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1149 - Im Bann des Zweisterns

Titel: 1149 - Im Bann des Zweisterns
Autoren: Unbekannt
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Tardaja ganz still geworden war. Nur der Wind sang leise in den hohen, weißen Blättern des Zentrums. Er schlich zu Athrava, die bereits auf ihn wartete, und schweigend glitten sie miteinander zur Tarja-Batha, lösten die Verankerung und flogen davon, während alle anderen in tiefem Schlaf lagen.
    „Zweistern möge uns verzeihen", murmelte Kenije bedrückt vor sich hin, als Kebarros Tardaja von der Dunkelheit verschluckt wurde.
     
    *
     
    Es lag in der Natur der Sache, daß eine kleine, leichte Tarja-Batha schneller und wendiger als eine große, ausgewachsene Tardaja war. Als der Morgen kam, war Kebarens Heimat längst nicht mehr zu sehen, und in der Tiefe erhoben sich fremde, geheimnisvolle Zeitgipfel.
    Mit dem Morgen aber kam auch Zweistern und sah, was geschehen war, und sein Zorn war groß - so groß, daß er die Tarja-Batha mit ihren Insassen verstieß und ihnen seine Kraft nicht länger zuteil werden ließ.
    So glaubten zumindest Kenije, Kebaren und Ophra. Athrava dagegen, die nicht mehr so jung und leichtgläubig war, bestand darauf, eine der großen Tardajas anzufliegen. Sie scherte sich auch nicht darum, daß dies ein Verstoß gegen die Tradition war, denn eine Tarja-Batha hatte sich einer der großen Pflanzen nur zu einem Zweck zu nähern: um einen Gefährten oder eine Gefährtin an Bord zu nehmen.
    Die Besitzer der Tardaja waren allerdings nicht dazu aufgelegt, allzu lange über derartige Prinzipien zu reden. Auch sie spürten die von Zweistern ausgehenden Kräfte nicht mehr. Sie waren brave Carmena, die nur dann gegen die ungeschriebenen Gesetze verstießen, wenn es sich einfach nicht vermeiden ließ. Als Athrava mit ihren Begleitern die Tardaja betrat, kauerte das Familienoberhaupt gerade in einer der goldenen Kammern und flehte zu Zweistern, daß er ihm seine Sünden vergeben möge - er hatte zwei seiner Kinder so liebgewonnen, daß er zwei Tarja-Batha auf und davon treiben ließ, ohne ihnen jemanden mitzugeben, der sie zu steuern vermochte. Das war glatter Mord an den jungen Pflanzen, denn jedermann wußte, daß eine Tarja-Batha ohne die Hilfe der Carmena nicht überleben und zu einer Tardaja heranwachsen konnte.
    „Dieses Verbrechen wiegt viel schwerer als das, was wir getan haben", schnarrte Athrava streng, während sie die nächste Tardaja anflogen. „Wenn Zweistern beschlossen hat, uns zu bestrafen, dann hat er wohl eher diesen Mann gemeint. Im übrigen habe ich das Gefühl, daß auch noch andere Tardajas mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben."
    Und so war es auch.
    Kenije, Kebaren und Ophra, die noch jung und voller Idealismus waren, fielen aus allen Wolken - es gab nicht eine einzige Tardaja, auf der nicht irgend jemand glaubte, so viel Dreck am Stecken zu haben, daß Zweisterns plötzliches Schweigen sich daraus erklären ließ. Was ihre eigene Tarja-Batha betraf: Kebaren war sich durchaus der Tatsache bewußt, daß nicht nur Kebarro die junge Pflanze und Ophra betrogen hatte. Er selbst hatte auch seinen Teil dazu beigetragen. Die einzige, die vorerst noch ohne Fehl und Tadel dazustehen schien, war Ophra selbst. Aber auch ihr Gewissen war keineswegs so rein wie die Flüssigkeit im Zentrum einer Tardaja.
    Früher und plötzlicher als sonst endete die Zeit der lauen Winde, und die kalten Stürme erwachten. Sie waren schlimmer als sonst, und auch Athrava konnte sich nicht daran erinnern, jemals zuvor ein solches Inferno erlebt zu haben. Die vier Carmena fanden nur noch selten Zeit, sich ein wenig auszuruhen, geschweige denn, um miteinander zu reden.
    Selbst Kenije, der die Stürme liebte, sehnte sich ruhigeres Wetter herbei.
    Aber die Stürme trieben es immer toller. Sie arbeiteten abwechslungsweise, Athrava mit Kebaren und Kenije mit Ophra zusammen, denn Athrava und Kenije konnten am besten mit der Tarja-Batha umgehen, und wenn es besonders schlimm wurde, mußten sie alle vier hinaus. Das war zum Beispiel der Fall, als die Tarja-Batha am Ende von Kenijes und Ophras Wache in einen Hagelsturm geriet, der die Pflanze fast zu zerfetzen drohte. Als es endlich vorbei war, krochen sie erschöpft und zerschlagen in den Ajuthe und blieben direkt hinter dem Ausgang hocken, zu müde, um ihre Ruhelager aufzusuchen, aber gleichzeitig zu erschrocken, um schlafen zu können.
    Im Ajuthe, der noch immer zu klein und zu eng für vier Carmena war, herrschte behagliche Wärme, und das Licht war sanft und purpurfarben wie Ophras Augen. Jenseits der Borsten, die den Wind und die Kälte fernhielten, ging
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