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1124 - Das Armadafloss

Titel: 1124 - Das Armadafloss
Autoren: Unbekannt
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Streck sie nieder, sag ich dir, streck sie nieder, ehe sie uns alle ins Verderben stürzen."
    „Sei still", befahl der Flößer gereizt. Seine Stimme war eine Folge von sirrenden, melodischen Zischlauten. Nach einem Moment fügte er mürrisch hinzu: „Schon gut, ich werde mich um sie kümmern. Ich weiß, was ich zu tun habe. Ich brauche deine Ratschläge nicht. Also sei still."
    Der Herold gurgelte empört.
    Wie ein Gnom hockte er auf der glatten, silbernen Oberfläche des Essenzenballens, und nicht zum erstenmal dachte Crduun: Unvorstellbar, daß dieses Geschöpf aus den gleichen Eiern geschlüpft ist wie meine Brüder und Schwestern. Daß er wie ich vom Stamm der Hyrkt ist und sich dennoch von uns anderen unterscheidet wie der Tag von der Nacht.
    Die Haut des Herolds war nicht weiß wie die Crduuns oder der anderen Hyrkts, sondern braunrot wie rostiges Eisen. Der Raumanzug ließ seine verkümmerte Gestalt noch plumper erscheinen, und der Kopf hinter dem transparenten Rund des Helms war kugelförmig, halslos, bis auf den Schlitz des Sprechmundes glatt.
    „Das also ist dein Dank, Crduun", klagte der Herold. „Der Dank dafür, daß ich bei dir geblieben bin. Daß ich dich nicht verlassen habe, wie es jeder halbwegs vernünftige Herold getan hätte, um seine Dienste einer anderen Wartekönigin anzubieten."
    Crduun spürte einen Stich.
    Die Herolde waren die Mittler zwischen der Königin eines Hyrkt-Stammes und ihren Nachfolgerinnen, den Warteköniginnen. Wenn die Königin im Sterben lag und es Zeit für die Wartekönigin wurde, sich auf ihr Amt als neue Hüterin des Volkes vorzubereiten, so spürte es der Herold. Ganz gleich, ob ihn nun Meter oder Lichtjahre von der alten Königin trennten, der Herold spürte den Königinnentod. Dann rief er die Wartekönigin zur neuen Stammeshüterin aus und legte sich klaglos und zufrieden zum Sterben.
    So sollte es sein, dachte Crduun bitter. So ist es Brauch. Doch nicht jede Wartekönigin findet so ihre Erfüllung.
    Manche wird - so wie ich - schon in jungen Jahren vom Armadaherzen zum Flößer bestellt. Der Herold geht fort und tritt in den Dienst einer anderen Wartekönigin, und die unglückliche Hyrkt vergiß ihre Hoffnungen und ihr Geschlecht und verwandelt sich in den Flößer.
    Crduun, die Wartekönigin, existierte nicht mehr.
    Es gibt nur noch Crduun, den Flößer, und er muß sein Leben in Einsamkeit verbringen, allein zwischen den Sternen, allein mit der Last der Essenzen, der Blöcke aus Eisen und Kupfer, Gold und Platin, Uran, Nickel, Silber und Zinn, aus Kohle, Kristall und Turmalin ...
    Nachdenklich bewegte Crduun den schweren, gepanzerten Kopf und mahlte mit den Beißzangen, die so weiß waren wie sein ganzer Körper.
    Aber warum ist der Herold bei mir geblieben? fragte sich der Armadaflößer wieder.
    Warum hat er nicht eine andere Wartekönigin aufgesucht, statt all die vielen Jahrzehnte bei mir auf dem Floß zu verbringen und zwischen den Abbauplaneten und den Stationen der Armadaschmiede hin und her zu fliegen?
    Nun, vielleicht „wußte es nicht einmal der Herold selbst.
    Crduun warf dem unförmigen Geschöpf einen nachdenklichen Blick zu. Wie ein Elmsfeuerchen flackerte über dem mißgebildeten Kopf des Herolds die Armadaflamme; ein zu vertrautes Bild, als daß Crduun sie bewußt bemerkte.
    „Zögere nicht", krächzte die Stimme des Herolds aus Crduuns Funkempfänger. „Weise sie in ihre Schranken, diese Bastarde, diese dreiste Brut. Verbanne sie vom Floß, hörst du
     
    *
     
    schleudere sie hinaus in die Leere, damit sie dort ihr elendes Leben aushauchen und ihre Seelen mit dem Licht davonreisen, um..."
    „Still!" schrie Crduun.
    Der Herold verstummte augenblicklich. Mit seinen kräftigen Springbeinen katapultierte er sich ab, daß er wie ein Vogel über das Silber des Essenzenballens dahinschoß und erst fünfzig oder sechzig Meter weiter wieder den Boden berührte.
    Der Boden dort war pechschwarz.
    Kohlenwasserstoffe, verriet Crduuns präzises Gedächtnis. In der Kälte des Raums hartgefrorenes Öl, umhüllt von einem Film aus polymerisiertem Kunststoff, um zu verhindern, daß es am Ziel - in der Wärme der Armadaschmiede - wie dicker Brei zerfloß.
    An den Ölballen, der hundert Meter lang, vierzig Meter breit und ebenso dick war, schloß sich eine Essenzenstange aus Nickel und Kupfer an. Dann folgte eine aus Gold, Platin, Chrom und Aluminium, anschließend ein glitzernder Ballen aus Rubinen, Smaragden, Diamanten, Saphiren, Olivinen und
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