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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens
Autoren: Karl May
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mußt du sein, sonst hast du dich in mir verrechnet. Verstanden!“
    Jetzt kam ein Windstoß und trieb dem Kleinen den Pelz vorn auseinander. Da konnte man sehen, daß er unter demselben eine baumwollene Hose und eine ebensolche Bluse trug. Um seine starke Taille war ein Ledergürtel geschnallt, in welchem außer den Gegenständen, welche auch der Lange besaß, noch ein indianischer Tomahawk steckte. Den Lasso hatte er vorn am Sattel hängen und dabei eine kurze, doppelläufige Kentuckybüchse, der man es ansah, daß sie schon in gar manchem Kampf als Angriffs- oder Verteidigungswaffe gedient hatte.
    Und wer waren diese beiden Männer? Nun, der Kleine hieß Jakob Pfefferkorn, und der Lange führte den Namen David Kroners. Hätte man irgendeinem Westmann, einem Squatter oder Trapper diese beiden Namen genannt, so hätte er kopfschüttelnd gesagt, daß er von den zwei Jägern noch nie ein Wort gehört habe. Und doch wäre das gegen alle Wahrheit gewesen, denn sie waren gar berühmte Pfadfinder, und an manchem Lagerfeuer hatte man sich seit Jahren von ihren Taten erzählt. Es gab keinen Ort von New York bis Frisco (San Francisco) und von den Seen im Norden bis an den mexikanischen Meerbusen, an welchem nicht das Lob dieser berühmten Savannenmänner erschollen war. Freilich, Jakob Pfefferkorn und David Kroners, diese Namen waren nur ihnen selbst geläufig. In der Prärie, im Urwald und nun besonders bei den Rothäuten wird nicht nach dem Geburts- und Taufschein gefragt; da erhält ein jeder sehr bald einen Namen, der seinen Erlebnissen oder Eigenschaften entspricht und auch sehr bald weiter verbreitet wird.
    Kroners war ein Vollblut-Yankee und wurde nicht anders als der ‚Lange Davy‘ genannt. Pfefferkorn stammte aus Deutschland und wurde nach seinem Vornamen Jakob und seiner Körperform nur der ‚Dicke Jemmy‘ genannt. Jemmy ist nämlich der englische Ausdruck für Jaköbchen.
    Also Davy und Jemmy, unter diesen beiden Namen waren sie überall bekannt, und man hätte im fernen Westen wohl selten einen Menschen getroffen, der nicht imstande gewesen wäre, die eine oder andere Heldentat von ihnen zu erzählen. Sie galten als unzertrennlich. Wenigstens gab es keinen, der sich hätte besinnen können, einen von ihnen einmal allein gesehen zu haben. Trat der Dicke an ein fremdes Lagerfeuer, so schaute man ganz unwillkürlich auch gleich nach dem Langen aus, und kam Davy in ein Store, um sich Pulver und Tabak zu kaufen, so wurde er sicherlich gefragt, was er für Jemmy mitnehmen wolle.
    Ebenso unzertrennlich fühlten sich auch die beiden Tiere dieser Westmänner. Der große Klepper hätte wohl trotz allen Durstes an keinem Bach oder Fluß getrunken, wenn nicht zugleich mit ihm das kleine Maultier den Kopf niedergebeugt hätte, und dieses letztere wäre selbst im schönsten, saftigsten Gras mit erhobenem Kopf stehengeblieben, wenn nicht der erstere es vorher leise angeschnaubt hätte, als ob er flüstern wolle: „Du, sie sind abgestiegen und braten sich ihre Büffellende; nun wollen auch wir frühstücken, denn vor dem späten Abend setzt es ganz gewiß nichts mehr!“
    Und nun gar sich in irgendeiner Not verlassen, das fiel den beiden Tieren gar nicht ein. Ihre Herren hatten einander schon viele, viele Male das Leben gerettet. Einer stürzte sich für den anderen ohne alles Bedenken in die größte Gefahr. So hatten auch die Tiere einander oft beigestanden, wenn es galt, den Kameraden herauszubeißen oder mit den kräftigen, scharfen Hufen gegen einen Feind zu verteidigen. Die vier, Menschen sowohl als Tiere, gehörten eben zusammen; sie wußten es gar nicht anders.
    So trabten sie jetzt fröhlich in nördlicher Richtung dahin. Am Morgen hatte es für Pferd und Maultier Wasser und saftige Weide und für die beiden Jäger Wasser und die Keule eines Hirsches gegeben. Den Rest des Fleisches trug der Klepper, so daß an eine große Hungersnot nicht zu denken war.
    Unterdessen hatte die Sonne den Zenit erreicht gehabt und war dann langsam tiefer gesunken. Es war zwar sehr heiß, aber es wehte ein erfrischender Windhauch über die Prärie, und der von Myriaden von Blumen durchwirkte Büffelgrasteppich zeigte noch lange nicht die braune, verbrannte Farbe des Herbstes, sondern sein frisches Grün erquickte das Auge, und die über die weite, weite Ebene zerstreuten, in Form von einzelnen riesigen Kegeln sich erhebenden Felsenberge wurden von den schräg herabfallenden Strahlen der Sonne in brillanter Weise beleuchtet und
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