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1080 - Hexenwald

1080 - Hexenwald

Titel: 1080 - Hexenwald
Autoren: Jason Dark
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Dagmar kam zu mir. Sie wischte über ihr Gesicht und atmete mit offenem Mund. Das Haar war feucht geworden. Es lag längst nicht mehr so buschig um ihren Kopf herum und wirkte jetzt platt.
    Sie hob die Schultern. Eine bezeichnende Geste, der ich mich allerdings nicht anschloß. »Paß auf, Dagmar. Ich denke, wir sollten dort suchen, wo der Wald am dunkelsten ist.«
    Sie war skeptisch. »Sicher bist du dir nicht?«
    »Nein. Aber es ist eine Chance.«
    Dagmar Hansen nickte. »Noch eins, John. Ich möchte eine ehrliche Antwort. Glaubst du noch daran, daß wir Harry lebend finden?«
    »Ja. So lange ich mich nicht selbst vom Tod einer Person überzeugt habe, glaube ich daran. Das ist auch bei Harry nicht anders. Du solltest ebenfalls so denken.«
    »Das versuche ich ja.«
    »Dann komm weiter.«
    Wir umgingen die Riesenwurzel und mußten wieder tiefer in Wasser und Morast steigen. Es war schon ein Glück, daß wir bisher noch nicht steckengeblieben waren und auch unsere Schuhe behalten hatten.
    So kämpften wir uns weiter durch, behindert von Wasser und Schlamm, der dick am Boden lag. Da hatten wir den Eindruck, von zahlreichen Händen an den Füßen gezerrt zu werden, aber wir kamen immer wieder frei und wandten uns schließlich nach links.
    Dort war es wirklich dunkler. Zwar nicht finster wie in einer Nacht, aber das helle Grün hatte sich verflüchtigt. Hin und wieder waren einige Lichtflecken auf dem Boden zu sehen, das war alles. Wer in diesem verdammten Wald noch ein zusätzliches Versteck suchte, war dort am besten aufgehoben.
    Wir gingen und ruderten mit den Armen. Immer wieder brauchten wir Halt, den wir auch an querstehenden Ästen oder irgendwelchen feuchten Stämmen fanden.
    Ich fragte mich, wie die Person aussah, die in einer derartigen Umgebung lebte.
    Wir hatten das richtige Ziel ausgesucht, denn allmählich wurde der Wasserstand geringer. Der Boden nahm sogar an Festigkeit zu. Keine mit Wasser gefüllten Löcher mehr, kein Schlamm. Im Vergleich zu vorher konnten wir sogar normal gehen, und darüber freute sich auch Dagmar.
    Ich hörte sie sprechen. »Das haben wir gleich hinter uns, John. Ich spüre, daß wir nahe sind.«
    »Hängt das mit deinem Psychonauten-Auge zusammen?«
    »Nein, nur mein Gefühl.«
    Wir hatten schon leise gesprochen und waren von nun an ruhig. Dagmar Hansen war ebenso bewaffnet wie ich. Bisher hatten wir die Pistolen nicht gezogen, weil wir immer beide Hände gebraucht hatten, um uns abzustützen. Das änderte sich nun. Wir konnten normal gehen, und auch die störenden Hindernisse hielten sich in Grenzen. Die Lücken zwischen den Bäumen waren größer geworden. Selbst quer wachsende Zweige störten uns nicht mehr.
    So kamen wir gut weiter, und der feuchte Boden dämpfte auch einen großen Teil der Geräusche.
    Bäume, Gras. Farne, die ihre Blätter zu den Seiten hin hatten weghängen lassen. Ein nasser Untergrund, der ebenso bräunlich schimmerte wie auch die Rinde der Baumstämme.
    Hier war nichts geknickt. In dieser Umgebung standen die Bäume tatsächlich wie Soldaten. Ich spielte schon mit dem Gedanken, nach irgendwelchen Spuren auf dem Boden zu suchen, wußte aber, daß es keinen Sinn hatte und mich nur aufhalten würde.
    Dagmar stand jetzt links von mir. Sie schaute starr nach vorn, wie jemand, der sich davon überzeugen will, daß es irgendwo dort vorn etwas Bestimmtes gibt.
    »John, es ist nicht mehr weit.« Sie hob den Arm an. »Da ist was. Das spüre ich.«
    Ich warf ihr von der Seite her einen Blick zu und behielt besonders die Stirn im Auge.
    Dort zuckte die Haut…
    Das dritte Auge? Malte es sich ab? Umrisse sah ich nicht, aber Dagmar ging plötzlich vor. Sie ließ sich auch durch mich nicht zurückhalten. Diesmal war ich es, der ihr folgte - und sah, wie sie sich nach rechts drehte und stehenblieb.
    »Da!«
    Mehr brauchte sie nicht zu sagen, denn ich sah es ebenfalls. Beide schauten wir auf eine primitive Hütte zwischen zwei Baumstämmen. Der Eingang lag uns zugewandt, aber wir konnten nicht erkennen, ob sich jemand in der Hütte aufhielt. Es war einfach zu dunkel.
    »Hier lebt sie!« flüsterte ich.
    »Aber wo ist Harry?«
    »Warte.«
    Dagmar ließ mich gehen. Ich bewegte mich vorsichtig auf das Ziel zu. Die Beretta hielt ich fest, und ich mußte mich ducken, um den Eingang zu betreten.
    Viel war nicht zu sehen. Auf dem Boden lag eine geflochtene Matte als Schlafunterlage. Sie hielt kaum Feuchtigkeit ab. Nach Harry suchte ich vergebens, und er hatte auch nichts
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