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1100 - Die Hölle von Sodom

1100 - Die Hölle von Sodom

Titel: 1100 - Die Hölle von Sodom
Autoren: Jason Dark
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unmöglich. Um durch die Lücken zu gelangen, hätte man ein Schlangenmensch sein müssen. Das war Johnny nicht, doch er wollte einen Blick nach draußen werfen, und deshalb trat er dicht an die runde Öffnung heran.
    Die Landschaft war karg. Graue Felsen auf einer leicht bräunlichen Erde. Er sah keine Pflanzen. Er sah kein Gras. Erst recht keine Bäume.
    Für Johnny war es eine tote Landschaft, die auch zu seinem verdammten Verlies paßte.
    Er hörte Tritte. Er zog sich nicht von seinem Ausguck zurück und drehte den Kopf nach rechts, weil er sehen wollte, wer sich dem Fenster näherte.
    Der Mann bewegte sich nicht weit von der Hauswand entfernt. Johnny konnte ihn gut sehen - und es gab ihm einen Stich, als er den Mann erkannte. Augenblicklich fluteten die Erinnerungen wieder in ihm hoch. Er dachte an die Gestalt, die ihn entführt hatte. Er wußte aber nicht, ob die neue mit der alten identisch war. Ein bleiches Gesicht, mehr zum Grau hin tendierend. Keine Haare, die auf dem Kopf wuchsen, so daß er mehr aussah wie ein Totenschädel. Die glatte Haut, der lange Mantel, der nicht schwarz war, sondern dunkelgrün. Bleiche Hände, die eine Waffe hielten, über die sich der Junge Gedanken machte. Sie war lang wie eine Lanze. An ihrem oberen Ende allerdings wies sie die Form eines Kreuzes auf.
    Der Mann schaute nach vorn. Er traf keine Anstalten, den Blick zu wenden. Johnny wollte ihn ansprechen, aber er hielt sich zurück, denn in seiner Nähe hörte er die flüsternden Stimmen. Sie produzierten nicht unbedingt Worte, sondern mehr klagende Laute, die nicht auf eine freudiges Dasein schließen ließen. Das Jammern und leise Heulen tat dem Jungen in den Ohren weh. Er hielt nur mühsam aus, die Hände um zwei Stäbe geklammert.
    Der Wächter kümmerte sich nicht um das Geschrei. Er setzte seinen Weg fort, um stehenzubleiben, als er Johnnys Höhe erreicht hatte. Er drehte langsam den Kopf, um dem Jungen ins Gesicht schauen zu können, und Johnny hielt dem Blick stand.
    Im Gesicht der anderen bewegte sich nichts. Es blieb wirklich so starr wie ein Knochenkopf. Hinter der dunklen Brille waren die Augen nur zu ahnen, aber der Aufpasser hob seinen linken Arm an und faßte mit der Hand nach der Brille. Er nahm sie mit einer langsamen Bewegung ab, so daß Johnny in seine Augen schauen konnte.
    Sie machten ihm Angst.
    Er zuckte zurück, hielt sich allerdings noch an den Stäben fest. Es waren keine menschlichen Augen. Sie konnten nur einem Monstrum gehören. Augen wie schwarze Flecken. Wie hart gewordenes und verkrustetes Öl.
    Johnny zog sich zurück. Er ließ die Stäbe los und bekam deshalb nicht mehr das kalte Grinsen des fast lippenlosen Mundes mit. Johnny war so weit zurückgewichen, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß. So blieb er zwangsläufig stehen, den Blick auf das runde Fenster mit den Stäben gerichtet.
    Der Wärter erschien hinter dem Gitter. Die Augen starrten durch zwei Lücken. Blicke, die kein Gefühl zeigten. Sie waren tot und lebten trotzdem.
    Johnny schloß die Augen. Er wollte nicht mehr hinsehen. Erst jetzt wurde ihm seine eigene Lage so richtig bewußt.
    Er spürte die Nachwirkungen des Giftes. Die Kraft verließ ihn, und er sank in die Hocke.
    Johnny schrie nicht. Er weinte nicht. Er fühlte sich so matt. Unsichtbare Wogen überschwemmten ihn. Er kämpfte noch dagegen an, aber irgendwann trugen sie ihn weg.
    Johnny schlief ein.
    Die Erschöpfung hatte ihren Tribut gefordert!
    ***
    Einer fühlte sich wohl in dieser Nacht. Es war Aristoteles Leonidas, der auf der Insel hockte wie eine Spinne in ihrem Netz, und von Sodom aus alles lenkte.
    Er war der Marionettenspieler. Alle anderen mußten das tun, was er wollte, und Leonidas fühlte sich gut dabei. In seinem Haus herrschte er wie ein Despot. Er hatte es nach seinen eigenen Vorstellungen bauen lassen.
    Er hatte es geteilt. Auf der einen Seite gab es den Luxus, so wie er ihn sich vorstellte, auf der anderen das krasse Gegenteil. War der Luxus sein Himmel, so gab es unter ihm die Hölle. In den Tiefen des Berges, in den Kellern, den Verliesen, den Verstecken, wo sich das Fluidum des Bösen hatten ausbreiten können.
    Auch die Welt mochte er. Er liebte sie, denn auf sie hatte er sich verlassen können. Das Böse hatte ihm seine Rache recht leicht gemacht. In all den vergangenen Jahren hatte er Wege gefunden, um daran teilhaben zu können.
    Es war gut.
    Er war gut.
    Er würde immer mächtiger werden. Schon jetzt fühlte er sich nicht mehr unbedingt
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