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104b - Die Braut der Bestie

104b - Die Braut der Bestie

Titel: 104b - Die Braut der Bestie
Autoren: Dämonenkiller
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Pranken verloren ihre häßliche Form und wurden zu kräftigen menschlichen Händen. Die Schuppen auf seinem Körper verschwanden. Er tastete nach seinem Gesicht, das eine menschliche Form angenommen hatte. Die dicken Augenwülste waren nicht mehr da, und er spürte das lange, dichte Haar zwischen seinen Fingern.
    Der Kokuo von Tokoyo hatte den Kopf wieder herumgedreht.
    Yoshitsune blickte in das feiste Gesicht mit den japanischen Zügen.
    „Ich werde dir niemals wieder dienen, Kokuo", flüsterte er. „Ich bin stark. Ich werde meine Gier besiegen, dann hast du keine Macht mehr über mich!"
    Ein Grinsen zog das feiste Gesicht in die Breite.
    „Warte, Yoshitsune", erwiderte der Kokuo, „bis du deinen Körper wieder richtig spürst, bis der Hunger dir die Eingeweide zu zerreißen droht."
    „Ich werde Tiere essen!" schrie Yoshitsune mit kräftiger Stimme. „Nie mehr werde ich einen Menschen töten!"
    Das Gesicht des Kokuo verschwamm im bläulichen Flammenkranz.
    „Ich werde Tomotada schicken, Yoshitsune", rief die verwehende Stimme. „Er wird dich holen und zu mir bringen."
    Sein Lachen hallte an Yoshitsunes Ohren.
    Er preßte die Hände gegen den Kopf, doch das Lachen war immer noch da. So kalt, grausam und schmerzhaft, daß er auf die Knie sank und zu schreien begann.

    Yoshitsune wußte nicht, wie lange er reglos am Boden gekniet hatte.
    Die Kälte brachte ihn wieder zu Bewußtsein. Sie kroch seine Glieder hoch. Er spürte seine Beine kaum mehr.
    Er öffnete die Augen und schloß sie sogleich wieder, weil das grelle Licht ihn blendete.
    Schnee, dachte er entsetzt. Er hat mich irgendwo im Schnee ausgesetzt!
    Er begann, mit zitternden Händen seine Beine zu massieren, in denen es sofort zu kribbeln begann. Dann erhob er sich. Er hatte die Lider zu schmalen Schlitzen geöffnet. Um ihn herum war nichts als grelles, schmerzendes Weiß.
    Ich muß mich bewegen, dachte er. Laufen. Irgendwo werde ich Nahrung finden.
    Er begann, durch den Schnee zu stapfen. Unaufhaltsam. In ihm wohnte eine unbändige Kraft, die durch das jahrhundertelang währende Gefängnis im Ewigen Eis nicht gelitten hatte.
    Bald spürten seine Füße die Kälte des Schnees nicht mehr. Das Blut floß heiß durch seine Adern. Das Herz schlug heftig. Nichts von den Torturen der Erinnerungen quälte ihn mehr.
    Ich bin frei! schrie es in ihm. Ich werde meine Gier besiegen und dem Kokuo von Tokoyo die Stirn bieten! Ich, Yoshitsune, bin stark! Stark wie früher, als meine Hände mit der Kraft der reinen Gedanken Steine zu spalten vermochten!
    Das Licht des Tages erstarb. Bunte Feuerbänder woben über den Himmel, wie sie Yoshitsune noch nie gesehen hatte. Unaufhaltsam ging er weiter durch die lange, nicht enden wollende Nacht.
    Er wußte nicht, wie lange er schon gegangen war, als er zum erstenmal das leichte Ziehen in seinen Eingeweiden verspürte. Sein Magen knurrte. Er ertappte sich dabei, wie er sich über die Lippen leckte.
    Du bist stark, Yoshitsune, beschwor er sich. Du wirst deiner Gier niemals mehr nachgeben. Bald wird der neue Tag anbrechen. Irgendwo gibt es Tiere, die ich erlegen kann. Er sah das Bild von Menschen vor sich, doch noch war sein Wille stark genug, die Bilder zu verwischen.
    Die Erinnerungen, die ihn Jahrhunderte gequält hatten, waren ausgelöscht. Nur noch das leere Gefühl in seinem Magen beherrschte seine Gedanken. Der Hunger wurde stärker und begann, in seinen Eingeweiden zu wühlen wie ein Tier mit scharfen Krallen.
    Kein Gedanke mehr an den Tod, den er sich selbst hatte geben wollen.
    Er schritt schneller aus.
    Ich will leben, dachte er. Ich brauche Nahrung.
    Über der endlosen weißen Fläche erschien im Südosten ein schmaler heller Streifen.
    Der neue Tag brach an.
    In Yoshitsune wuchs die Gier nach Nahrung.
    Ich werde Tiere erlegen, dachte er. Tiere, Tiere, Tiere.

    Mit donnernden Triebwerken hob der Jumbo-Jet JAL 2115 nach San Francisco von der Landebahn drei des internationalen Flughafens von Osaka ab. Die vierköpfige Cockpitcrew erledigte routinemäßig die letzten Handgriffe.
    Der Flugzeugingenieur Makoto Ichikawa führte die Anweisungen des Flugkapitäns Sumitomo Shoji aus und fuhr die Fahrwerke ein. Eine leichte Erschütterung ging durch den riesigen Rumpf des Jets, als sich die Klappen hinter den eingefahrenen Rädern schlossen.
    Neben dem Flugkapitän saß der Co-Pilot Toshio Okamoto.
    Okamoto dachte daran, daß in San Francisco eine Freundin auf ihn wartete. Er hoffte, daß es ein Routineflug wie immer werden
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