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112 - Monster im Prater

112 - Monster im Prater

Titel: 112 - Monster im Prater
Autoren: Larry Brent
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ihren
Wirtskörper verlassen und wartete irgendwo im Halbdunkeln unter der Erde auf
das, was nachkam. Vielleicht war sie in diesen Minuten wieder ganz und gar an
ihr fahles Skelett gebunden, das nach einer halben Stunde aus dem Schutt
befreit war und genau dort lag, wo sie es angegeben hatte. Aus dem
freigelegten, fest zusammengepressten Steinhaufen, der wie eine raue Mauer die
hinterste Seite des unterirdischen Raumes bedeckte, ragten noch die Knochen
anderer Menschen, die damals in ihrem selbstgewählten Gefängnis einen
qualvollen Tod erlitten. Das vermoderte und zusammengedrückte Frauenskelett
wurde in ein Laken eingeschlagen und durch die Schachtöffnung nach oben
gehievt. Alles blieb still. Nichts geschah. Draußen wurde es bereits dämmrig,
als sich der Leichenwagen in Bewegung setzte. Larry Brent und Anton Sachtler
begleiteten im Dienstwagen des Kommissars die Fahrt zum Stephansdom. Der Geist
Stefanies hatte Larry Brent genau angegeben, wo sie hingebracht werden wollte.
Stimmte die Intuition der Toten? Das würde sich erst herausstellen, wenn jene
Pestgrube geöffnet war, in der Tausende und Abertausende von Leichen vor mehr
als dreihundert Jahren beigesetzt worden waren. Am Haupteingang der Kirche
sollten Brent und Sachtler einen Beamten der Stadtverwaltung treffen, dem der
Kommissar bereits mitgeteilt hatte, welche Grabkammer geöffnet werden musste.
    Auf dem Weg
zum Stephansplatz, der nicht weit vom Kohlmarkt entfernt lag, meldete sich
X-RAY-1 aus New York. Zuerst war das leise akustische Signal zu vernehmen.
Larry Brent spürte ein behutsames Vibrieren und betätigte den winzigen Kontaktknopf
am PSA-Ring. Damit schaltete er auf Empfang. Es gab kaum einen Fall, wo Brent
im Beisein einer außenstehenden Person eine Mitteilung seines geheimnisvollen
Chefs entgegengenommen hätte. Aber Sachtler war nach den bisherigen Abenteuern
an der Seite Larry Brents in Wien und Umgebung gewissermaßen schon ein
Eingeweihter, ein Mann, der zumindest die PSA dem Namen nach kannte und wusste,
worum es ihr ging. So nahm Larry im Beisein des zigarrenrauchenden Kommissars,
der eine Ähnlichkeit mit Fernsehkommissar Marek nicht leugnen konnte, entgegen.
    „X-RAY-1 an X-RAY-3 und X-GIRL-C. Bitte
melden!“
    „Ja, hier
X-RAY-3!“
    Es trat eine
kurze Pause ein, in der X-RAY-1 offensichtlich auf der gleichen Frequenz auch Morna
Ulbrandsons Bestätigung abwartete.
    „Okay, wunderbar“,
ertönte dann die ruhige, väterlich klingende Stimme des Mannes, den sie noch
nicht zu Gesicht bekommen hatten. Kein Mitarbeiter, kein Agent der PSA wusste,
wer sich hinter der Bezeichnung X-RAY-1 verbarg. Und doch waren Larry Brent und
Iwan Kunaritschew durch eine Kette von Zufällen ziemlich am Anfang ihrer
Laufbahn ihrem rätselhaften Auftraggeber in einer tödlichen Situation begegnet.
Sie halfen einem Blinden, den ein Verbrecher in einem zum Abbruch bestimmten
Haus in den Tod hatte treiben wollen. X-RAY-1 war blind. Nach einem schweren
Unfall war er einige Minuten klinisch tot. Als nach der sofort einsetzenden
Herzmassage sein Organismus wieder zu arbeiten begann, hatte er allerdings eine
Veränderung durchgemacht. Während des Komas war er erblindet, und sein Hirn
hatte dafür einen Extrasinn entwickelt. David Gallun war zum Empathen geworden,
das heißt, zu einem Menschen, der Stimmungen und Gefühle auffangen und bei
anderen auch erzeugen konnte.
    „Es gibt
Neuigkeiten“, fuhr Gallun fort. Seine Stimme klang aus dem winzigen
Speziallautsprecher völlig verzerrungsfrei. „Sie betreffen einen unserer
Nachrichtenagenten. Hans Pechsteiner war beauftragt, in Wien eine Angelegenheit
zu überprüfen, die mir seit Tagen Kopfschmerzen bereitet und über die ich bisher
noch nicht mit Ihnen gesprochen habe. Ich fürchte, Ihr Aufenthalt in Wien
dauert länger, als ursprünglich eingeplant.“
    „Wie schön,
Sir. Hier gibt’s immer viel zu sehen. Die bisherigen Abstecher waren leider zu
kurz, um sich einen Eindruck zu verschaffen.“
    „Ich denke,
X-RAY-3, Sie haben inzwischen an der Seite Kommissars Sachtlers sämtliche
Heurigen-Schänken von Nußdorf, Sievering und Grinzing unsicher gemacht und
Ihren Namen an die Wände geschrieben.“
    „Bisher nur
an eine einzige Wand, Sir. Und dann weder in Grinzing, noch in Nußdorf, noch in
Sievering, sondern im Herzen von Wien, im Griechenbeisel. Neben den
Unterschriften von Brahms und Johann Strauß stehen leicht zu übersehen die
bescheidenen Namenszüge von Miss Ulbrandson, Iwan Kunaritschew und
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