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1020 - Das Viren-Experiment

Titel: 1020 - Das Viren-Experiment
Autoren: Unbekannt
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des Wandergebirges von Shonaar. Er hatte die Stelle am vergangenen Tag ausgesucht. Durch eine Schneise hatte man einen herrlichen Ausblick auf einen Teil von Shonaar, und wenn die Sonne schien, was für diesen Tag geplant war, blitzten die Kuppeldächer der Gebäude, und die Straßen schimmerten wie gläserne Schlangen. Es waren dieser Schimmer und die Lichtreflexe, die Gerlach in seinem Bild einfangen wollte, die Art, wie Sonnenlicht noch in künstlichen Gegenständen fortwirkte und alles durchdrang.
    Schon als er die kleine Lichtung betrat, sah Gerlach, daß hier etwas geschehen war. Die Umgebung sah so aus, als hätte ein heftiger Sturm gewütet, Bäume waren entwurzelt und umgeworfen, das Gras niedergemäht und Büsche regelrecht zerfetzt. In der vergangenen Nacht hatte jedoch nur leichter Wind geweht, so daß ein Unwetter als Auslöser dieser Zerstörung nicht in Frage kam.
    Entweder hatte sich hier ein fehlprogrammierter Roboter ausgetobt, oder Menschen hatten einen schönen Platz mutwillig verwüstet.
    Beide Erklärungen erschienen Gerlach, der jedes Jahr ein paar Mal nach Shonaar kam, unbefriedigend. Er stellte seine Staffelei ab und begann sich umzuschauen.
    Dabei entdeckte er den Bock oder vielmehr das, was noch von ihm übrig war.
    Gras und Büsche in der Umgebung waren blutverschmiert, und überall klebten Fellfetzen, sonst hätte Gerlach angenommen, das skelettierte Wild liege hier schon längere Zeit.
    Der Künstler betrachtete den Kadaver mit Abscheu und Entsetzen. Die Überreste des Bockes ließen unwillkürlich den Eindruck entstehen, Fell, Fleisch und Muskeln seien von dem Knochengerüst geradezu abgesaugt worden.
    Im Wandergebirge von Shonaar gab es alle möglichen Tiere, auch Räuber, aber selbst, wenn man unterstellte, daß ein paar wildernde Hunde hier ihr Unwesen trieben, konnte man damit nicht den Zustand des Bockes und schon gar nicht den der Lichtung erklären.
    Gerlach zweifelte nun nicht mehr daran, daß einer der Roboter, die für die Pflege des Abenteuerparks zuständig waren, durchgedreht hatte. Unwillkürlich schaute er sich um, denn wenn die Maschine erneut auftauchte, bedeutete sie auch eine Gefahr für ihn.
    Gerlach packte seine Staffelei und stapfte durch das Gras zum Waldweg zurück. Er ging bis zum nächsten Bildsprechanschluß an einer Wegkreuzung und stellte eine Verbindung zur Parkverwaltung dar. Zunächst meldete sich nur der Robotbeantworter, aber als Gerlach darauf bestand, mit einem zuständigen Beamten zu sprechen, erschien wenig später das Gesicht einer gelangweilt wirkenden Frau auf dem kleinen 3-D-Schirm.
    Gerlach sagte ihr, wer er war und wo er sich gerade befand.
    „Hast du alle Roboter im Einsatz?" fragte er dann.
    Die Frau runzelte die Stirn, es war ihr deutlich anzumerken, daß ihr diese Frage nichts sagte.
    „Ein Teil der Roboter ist immer unterwegs", antwortete sie schließlich. „Die anderen befinden sich in der Zentrale."
    Gerlach nickte.
    „Kannst du feststellen, ob sie sich alle unter eurer Kontrolle befinden?"
    „Was?" brummte die Frau unwillig.
    „Kann es nicht sein", fuhr Gerlach fort, „daß einer der Automaten sich selbständig gemacht hat?"
    Die Frau lachte rauh und wandte sich zu jemand um, den Gerlach nicht sehen konnte.
    „Da fragt einer nach, ob sich ein Robot selbständig gemacht hat!"
    Gerlach hörte ein Männerlachen.
    „Hör zu", sagte die Frau, wieder an den Maler gewandt. „Das sind einfache Arbeitsroboter, primitive Maschinen, wenn du das besser verstehst. Es kann nichts mit ihnen passieren.
    Gerlach hatte das Bild der verwüsteten Lichtung und des toten Bockes vor Augen. Er fröstelte in Erinnerung daran.
    Der Blick der Frau wurde durchdringend.
    „Was willst du überhaupt?" erkundigte sie sich.
    „Nichts", versicherte Gerlach und unterbrach die Verbindung.
    Mit einem Achselzucken wandte er sich ab. Im Grunde genommen ging ihn die ganze Sache nichts an. Er schulterte seine Ausrüstung und wanderte gemächlich auf einer Suche nach einem anderen Platz durch den Wald.
     
    *
     
    Die zentrale Parkverwaltung von Shonaar besaß zwei Flugmaschinen, einen Gleiter, mit dem regelmäßig Routineüberwachungsflüge unternommen wurden, und eine riesige flugfähige Löschanlage für den Fall eines Waldbrands.
    Drei Stunden nach Gerlachs Anruf in der Zentrale überquerte Fars Quinton, der Pilot, mit dem Gleiter die Grenze zwischen Winter- und Sommergebiet der Wanderberge. Auch für einen Mann, der den Anblick fast täglich erlebte, war der
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