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1043 - Engelkinder

1043 - Engelkinder

Titel: 1043 - Engelkinder
Autoren: Jason Dark
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sich. Sie knickten ein. Das flache Wasser umspülte die Füße der Gestalten, die sich auf dem Trockenen weiterbewegten und sich dem Haus näherten.
    Das breite Fenster wirkte auf sie wie eine Bühne, die sie anzog wie Schauspieler.
    Beide Frauen konnten sie jetzt deutlicher erkennen. Sie trugen lange Gewänder, die bei jedem Schritt um ihre Körper schwangen. Männer und Frauen waren gleich gekleidet und gleich frisiert.
    Ihre Haare waren streng nach hinten gekämmt und lagen glatt auf ihren Köpfen. Die Gesichter sahen sehr hell aus, als hätte man sie geschminkt.
    Jane Collins zählte die Reihe durch so gut wie möglich. Sie kam auf etwa ein Dutzend dieser ungewöhnlichen Gestalten. Das Licht begleitete sie. Lange Kerzen wurden von ihnen gehalten. Damit der Wind die Flammen nicht ausblies, waren schützende Glaszylinder über die oberen Enden getaucht worden.
    Sie hatten den Garten erreicht. Gingen an den Bäumen vorbei und schafften es sogar, nicht von den Zweigen oder Ästen berührt zu werden. Unbeirrt setzten sie ihren Weg fort. Wenn sie die Richtung nicht änderten, würden sie direkt in die breite Scheibe des Wohnzimmers hineinlaufen. Jane traute ihnen mittlerweile alles zu.
    So weit gingen sie nicht. Vielleicht drei Meter vor der Scheibe bleiben sie stehen, ohne sich vom Fleck zu rühren. Ihre Hände umklammerten die langen, weißen Kerzen, und die Gesichter waren einzig und allein auf das Haus gerichtet.
    Hin und wieder huschten Schatten über ihre Körper hinweg, als wollten sie ihnen Leben einhauchen. Aber die Bleichheit blieb bestehen. Daran konnten auch die wechselnden Lichtverhältnisse nichts ändern.
    Sarah Goldwyn gab einen tiefen, hörbaren Atemzug von sich. »Was werden sie tun?«
    »Warten.«
    »Auf uns?«
    »Vielleicht.«
    »Und dann?«
    Jane hatte das Zittern in Sarahs Stimme nicht überhört. »Es würde mich nicht wundern, wenn sie bei uns das gleiche versuchen würden, wie mit den Wayne-Schwestern.«
    »Das heißt, sie treiben uns ins Wasser?«
    »Darauf könnte es hinauslaufen.« Sarah schüttelte den Kopf. »Nicht mit mir. Ich bin zwar alt, aber ich lasse mich nicht in den Selbstmord treiben, verstehst du?«
    »Sicher.«
    »Vielleicht sollten wir uns zurückziehen?«
    Bösartig, überlaut und schon mehr als schrill klang die Stimme des Telefons durch die Stille.
    Der dritte Anruf. Das wußten die beiden Frauen sofort. Demnach konnte sich der Unbekannte nicht unter den Gestalten dort draußen aufhalten, denn niemand sprach in ein Handy.
    »Willst du abheben, Jane?«
    »Nicht gern, aber ich muß. Das bin ich uns schuldig. Ich will wissen, wie es weitergeht.«
    Das Telefon hatte schon zum viertenmal geklingelt, als Jane endlich den Hörer in der Hand hielt.
    Auch jetzt kam sie nicht dazu, ein Wort zu sagen, weil der Anrufer schneller war. »Da bist du ja wieder, Lady. Diesmal zum drittenmal.«
    »Ich weiß. Was bedeutet das?«
    »Aller guten Dinge sind drei. Aber ich warne nicht dreimal. Jetzt sind sie da.«
    Jane hatte sich so gestellt, daß sie durch die Scheibe sehen konnte. »Ja, ich sehe Ihre komischen Gestalten sehr gut. Allerdings frage ich mich, was dieser Mummenschanz soll?«
    »Das ist kein Mummenschanz!« flüsterte der unbekannte Anrufer. »Alles hat seinen Sinn.«
    »Und welchen Sinn hat die Verkleidung in Weiß?«
    »Sie soll demonstrieren, daß die Engelkinder gekommen sind.«
    »Kinder der Engel?«
    »Ja.«
    »Dann sind ihre Eltern Engel?« fragte Jane leicht spöttisch.
    »Nein, Lady, Sie irren sich. Sie dürfen uns nie mit normalen irdischen Gesetzen messen. Haben Sie das verstanden? Hier bei uns gelten andere Gesetze, denn wir haben die Kraft der Engel, obwohl wir Menschen sind. Aber die Engel haben sich uns gnädig gezeigt. Sie haben sich uns eröffnet, wie es schon seit unzähligen Jahren geschrieben steht. Engel und Menschen sind zusammengekommen.«
    »Daraus sind die Engelkinder entstanden?«
    »Ja. Unsere Vorfahren haben sie als Götter verehrt, aber ich sage Engelkinder zu ihnen.«
    »Wer bist du?«
    »Ein Mächtiger.«
    »Der Vater aller Engelkinder?«
    »Vielleicht.«
    »Wir sind nicht gegangen.«
    »Ich weiß es. Es ist für euch schade oder auch nicht. Wie, man es sieht.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Wer nicht für uns ist, den werden wir wohl überzeugen müssen«, erklärte der Unbekannte, bevor er auflegte.
    Auch Jane ließ den Hörer sinken. Ihrem Gesicht war anzusehen, daß sie sich genau so schlau fühlte wie zuvor, aber die Spannung hatte sich
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