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1022 - Der Lockvogel

1022 - Der Lockvogel

Titel: 1022 - Der Lockvogel
Autoren: Jason Dark
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er hatte nicht gelacht.
    Und trotzdem hatte er das Lachen gehört.
    Kein normales Lachen. Mehr ein Krächzen. Oder wie bei einem Menschen, der seinen Spaß auf Kosten anderer haben wollte und sich deshalb auf diese Art und Weise meldete.
    Plötzlich hatte er seinen eigenen Zustand vergessen. Es gelang ihm sogar, über das Geräusch nachzudenken, das momentan nicht mehr zu hören war.
    Eingebildet hatte er es sich nicht. Es war da gewesen. Es hatte seine Ohren erreicht, aber in dieser verfluchten Finsternis war einfach nichts zu sehen.
    Eddie wartete noch.
    Er versuchte dabei, sich zu konzentrieren. Er hätte auch den Atem anhalten müssen, um dies normal durchzuführen, aber das schaffte er nicht, denn sein eigener Atem lenkte ihn ab.
    Wiederholte sich das Lachen?
    Nein, es wiederholte sich nicht. Dafür hörte er ein anderes Geräusch. Eine Stimme, die ihren Weg durch den Keller fand und nicht mehr war als ein Flüstern.
    Oder war es der Wind, der mit irgendwelchen Dingen spielte und sie so zusammenrascheln ließ, daß es ich anhörte, als hätte jemand etwas gesprochen.
    Eddie Sheen war durcheinander. Er kam damit nicht zurecht. Aber er wehrte sich auch nicht, sondern blieb auf dem harten und kalten Steinboden sitzen.
    Warten – abwarten…
    Tief atmete er durch. In seinem Kopf verteilten sich noch immer die Schmerzen, auch wenn er sie jetzt nicht mehr für so schlimm hielt wie noch vor Minuten. Hinzu kam der Druck im Magen, der ebenfalls nicht nachgelassen hatte.
    Sheen hatte sein Gefühl für Zeit verloren. Wie lange er hier hockte, konnte er nicht sagen. Es war einfach unmöglich. Minuten oder Stunden, was spielte das für eine Rolle?
    »He, du…«
    Da war es wieder. Kein Lachen. Das Geräusch. Die flüsternde Stimme. Kein Lachen mehr. Er war angesprochen worden.
    Plötzlich vergaß Eddie seinen Zustand. Jetzt wußte er mit Sicherheit, daß er sich in dieser stockfinsteren Umgebung nicht mehr allein aufhielt. Es gab Leidensgenossen, das war die eine Seite. Aber es konnten auch Feinde sein, so sah die andere Seite aus. Möglich war eben alles.
    Eddie Sheen gab keine Antwort. Er wollte erst einmal warten, ob sich der Sprecher wieder meldete. Das tat er, aber er redete Eddie nicht mehr an, sondern meldete sich auf eine andere Art und Weise.
    Eddie hörte ein bestimmtes Geräusch, das entsteht, wenn sich jemand über den Boden bewegt.
    Ein Schleifen oder Rascheln. Auch ein trockenes Husten war zu vernehmen, das Eddie zusammensacken ließ.
    »Bist du da, Bruder?«
    »Ja…«
    Der andere kicherte. »Das ist gut. Dann sind wir zu dritt. Vielleicht krepiert es sich zu dritt ja leichter…«
    »Wieso?«
    »Glaubst du denn, man läßt uns hier noch raus?«
    Erst jetzt wurde Eddie der Sinn dieser Worte richtig klar. Der Schreck umklammerte sein Herz wie eine Zange, und er hörte sich selbst leicht stöhnen.
    »Hast du es verstanden?«
    »Ja.«
    »Schiß, wie?«
    »Du nicht?«
    Der Mann rutschte näher. Eddie merkte es an dessen Geruch, dem er nicht entkommen konnte. Der andere roch säuerlich, nach Schweiß und auch Erbrochenem. Ein Geruch, der Eddie den Magen umdrehte. Er mußte sich schütteln und atmete zunächst nur durch die Nase ein.
    Dann wurde Eddie berührt. Eine Hand erwischte seinen Rücken und wanderte hoch bis zur Schultern, an der sich die Finger krümmten, um sich festzuhalten.
    Eddie Sheen bewegte sich nicht. Er wartete darauf, daß der andere etwas tat. Aber der sonderte nur seinen Geruch ab. Wer weiß, wie lange der Typ schon hier liegt, dachte Eddie.
    »He, wie heißt du?«
    »Eddie Sheen.«
    »Sehr schön. Dann weiß ich ja, wer noch mit mir krepiert.«
    »Wieso?« In Eddie wallte plötzlich wieder Energie auf.
    Der andere lachte trocken und krächzend. »Mal davon abgesehen, daß ich Glenn Simpson heiße, kann ich dir sagen, daß wir hier langsam vor die Hunde gehen. Da ist nämlich noch ein dritter. Er schläft fast nur noch, liegt wie im Koma.«
    »Und?«
    »Er ist länger hier als wir beide.«
    »Wie heißt er?«
    »Ich nenne ihn nur Buddy. Er hat mir seinen Namen nicht gesagt. Aber so leicht stirbt es sich nicht, kann ich dir sagen, Eddie.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe meine Erfahrungen.«
    »Wie lange bist du denn schon hier?«
    Glenn lachte wieder. »Das vergißt man. Hier gilt die Zeit nicht mehr, mein Junge. Hier gibt es nur die Dunkelheit. Wir sind zu Hunden geworden, Eddie. Man hat uns Wasser hiergelassen. Einen Trog voll Wasser. Da können wir hinkriechen und trinken. Aber es
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