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1094 - Der Aibon-Drache

1094 - Der Aibon-Drache

Titel: 1094 - Der Aibon-Drache
Autoren: Jason Dark
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denken Sie?«
    »Ich wundere mich noch über das Geschenk.«
    »Es ist Ihnen nicht geheuer?«
    »Wieso?«
    »Das sehe ich Ihnen an. Sie glänzen im Gesicht. Es ist der Schweiß. Sagen Sie nur nicht, daß es hier zu warm ist.«
    »Nein, nein, schon richtig.«
    »Sonst haben Sie nichts zu sagen?«
    »Ich weiß es nicht. Wir müssen es abwarten.« Ich wollte mich vor Chris Talbot nicht blamieren und traf endlich Anstalten, den Drachen anzufassen.
    Meine Hand kroch über den Schreibtisch auf ihn zu und näherte sich ihm von vorn. Das Maul blieb auch weiterhin offen. Mich hätte es nicht gewundert, wenn der Drache plötzlich zugeschnappt hätte, aber das tat er nicht. Er lebte ja nicht. Er war ein Tier aus Stoff oder was immer für einem Material.
    Ich berührte ihn.
    Völlig harmlos. Meine Finger zuckten auch nicht zurück. Ich wollte seine Haut prüfen, denn bisher wußte ich nicht, ob sie aus Stoff oder Leder bestand.
    Es war Leder.
    Das Zeug fühlte sich glatt und geschmeidig an. Eben wie dieses natürliche Material, das von innen gefüllt worden war. Wenn ich meine Hand ausstreckte, konnte ich die Faust um den Körper schließen, denn er war nicht zu groß.
    Ich tat es und drückte ihn leicht zusammen. Das Leder gab normal nach und auch das Material, das sich in seinem Innern befand. Ich wußte nicht, woraus es bestand. Es gab diese mit Kies oder kleinen Kugeln gefüllten Stofftiere. Bei diesem traf es nicht zu. Der Körper des Drachen war mit einer anderen Masse gefüllt. Weich und trotzdem recht stabil. Jedenfalls kein Schaumstoff. Vielleicht etwas gehärtetes Gummi. Der Drache lebte nicht. Ich spürte keinen Herzschlag oder irgend etwas. Das wäre auch vermessen gewesen.
    Ich hob ihn an, um ihn genauer betrachten zu können. Mir fielen seine Krallen auf, die sowohl die Vorder- als auch die Hinterläufe bestückten. Und ich sah an den Seiten Flügel oder Schwingen. Sie waren eingeklappt und dicht an den Körper gepreßt, so daß sie nicht sofort ins Auge stachen.
    Ein seltsames Tier, das mir immer weniger gefiel, je länger ich es betrachtete. Weich, nachgiebig, aber es geriet sofort wieder in die alten Form zurück, wenn ich den Druck der Hand verringerte.
    Ich stellte ihn wieder an seinen Platz und richtete mich auf.
    Chris Talbot hatte jeder meiner Bewegungen genau verfolgt. Sie trat an mich heran. »Und? Was sagen Sie jetzt, John?«
    »Was wollen Sie hören?«
    »Die Wahrheit.«
    Ich warf dem Drachen einen schrägen Blick zu. »Es ist ein Spielzeug, Chris.«
    Als Antwort lachte sie hart auf. »Verdammt, Sie haben gut reden. Ein Spielzeug, okay. Aber was soll ich damit? Warum stellt man es mir in die Wohnung? Mir, einem erwachsenen Menschen? Ein Spielzeug gehört zu einem Kind, aber nicht zu mir. Es ist ja nicht nur die Tatsache allein, daß ich ihn hier gefunden habe, ich frage mich auch, wie er in mein Haus gelangt ist. Darüber sollten wir uns Gedanken machen. Oder ich mir. Sie geht das ja nichts an.«
    »Jetzt schon«, sagte ich.
    Mit diesen Worten hatte ich Hoffnung in ihr geweckt. »Heißt das, daß Sie mich nicht allein lassen wollen? Ich will nicht sagen mit meinem Elend, aber schon mit dieser komischen Situation, mit der ich nicht fertig werde. Ich kenne mich selbst nicht wieder, John. Wäre nicht dieser Blackout gewesen, hätte ich über die Anwesenheit des Drachens nur gelacht. Aber ich habe ihn schon vorher gesehen, und das ist es eigentlich, was mir Sorgen bereitet.«
    »Da gebe ich Ihnen sogar recht.«
    »Okay, es bringt nichts, wenn wir hier herumstehen und über das Ding diskutieren. Das können wir auch im Sitzen und bei einem Glas Wein. Kommen Sie.«
    Den Drachen schaute sie nicht einmal mehr an, als sie den Platz verließ und nach vorn ging, wo die Sitzgruppe stand. Bevor ich Chris folgte, schaute ich mir das »Geschenk« noch einmal an.
    Der Drache stand so auf dem Schreibtisch und neben dem Lampenfuß wie ich ihn hingestellt hatte. Seine roten Blutaugen waren auf mich gerichtet, und ich hatte den Eindruck, einen gewissen Spott und auch eine Drohung vor der Zukunft darin zu lesen. Es war Unsinn. Trotzdem konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren.
    Ich drehte mich um, als ich hinter mir das typische Geräusch hörte, das entsteht, wenn ein Korken aus einer Weinflasche gezogen wird.
    »Ich habe einen Roten geöffnet. Ist Ihnen das recht?«
    »Sicher.«
    Gläser stießen gegeneinander und erzeugten einen hellen Ton.
    Dort hinein sprach Chris. »Bitte, John, löschen Sie das Licht der
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