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1124 - Aus dem Reich der Toten

1124 - Aus dem Reich der Toten

Titel: 1124 - Aus dem Reich der Toten
Autoren: Jason Dark
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traute er sich nicht heran. Er kannte ihre eigene und auch zerstörerische Kraft ebenso wie ich darüber informiert war. Ich hatte damals erlebt, wie nach dem Öffnen der Lade das silberne Skelett des Hector de Valois vernichtet worden war und ebenso die Templer, die auf Lalibelas Seite standen. Er hatte es immer wieder geschafft, sich eine gewisse Dienerschaft zu besorgen, und das war auch geblieben.
    Nur verließ er sich diesmal nicht auf abtrünnige Templer, sondern auf Wesen, die Janine Helder und Nora Thorn als Engel bezeichnet hatten. Das konnte durchaus zutreffen. Wenn die Geschichte stimmte, daß Lalibela damals von den Engeln gerettet worden war, dann standen sie auch jetzt noch auf seiner Seite.
    Einen von ihnen hatte ich erlebt. Es war der Killer mit der Kettensäge gewesen, wobei ich bei ihm den Begriff Engel nicht verwenden wollte.
    Ich war sein Gegner, das wußte er. Mein Vater hatte ebenfalls Kontakt zu ihm gehabt, und er war von Lalibela als Verräter angesehen worden. Er haßte die Personen mit dem Namen Sinclair, und deshalb würde er auch mich töten wollen.
    Ich bedauerte es zutiefst, das Schwert des Salomon nicht mitgenommen zu haben. Aber ich hatte auch nicht voraussehen können, daß sich der Fall so entwickeln würde.
    Hier gab es keine Bundeslade. Hier war auch kein silbernes Skelett vorhanden, und trotzdem hatte ich allmählich das Gefühl, nicht mehr in der normalen Welt zu stehen. Das konnte auch an der Umgebung liegen und an den Erinnerungen, die mit dem Friedhof verbunden waren. Schließlich hatten meine Eltern nicht weit von dieser Stelle ihr Ende erlebt und waren dann ein paar Schritte entfernt begraben worden.
    Ich hatte nicht verhindern können, daß alles noch einmal in mir hochkochte. Die Vergangenheit war zwar vorbei, doch vergessen konnte ich sie nicht. Die Erinnerungen kamen, ohne daß ich etwas dagegen unternehmen konnte.
    Ich brauchte nicht näher zu gehen, um ihn besser erkennen zu können. Die Gestalt hatte sich zwischen zwei Grabsteine gestellt, und auf beiden Gräbern standen kleine Laternen, deren Schein auch in die Höhe glitt und ihn traf.
    Sah so jemand aus, der aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war? War das seine Gestalt? Von seinem Körper sah ich nicht viel, denn er hatte ihn mit einer Kutte aus hellem Stoff umwickelt, der mich in dieser Umgebung an ein Leichentuch erinnerte. Es war mehr ein Gewand, zu dem auch eine Kapuze gehörte, die er über seinen Kopf gezogen hatte, wobei das Gesicht frei lag.
    Lalibelas Haut war dunkel. Nicht direkt schwarz, eher braun, wie man es vom Volk der Äthiopier kennt. Ein schmales, auch ebenmäßiges Gesicht mit einem Bart, der wie ein Kreis um seinen Mund wuchs. Haare sah ich nicht. Seine Stirn wirkte deshalb sehr hoch, und ich konnte mich auch auf seine Augen konzentrieren.
    Braune Augen!
    So jedenfalls hatte ich sie in Erinnerung, aber das stimmte in diesem Fall auch nicht. Sie hatten sich verändert, denn hinter den Pupillen schimmerte es hell. Weiß, beinahe leuchtend. Mit diesen Augen schaute er mich an und tat nichts. Aber er hatte etwas mitgebracht. Eine Insignis seiner Macht, denn er stützte sich auf einen Stab, an dessen Ende sich ein rundes, durchsichtiges und kugelförmiges Gebilde abmalte, das für mich aussah wie ein Modell eines Atoms. Mit einem Kern in der Mitte und den Bahnen darum herum, auf denen die Elektronen sich bewegten. Auch möglicherweise ein großes Zeichen seiner Macht, das ihn als Herrscher der Welt zeigte. Daß er dieses Ziel erreichen wollte, traute ich ihm durchaus zu. Allerdings auf seine Art und Weise und die Welt, die er für die seine hielt.
    Er war kein Geist. Er war Kopf und Körper, wobei ich nicht wußte, wie er unter seiner Kleidung genau aussah.
    Für mich war die Zeit nicht mehr vorhanden. Ich wußte auch nicht, wie lange ich ihn angeschaut hatte. Mir war nur klar, daß es zwischen ihm und mir zu einer Abrechnung kommen würde, weil er sich von einem Sinclair betrogen fühlte.
    Das Weiße in seinen Augen zog sich zurück, so daß die braunen Pupillen mehr in den Vordergrund drangen. Ungewöhnlich scharf stachen sie hervor, als wollte er mir etwas demonstrieren und mich dabei an die Vergangenheit erinnern, in der mein Vater plötzlich diese Augen gehabt hatte.
    Wollte er auch mich übernehmen und zu einem seiner Diener machen? Ich hatte keinen Beweis, doch einfach wollte ich es ihm nicht machen, und ich ließ meine rechte Hand in die Tasche rutschen, in die ich mein Kreuz gesteckt
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