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1094 - Der Aibon-Drache

1094 - Der Aibon-Drache

Titel: 1094 - Der Aibon-Drache
Autoren: Jason Dark
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Schreibtischleuchte. Ich will ihn nicht sehen, wenn ich hier im Sessel sitze und Wein trinke.«
    Ich tat ihr den Gefallen und ging langsam zu ihr hinüber. Die Aussicht aus dem Fenster war die gleiche geblieben. Mir kam sie jetzt nicht mehr so phantastisch vor. Londons Lichter schienen von einem dunklen Tuch bedeckt worden zu sein, das sogar einen Teil des Lichts leicht filterte, so daß mir die Umgebung drohender vorkam.
    Beinahe wie eine Warnung vor der nahen Nacht, die noch gar nicht richtig begonnen hatte. Wie flüssig gemachtes Blut gluckerte der Wein in die Gläser. Zwischen dem Zweisitzer und den beiden schmaleren Sesseln standen Glastische mit Lampen. Chris hatte beide eingeschaltet und das Licht etwas heruntergedimmt, so daß der Schein nicht mehr so kalt wirkte.
    Sie nahm auf der Couch Platz. Die Beine hatte sie angezogen und sie auf dem Sitzmöbel ausgestreckt. Das Glas hielt sie in der Hand, drehte es leicht, und der Wein drehte sich mit.
    Ich hatte noch keinen Schluck genommen, sondern meine Nase eingesetzt. Der Wein roch nach Beeren.
    »Er stammt aus Sardinien«, sagte Chris.
    »Dann – wohl bekomm’s.«
    Sie trank noch nicht. »Worauf sollen wir denn trinken?«
    »Auf das Leben.«
    »Das sehr schnell beendet sein kann«, erwiderte sie ernst.
    »Nein, das sollte man nicht so sehen.«
    Sie lächelte, prostete mir zu, dann tranken wir, und ich mußte zugeben, daß Chris eine kleine Köstlichkeit aus der Flasche hervorgezaubert hatte.
    »Und?« fragte sie, nachdem ich das Glas abgestellt hatte.
    »Ein Gedicht.«
    »Danke, der Rote ist mein Lieblingswein. Ich trinke ihn sonst immer, wenn es mir gutgeht…«
    »Und heute?«
    »Geht es mir nicht so gut.« Sie lächelte etwas verloren. »Es würde mir gutgehen, wenn ich diesen verdammten Drachen nicht gefunden und gesehen hätte.«
    »Ach, das sollten Sie nicht so ernst nehmen.«
    »Ich kann aber nicht anders. Ich muß es einfach so sehen. Ich bin kein ängstlicher Mensch, und ich sehe mich auch nicht als überdreht an, aber dieser kleine Drache hat mich völlig durcheinandergebracht. Ich kann mir das nicht erklären. Sehe keinen Grund. Weiß nicht, was ich mit ihm zu tun habe. Und ich habe etwas mit ihm zu tun, sonst wäre er ja nicht in meinem Haus gelandet.«
    »Gibt es noch eine weitere Person, die einen Schlüssel zu Ihrem Haus hat?«
    »Nein.«
    »Auch keine Zugehfrau und…«
    »Auch die nicht. Ich habe mein Haus auch gesichert. Er muß aus der Luft gefallen sein. Das Ding kann sich ja nicht von allein bewegen und auf mein Haus zukommen. Da steckt schon mehr dahinter. Er muß gebracht worden sein. Also ist jemand in dieses Haus hier eingebrochen, ohne Spuren zu hinterlassen. Dieser Gedanke beschäftigt mich noch mehr und läßt mich vor der Nacht fürchten. Ich habe Angst, die Stunden allein zu verbringen. Vor allen Dingen, wenn ich bedenke, daß ich diesen Blackout gehabt habe. So etwas ist mir noch nie zuvor passiert, John. Wie der Blitz aus heiterem Himmel hat es mich getroffen. Wenn ich beide Tatsachen addiere, wird das Rätsel noch größer, und auch meine persönliche Angst wächst mit.«
    »Da verstehe ich Sie.«
    »Danke.« Sie schenkte mir ein Lächeln. »Ich bin es gewohnt, mich selbst durchs Leben zu schlagen, und das schaffe ich auch. Ich habe die Entscheidung treffen müssen, und alles immer gut in die Reihe gebracht. Nun aber stehe ich vor einem Graben. Ich kann ihn nicht überspringen und weiß im Moment nicht, was ich tun soll. Alles kann richtig, aber auch falsch sein.«
    »Das fühle ich Ihnen nach.«
    »Haben Sie denn einen Vorschlag?«
    »Im Augenblick nicht, aber es wird uns schon etwas einfallen. Jedenfalls verspreche ich Ihnen, daß Sie die Nacht nicht in Anwesenheit des Drachens verbringen müssen.«
    »Sagen Sie das nur so, oder haben Sie sich schon einen bestimmten Plan zurechtgelegt?«
    »Dazu brauche ich keinen Plan. Ich werde ihn mitnehmen, wenn ich fahre. Dann ist für Sie alles klar.«
    Eigentlich hatte ich eine direkte Zustimmung von ihr erwartet, doch damit hielt sich Chris zurück. Von meinem Vorschlag schien sie nicht angetan zu sein, und ich hörte ihre Frage. »Heiß das, daß Sie mich jetzt schon verlassen wollen?«
    »Das habe ich damit nicht gesagt. Aber wenn ich gehe, dann nehme ich ihn mit.«
    »Das möchte ich nicht, John.«
    »Ach«, spottete ich. »Wollen Sie ihn behalten?«
    »Nein, Unsinn.« Sie trank einen Schluck Roten. »Ich hatte mir da etwas anderes ausgedacht. Sie sind doch zeitlich nicht gebunden,
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