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1080 - Hexenwald

1080 - Hexenwald

Titel: 1080 - Hexenwald
Autoren: Jason Dark
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hätten.
    Dennoch dachte er daran, sich nicht wehrlos in die Grube werfen zu lassen. Seine Waffe war ihm nicht aus dem Sinn gegangen. Sie steckte an Anenas Rücken. Sie brauchte sich nur zu drehen, damit er zugreifen konnte, dann war alles klar.
    Den Gefallen tat sie ihm nicht. Zudem blieb sie an seiner linken Seite und schob ihn auf die verdammte Öffnung zu. Es war mittlerweile heller Tag geworden. Selbst hier, am dunkelsten Ort im Wald, hatte sich das Sonnenlicht etwas befreien können. Als heller Schatten lag es auf dem nassen Boden. Dort vermischten sich Gras, Farne und Blätter zu einem Gemisch, das aussah wie gerührte Konfitüre. Es war glatt, und die verdammte Öffnung rückte immer näher.
    Harry Stahl versuchte, nicht an sein verletztes Bein und an die damit verbundenen Schmerzen zu denken. Daß es ihm dreckig ging, stand fest. Er atmete nicht mehr normal, sondern in kurzen, keuchenden Stößen. Auf seinem Gesicht lag der Schweiß in einer dicken Schicht.
    Die Glieder zogen und schmerzten ebenfalls. Verkrampfungen, starre Muskeln, bedingt durch die Feuchtigkeit, behinderten ihn zusätzlich. Mehr als zwei Schritte waren es nicht mehr bis zu diesem dunklen Viereck, aus dem die Leiche hervorgeschoben war. Harry versuchte, den Weg zu verlängern. Er knickte plötzlich weg. Damit überraschte er auch Dagmar, die zwar zugriff, ihn allerdings nicht mehr halten konnte. So rutschte ihr Harry aus dem Griff, fiel auf den Hosenboden, jammerte leise und kippte dann zur Seite.
    Die Hexe wurde wütend: »Verdammt noch mal, wenn du denkst, daß du mich linken kannst, dann bist zu schief gewickelt.« Sie hielt plötzlich wieder die Waffe in der Hand und baute sich damit vor Harry auf. Die Mündung zielte auf seinen Kopf.
    »Der Spaß ist vorbei!« Sie sprach mit wütender und zischender Stimme. »Wenn du denkst, du könntest hier noch etwas reißen, dann hast du dich geirrt. Dieser Wald nimmt auch Tote auf. Ich jage dir eine Kugel durch den Kopf und…«
    »Okay, okay.«
    »Was ist okay?«
    »Ich mache es.«
    Anena lächelte. »Genauer. Was willst du machen?«
    Harry Stahl wußte, daß er hier vorgeführt und gequält werden sollte. Er konnte nichts dagegen tun.
    Diese Frau, die sich selbst als Hexe bezeichnete, hielt die Trümpfe in den Händen. Ein Zurück oder Pardon kannte sie nicht. Sie hatte sogar auf einen Wehrlosen geschossen. Die Kugel steckte in seinem Bein. Er spürte das heftige Pochen in der Wunde, kniete noch immer wie ein Bettler am Boden und merkte auch, daß sein rechtes Bein allmählich steif wurde. Normalerweise hätte er unbedingt unter die Hände eines Arztes gemußt, der die Kugel herausschnitt.
    »Ich bin einverstanden!« erklärte Anena. »Allerdings wirst du diesmal hinkriechen. Du kannst dich auf allen vieren auf dein Grab zu bewegen. Los, ich schaue zu.«
    »Gut, gut!« flüsterte Harry. Die Worte hatten ihm etwas Mut zurückgegeben. Er baute darauf, dieser Grube trotz seiner Verletzung eventuell entkommen zu können. Von einer Kugel in den Kopf getroffen zu werden, das war einfach zu endgültig. Da gab es nur noch den Tod. Bei der Alternative blieb eine Restchance.
    »Mach schon!«
    Harry wußte, daß er wie ein Verlierer aussah. Diese Person hatte ihn gedemütigt. Sie hatte ihn in den Dreck getreten, und sie sorgte auch dafür, daß es weiterging.
    Er mußte seinen Oberkörper vordrücken. Wieder verlagerte er sein Gewicht zu stark auf das Bein, doch er schaffte es, einen Schrei zu unterdrücken. Er wollte den Triumph der Hexe nicht noch vergrößern. So kam er weiter voran. Er glitt über den feuchten Grund, spürte erneut die Nässe und sah das Loch der verdammten Grube dicht vor sich.
    Anena bewegte sich nicht. Sie blieb auf der Stelle stehen. Nur seinen Weg verfolgte sie mit der Mündung der Waffe und war auch jetzt bereit, ihm eine Kugel in den Kopf zu schießen.
    Das rechte Bein zog Harry nach, als gehörte es nicht mehr zu ihm. Nur das Brennen im Oberschenkel war noch vorhanden, alles andere war taub geworden.
    Dann war er da.
    Er sackte noch mehr zusammen, aber er hatte den Kopf schon so weit vorgeschoben, daß er über den Rand hinweg in das dunkle Loch schauen konnte.
    Klar, es war dunkel, doch er konnte etwas erkennen. Da bewegte sich etwas.
    Nur konnte er nicht genau sehen, wie weit diese Bewegungen von ihm entfernt waren. Es hätten auch die Körper mehrerer Schlangen sein können. Daran glaubte er nicht. Es mußte hier eine andere Möglichkeit geben. Vielleicht Pflanzen, die
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