »Zu dieser Zeit immer. Mittags Bier, weißt du, wie ich mich dann am Abend fühle?«
    »Nein, aber ich kann es mir denken.«
    »Wasser.« Ich deutete auf die Flasche und das Glas. Beides stand bereits auf dem Tisch, denn auch Bill hatte sich für diesen harmlosen Drink entschieden.
    Ein junger Mann bediente in dieser Gegend. Er war recht flott, und so brauchte ich nicht lange auf mein Wasser zu warten. Wenn Bill mich zu diesen Treffen außerhalb seines Hauses einlud, lagen immer bestimmte Gründe vor. Zumeist ging es da weniger um einen freundschaftlichen Plausch, sondern mehr um fachliche Dinge. Da hatte Bill immer etwas auf dem Herzen und wollte mit jemand reden, der ihm bei gewissen Problemen helfen konnte. Er war freischaffender Reporter und bei keiner Zeitung und keinem Magazin angestellt. Er konnte sich die Themen aussuchen, über die er schrieb. Wir kannten uns schon »urlange«. Er, seine Familie und ich hatten gemeinsam einiges erlebt und auch oft durchlitten. Für uns war das Unmögliche oft zur Realität geworden, und wir hatten bis jetzt alle Angriffe unserer Feinde überstanden.
    An Aufgabe dachte mein Freund Bill ebenso wenig wie ich. Deshalb blieb er bei seinen Themen auch im Bereich, der nicht eben zur Normalität gehörte.
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