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1071 - Die Urnen-Gang

1071 - Die Urnen-Gang

Titel: 1071 - Die Urnen-Gang
Autoren: Jason Dark
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aber er drehte den Zündschlüssel nicht um. Er blieb in dieser etwas steifen Haltung sitzen, den Blick starr auf den Innenspiegel gerichtet.
    Shao, der Sukos Haltung nicht verborgen geblieben war, fragte: »Ist da was?«
    »Ich denke schon.«
    »Und was?«
    Er räusperte sich leise. »Es ist kaum zu glauben, aber ich gehe mal davon aus, daß Percy Iron Besuch bekommt. Soeben habe ich zwei Männer gesehen, die den gleichen Eingang benutzen wie vorhin wir. Sie gingen nur nicht so locker, sondern huschten hinein. Was natürlich tief blicken läßt.«
    »Die Urnen-Leute?«
    »Kann sein.«
    Shao kniff die Augen zusammen. Bevor sie eine Frage stellen konnte, sah sie, was ihr Partner vorhatte. Der Gurt rutschte bereits vor seinem Körper in die Höhe. Es stand fest, daß er aussteigen wollte. So hielt auch Shao nichts mehr im Wagen.
    Die beiden Männer waren längst im Innern des Bürotrakts verschwunden.
    »Du bleibst auf jeden Fall hinter mir«, flüsterte Suko. »Oder noch besser ist, wenn du dich draußen aufhältst und mir alles überläßt.«
    »Nein, ich gehe mit«, sagte Shao.
    Suko kannte die Entschlossenheit seiner Partnerin und hob nur die Schultern. Irgendwelche Verhaltensregeln brauchte er Shao nicht zu geben, die wußte genau, was sie zu tun hatte und was nicht.
    Sie blieb dicht bei ihm. Den Eingang hatten sie schnell erreicht. Die Tür war wieder zugefallen und wurde von Suko vorsichtig aufgedrückt.
    Auf Zehenspitzen gingen sie über den Flur, über den sie noch vor kurzem gegangen waren.
    Fremde Stimmen.
    Dann hörten sie Percy Iron sprechen. Längst nicht so locker wie er sich mit ihnen unterhalten hatte.
    Sie konnten auch noch nicht verstehen, was er den beiden anderen antwortete. Dazu mußten sie erst näher herangehen, was sie auch taten.
    So lautlos wie möglich näherten sie sich der Bürotür, die nicht ins Schloß gefallen war. Beide Besucher fühlten sich sicher. Mit Widerstand rechneten sie nicht, und so waren sie dabei, dem Mann all das zu sagen, was er hören mußte.
    Suko und Shao verhielten sich still. Sie verharrten mit den Rücken zur Wand und lauschten.
    Kein Wort sollte ihnen entgehen. Was sie zu hören bekamen, ließ ihnen die Haare zu Berge stehen…
    ***
    Percy Iron wußte nicht, ob er froh darüber sein sollte, daß er von seinen Besuchern verlassen worden war. Er blieb in seinem Büro zurück, das ihm so leer vorkam. Okay, es war nur bedingt sein Büro, er hatte sich hier nie richtig zu Hause gefühlt, aber jetzt war es schlimm geworden. Ihn umgab eine tiefe, einschneidende Ruhe, und sie kam ihm unnormal vor.
    Er dachte darüber nach, ob er alles richtig gemacht hatte. Wahrscheinlich hätte er die Firma ebenfalls verlassen sollen, das aber konnte er auch nicht übers Herz bringen. Er war es seinem verschwundenen Bruder schuldig, daß er sich so weit es ging um die Firma kümmerte und zunächst einmal die Unterlagen durchschaute. Hier lagen sie parat. Er brauchte sie nicht erst einzupacken und in sein Büro zu schaffen.
    Percy Iron hatte sich wieder gesetzt. Vor ihm lagen die Akten. Er brauchte nur weiterzumachen, das aber wollte ihm nicht gelingen. Er saß da und schaute auf die Tür, die nicht geschlossen war und halb offenstand. Eine Telefonanlage, über die sich keiner meldete. Er schien von der Außenwelt regelrecht abgeschnitten worden zu sein und fühlte sich sehr einsam.
    Nicht nur das.
    Es war auch etwas anderes. Mit der Einsamkeit wäre er schon zurechtgekommen, nicht aber mit seiner Angst.
    Er hatte das Foto und die Nachricht wieder eingesteckt, traute sich allerdings nicht, beide wieder hervorzuholen, um noch einmal den Text zu lesen.
    Iron konnte sich nicht vorstellen, daß Don in irgendwelche schmutzigen Geschäfte verwickelt worden war. Er hatte für ihn gearbeitet. Natürlich hatten sie was gedreht, das tat so gut wie jeder. Es kam beinahe einem Sport gleich, doch Verbindungen zu irgendwelchen Gangsterkreisen hatte Percy nicht aufdecken können. Sein Bruder hatte auch nie davon gesprochen oder etwas in dieser Richtung angedeutet. Nun war ihm das Bild mit der Urne geschickt worden, in der angeblich die Asche seines Bruders liegen sollte. War es ein Bluff oder entsprach es den Tatsachen? Er wußte es nicht, und er hatte sich darüber auch keinerlei Gedanken gemacht. Jetzt mußte er es.
    Er rauchte wenig. Nun brauchte er eine Zigarette. Aus der rechten Seitentasche holte er die Schachtel hervor. Dabei geriet ihm auch die Visitenkarte des Inspektors zwischen die Finger.
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