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1035 - Die Totenkammer

1035 - Die Totenkammer

Titel: 1035 - Die Totenkammer
Autoren: Jason Dark
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hatte die Tür wieder geschlossen und dachte darüber nach, daß der widerliche Gestank sicherlich nicht aus diesem Zimmer mit der vormals geschlossenen Tür gedrungen war. Uns würden noch andere Überraschungen bevorstehen.
    Suko hatte bereits die zweite Tür erreicht. Auch er drückte sie vorsichtig auf, sehr darauf bedacht, keinen Fehler zu begehen, um keine böse Überraschung zu erleben.
    Das passierte nicht. Die Tür schwang nach innen, uns griff niemand an und das Zimmer sah aus wie eine Bücherei. Um einen alten, abgestellten Schreibtisch herum stapelten sich die Bücher, die sogar wie Türme auf dem Boden standen. Im Zimmer roch es zwar auch. Allerdings nach altem Papier und nicht nach Verwesung.
    Trotzdem betrat Suko den Raum. Vielleicht dachte er daran, daß die Bücherhalden auch als Deckung oder Verstecke benutzt werden konnten, jedenfalls ging er auf Nummer Sicher. Von der offenen Tür her schaute ich seinem Treiben zu und sah schließlich, wie er die Schultern hob.
    »Dann bleibt uns noch eine Tür.«
    Ich nickte und drehte mich dabei.
    Es war nur ein Schritt bis zur Tür. Ich legte ihn zurück und blieb davor stehen.
    Ich strengte mein inneres Feeling an. Roch auch wie jemand, der versucht, die Quelle eines ausströmenden Gases wahrzunehmen.
    Tatsächlich, der Gestank war jetzt stärker.
    Suko stand neben mir. Gelassen zog er seine Beretta, als ich auf die Tür deutete.
    »Also dort?« wisperte er.
    »Ich denke schon.«
    »Dann gebe ich dir Rückendeckung.«
    Wohl war mir nicht, als ich die Hand auf die Klinke legte, sie nach unten drückte und dabei feststellte, daß sie ziemlich locker hing. Es überkam mich, und diesmal stieß ich die Tür mit einem heftigen Tritt nach innen.
    Sie flog zurück.
    Sie gab uns den Blick frei.
    Beide blieben wir noch dicht vor der Schwelle stehen.
    Wir schauten hinein in das Schlafzimmer. Das Mobiliar hatte schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Das nahmen wir wie nebenbei wahr. Auch die Fliegen, die summend nicht nur die Lampe umkreisten, sondern auch den Kopf einer braunhaarigen Frau, die im Schneidersitz auf dem Bett hockte und den Kopf gesenkt hielt.
    Zudem war ihr das Haar so weit ins Gesicht gefallen, daß wir davon nichts erkennen konnten. Im ersten Augenblick wirkte die Frau auf uns, als wäre sie mitten auf dem Bett sitzend eingeschlafen.
    Das war sie aber nicht, denn sie hob mit einer langsamen Bewegung den Kopf an.
    Das Haar rutschte dabei zur Seite. Der Blick auf ihr Gesicht war plötzlich frei.
    Und wir starrten in das schon halb verweste Antlitz einer lebenden Toten…
    ***
    Tristan Levine sprach nicht mehr. Er röchelte nur noch. Seinen Platz hatte er nicht verlassen. Er hatte in den letzten Minuten – oder waren es Stunden? – den gesamten Text gelesen. Wort für Wort. Buchstabe für Buchstabe. Er war jetzt erschöpft. Wie nach einem langen, mit Arbeit gespickten Tag.
    Er hatte alles gegeben. Nun war der Punkt erreicht, an dem er nicht mehr konnte. Die Erschöpfung trieb dunkle Schleier in ihm hoch, die vor seinen Augen tanzten. Er hatte das Gefühl für den festen Boden unter seinen Füßen verloren. Der Professor »schwamm« irgendwo herum. Seine Umgebung war die gleiche geblieben. Trotzdem hatte sie sich für ihn verändert. Er sah Dinge, die es nicht gab.
    Er hörte Stimmen und konnte keinen der Verursacher entdecken.
    Um ihn herum brauste es. Sein Kopf dröhnte. Die Augen hielt er weit geöffnet. Er starrte ins Leere. Trotzdem tanzten vor ihm höllische Gestalten, als hätten sie die Tiefe der Unterwelt verlassen. Sie waren nicht zu kontrollieren. Sie umwaberten ihn mit ihren gräßlichen Formen und den weit aufgerissenen Mäulern. Sie schnappten nach seinem Kopf, ohne ihn zu zerbeißen. Es war wie ein Pandämonium, das von dem Professor Besitz ergriffen hatte. Er hatte durch seine Beschwörungen das Tor zu einer finsteren Welt aufgestoßen, in der sich die zahlreichen Monstren jedoch zurückhielten, denn sie ließen den Professor am Leben.
    Die schrecklichen Laute nahmen an Stärke ab und tosten nicht mehr so wild durch sein Gehör. In den Tiefen der Verdammnis mußten sie ihren Ursprung gehabt haben und waren durch das Aussprechen der alten Formeln auf eine Reise geschickt worden.
    Levine kam wieder zu sich. Nicht sichtbare Hände – so kam es ihm vor – zerrten ihn aus einer gewissen Höhe wieder zurück in die Tiefe. Er bekam den normalen Kontakt mit dem Kellerboden, den er schon immer gehabt hatte, ihn jetzt allerdings wieder direkt
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