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1080 - Hexenwald

1080 - Hexenwald

Titel: 1080 - Hexenwald
Autoren: Jason Dark
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Worte.
    Das nutzte Dagmar Hansen aus.
    »Wo finden wir Harry?«
    »Er ist bei ihm. Er hat ihn schon bekommen. Er wird ihn zu einem Teil der Natur machen. Er wird als Mensch den Waldboden ebenso befruchten wie es bei den Pflanzen der Fall ist. Denn sie werden ihn übernehmen und zu Humus verarbeiten. Alles vergeht, aber alles hat seinen Sinn. Auch das tote Laub, das im Herbst abfällt, wird sich verwandeln. Ebenso wie das für Menschen tote Holz, das den Käfern und Würmern jedoch genügend Nahrung gibt, um sie auch weiterhin in ihrer Welt existieren zu lassen.«
    »Harry war nicht der einzige - oder?« fragte ich.
    »Nein, es gab auch andere.«
    »Wie viele?«
    Anena hob die Schultern. »Ich habe sie nicht gezählt.«
    Mein Blick fiel auf eine am Boden liegende Kette. Ich konnte mir vorstellen, daß sie in der Hand dieser Frau zu einer perfekten Waffe werden würde, doch darauf wollte ich nicht hinaus. Ich hatte für meinen Teil genug gehört, denn es ging letztendlich noch immer um Harry.
    »Du hast gesagt, daß er sich in Mandragoros Nähe befindet.«
    »Ja.«
    »Wo ist das?«
    Anena kam nicht mehr dazu, mir zu antworten. Wir hörten eine andere Stimme. Die eines Mannes.
    Auch wenn sie sich gequält anhörte, wußten wir, daß Harry uns gerufen hatte. Und sein Ruf war rechts von uns ertönt, wo uns keine Bäume die Sicht nahmen, sich aber eine Grube am Boden abzeichnete…
    ***
    Auf diesen Hinweis hatte ich gewartet. Ebenso wie Dagmar, die sich plötzlich drehte, aber nicht mehr weiterkam, denn der scharfe Befehl der Frau ließ sie wieder erstarren. »Keinen Schritt mehr!«
    Die Aufforderung hatte nur Dagmar gegolten. Ich fühlte mich weniger angesprochen. Allerdings mußten wir Ruhe bewahren. Das fiel Dagmar verständlicherweise schwerer als mir.
    »Du hast gesagt, daß sich unser Freund in der Nähe des Mandragoro befindet, nicht wahr?«
    »Er ist bei ihm.«
    »Dann möchte ich auch hin.«
    Ob diese ungewöhnliche Aussteigerin nun überrascht war oder nicht, das zeigte sie uns nicht. Sie überlegte nur, lachte dann und hatte sich zu einem Entschluß durchgerungen. »Ja, du kannst zu ihm gehen. Er wird auch dich in diesen Kreislauf einfügen. Aber ohne deine Waffe. Die läßt du fallen. Wenn nicht, erschieße ich die Frau.«
    Es stand fest, daß sie nicht bluffte. Sie hatte für dieses Leben alles gegeben. Sie hatte in Kauf genommen, daß Menschen starben und Teil dieses Waldes geworden waren. Das wäre auch so weitergegangen, hätte es nicht die Überschwemmung gegeben, und ich war sicher, daß sie auch uns nicht entkommen lassen würde.
    Ob Dagmar ihre Pistole noch bei sich trug, wußte ich nicht. Höchstwahrscheinlich lag sie auch am Boden, was in der Dunkelheit nur nicht so gut zu erkennen war. Jedenfalls konnte ich mich darauf nicht verlassen. Als ich meinen rechten Arm zur Seite bewegte, die Faust öffnete, so daß die Waffe fallen konnte und auf dem weichen Boden landen konnte, da stöhnte Dagmar Hansen auf, als wäre unsere letzte Chance einfach so dahingeschmolzen.
    Anena lachte. »Das ist gut. Ich halte dich nicht auf. Du kannst zu ihm gehen.«
    »Okay.«
    »John, du willst doch nicht…«
    »Klar, will ich. Wir kommen hier nicht mehr weg. Ich möchte noch einmal mit Harry sprechen.«
    Dagmar gab keine Antwort mehr. Sie war in diesem Moment auch nicht wichtig. Ich setzte alles darauf, daß Anena mir diesen Vorsatz abnahm. Nur das war wichtig. Alles andere nicht.
    So ging ich los. Mit vom Körper gespreizten Armen. Der Boden war weich wie ein feucht gewordener Teppich. Altes Holz lag herum. Es sah auch wie halb eingegraben.
    Ich konzentrierte mich nur auf die Grube. Mein Rücken prickelte dabei, denn ich mußte befürchten, daß sich Anena nicht an ihr Versprechen hielt, die Chance nutzte und mir eine Kugel in den Rücken schoß.
    Das passierte zum Glück nicht. Sie ließ mich immer näher an die Grube herangehen, und ich versuchte, einen ersten Blick hineinzuwerfen.
    Da war noch nichts zu sehen. Nur diese schwammige Dunkelheit, aber das würde sich ändern.
    Wieder hörte ich das Stöhnen. Das war ein Mensch, und es mußte Harry gewesen sein.
    Ich gab ihm keine Antwort. Statt dessen ging ich schneller. Noch ein großer Schritt, dann hatte ich den Rand der verdammten Grube erreicht.
    Ich blieb stehen.
    Ich senkte den Kopf.
    Der erste Blick.
    Ich hatte mich innerlich darauf eingestellt, etwas Schreckliches zu sehen - und so war es auch.
    Ich sah Harry. Sein Gesicht schimmerte mir entgegen. Bleich,
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