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1080 - Hexenwald

1080 - Hexenwald

Titel: 1080 - Hexenwald
Autoren: Jason Dark
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hinterlassen, das ihm gehörte.
    Auch die Bewohnerin war nicht da.
    Etwas enttäuscht machte ich mich auf den Rückweg. Ging wieder geduckt und sah Dagmar Hansen noch immer an der gleichen Stelle stehen. Sie blickte nicht in meine Richtung, sondern schräg an der Hütte vorbei.
    Und dann war es die Stimme.
    Ich hatte mich soeben aufgerichtet, als sie sprach. »Bitte, John, geh nicht weiter, sonst schießt sie mir eine Kugel in den Kopf…«
    ***
    Harry Stahl fiel!
    Und er fiel dabei nicht einmal schnell. Er raste nicht in die dunkle Tiefe hinein, wie es normal gewesen wäre. Nein, er hatte den Eindruck, zu schweben. Alles war so leicht geworden, und er fühlte sich, als wäre sein Bewußtsein dabei, den Körper zu verlassen und irgendwohin zu fliehen.
    Sehr schnell hatte ihn die Realität wieder, denn er prallte auf. Auch kein harter Aufprall, eher weich und federnd, wie von vielen stützenden Händen gehalten.
    Er kam zur Ruhe. Noch etwas nachfedernd, aber sonst war ihm nichts geschehen. Der Schmerz im Bein war noch vorhanden, auch die Taubheit, und auch die Stiche im Kopf spürte er.
    Ich lebe! schoß es ihm durch den Kopf. Ich bin nicht tot. Und so lange ich lebe, gibt es noch eine Chance. Harry war in der Lage, in der er sich selbst Mut machen mußte, um mit diesen schrecklichen Dingen fertig zu werden. Es ergab keinen Sinn, wenn er schrie oder durchdrehte. Er wollte sich auf die neue Lage einstellen. Seine Gedanken drehten sich dabei um Dagmar. Sie war ihm als Traumgestalt erschienen. Er sah ihr ernstes Gesicht und sah auch, wie sich auf der Stirn das dritte Psychonauten-Auge abzeichnete.
    Er empfing eine Botschaft, und diese Botschaft sollte ihm Hoffnung geben.
    Nicht aufgeben. Versuchen, am Leben zu bleiben. Vielleicht gab es noch Hoffnung.
    So blieb er liegen und fühlte sich seltsamerweise gut. Die Grube war auch breit genug. Er kam sich nicht eingezwängt vor. Seine Unterlage sah er sogar als weich an. Aber er vergaß auch nicht, was aus dieser Grube hervorgeschoben worden war.
    Sehr gut noch konnte er sich an die Leiche erinnern, die gewisse Kräfte aus der Tiefe hervor nach oben gedrückt hatten.
    Und diese Kräfte waren noch immer da. Er merkte, daß sich unter ihm etwas tat. Das zwang ihn dazu, die Augen zu öffnen. So starrte Harry in die Höhe.
    Über sich sah er den viereckigen Ausschnitt. Gar nicht mal weit entfernt, aber er lag inmitten der Grube, vielleicht auf halbem Wege zum Grund, und fühlte sich wie der menschliche Inhalt in einer Bio-Tonne, in der Gartenabfall zu Humus verarbeitet wurde.
    Seine Unterlage bewegte sich.
    Nein, nicht durch ihn. Zwischen den Beinen schob sich etwas hoch. Es war ein nicht sehr breiter, dafür aber biegsamer Zweig, vergleichbar mit dem einer Weidenrute.
    Er stieg höher wie eine Schlange, die den Bewegungen des Fakirs folgt. Nur drehte sich der Zweig sehr bald herum und fing an, sich wieder zu senken. Er hatte eine bestimmte Länge erreichen müssen, um sich um Harrys Körper wickeln zu können, und so war die erste Fessel entstanden.
    Stahl schaute zu. Er staunte dabei. Es kam ihm vor wie ein Wunder. Aber er wußte auch, daß es der Anfang vom Ende war, denn hier kam er aus eigener Kraft nicht mehr raus. Die anderen waren zu stark. Zweige, Blätter, starke Farne, sie gehorchten nicht mehr allein der Natur, sondern den Befehlen eines anderen. Dahinter konnte nur die Macht des Mandragoro stecken.
    Es blieb nicht bei dem einen Zweig.
    Unter seinem Körper herrschte eine gewisse Unruhe. Harry kam sich vor wie ein Vogel, der in einem Nest lag, das die Vogeleltern zwischen die Arme einer Astgabel gebaut hatten.
    Etwas drückte in seinen Rücken.
    Es war keine Hand. Es war auch kein spitzer Gegenstand. Es mußte ein Ast sein, der wie ein Messer in seinen Körper eindringen wollte. Der Gedanke daran ließ ihn nicht in Ruhe, und Stahl schaffte es, sich etwas zu drehen.
    Da rutschte der Druck zur Seite hin ab. Harry bekam wieder Luft. Noch immer lag der erste biegsame Zweig wie eine Fessel um seine Brust. Aber er hatte es nicht geschafft, seine Arme und auch nicht die Beine einzuklemmen, denn er konnte sie noch bewegen.
    Trotz der Verletzung stemmte sich der Kampfeswille in ihm hoch. Er wollte nicht aufgeben, sondern weitermachen. Solange noch ein Funken Leben in ihm war, dann…
    Er bewegte sich nicht mehr. Etwas hatte ihn erwischt. Kein Schlag, kein Angriff, auch nicht in seiner unmittelbaren Nähe. Nein, außerhalb der Grube war etwas passiert, und er hatte dort
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