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1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände

1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände

Titel: 1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände
Autoren: Jason Dark
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alles überragte. Eine Kraft, der die Menschen gehorchen mußten.
    Sie wartete, und sie lächelte.
    Hinter ihr lag das Grab. An dessen Ende wuchs die Mauer hoch, und danach fiel das Gelände leicht ab, denn dort befand sich der kleine Ort Pochavio mit seinen alten Steinhäusern, dem Marktplatz und dem Brunnen. An das dachte der Mann, und er dachte auch daran, daß er es kaum wiedersehen würde.
    Jessica wollte Rache, sie wollte seinen Tod, und sie würde beides bekommen. Er selbst sah keine Chance, diesem Grauen zu entgehen, und die Bewohner des Ortes würden zusehen, wie er starb.
    Wie er vor ihren Augen vernichtet wurde.
    Sie nickte ihm zu. Dann bewegte sie den Mund, und sie sprach so leise, daß nur Flavio etwas verstehen konnte. »Zwischen Himmel und Erde gibt es Dinge, die man normalerweise nicht begreift. Nur bestimmte Menschen sind dazu ausersehen, einen Blick in die Tiefen der Geheimnisse zu werfen. Ich gehöre dazu. Ich bin diejenige, die alles überblickt, und ich weiß, daß ich die Mühlsteine bewegen kann, die zwischen den Zeiten liegen, um dich zu vernichten.«
    Flavio die Mestre war froh, seine Sprache wiedergefunden zu haben. »Du willst mich töten?«
    »Ja.«
    Er war verunsichert. »Wie denn?«
    »Es ist ganz einfach. Ich werde dich mit meinen Händen töten, Flavio di Mestre. Ich werde dich ebenso durch meine Hände erwürgen, wie ich meinen Gatten getötet habe.«
    Di Mestre wünschte sich, sich verhört zu haben. Aber er wußte auch, daß dies nicht der Fall gewesen war. Jedes Wort hatte er verstanden, und er fragte sich, ob er dabei irre werden würde. Eine Person, der die Hände abgehackt worden waren, wollte ihn tatsächlich durch ihre Hände erwürgen.
    Da kam er nicht mit.
    Jessica mußte seine Gedanken erraten haben, denn sie fragte: »Du glaubst mir nicht?«
    »Weiß nicht…«
    »Denk an Romano.«
    »Er ist erwürgt worden.«
    »Eben. Und das bin ich gewesen. Ich habe ihn erwürgt, meine Hände haben dafür gesorgt.«
    »Aber sie sind…«, er stockte, »abgehackt worden. Sie sind verschwunden. Der Mund der Wahrheit…«
    »Genau das ist es!« unterbrach ihn Jessica mit zischender Stimme. »Der Mund der Wahrheit. Er ist mächtig, sehr mächtig sogar. Aber er ist noch mächtiger, als du es dir je hättest vorstellen können. Niemand kennt sein wahres Geheimnis, bis auf wenige Ausnahmen. Ich gehöre dazu, denn ich weiß, was mit ihm geschehen ist und unter welchem Einfluß er steht. Der Mund der Wahrheit ist in Wirklichkeit mächtiger als alles andere, das kann ich dir sagen.«
    Flavio war zu gestreßt, um die Worte zu begreifen. Er schaute sich um. Er suchte noch immer nach Hilfe, aber er wußte nicht, was er tun sollte. Niemand war da, der ihm hätte zur Seite stehen können.
    Aus dem offenen Grab schien ein eisiger Atem zu dringen, der sich auf sein Gesicht legte.
    Sollte dieses Grab nicht für Romano sein, sondern auch für ihn? Abwegig war dieser Gedanke nicht.
    Den großen Schock hatte er überwunden, und tief in seinem Innern baute sich eine Gegenreaktion auf. Plötzlich wollte er wieder leben. Der Wille war da, er brandete in ihm hoch, und er wußte auch, daß diese Person ihr Versprechen noch nicht eingelöst hatte. Zudem sah er auch keine Chance, daß es in den nächsten Sekunden erfolgen würde. Wie sollte sie ihn ohne Hände erwürgen?
    »Nein!« flüsterte er. »Nein, ich werde nicht sterben. Ich will nicht sterben. Nicht durch dich. Es wäre besser gewesen, wenn wir dir den Schädel abgehackt hätten.« Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Aber was nicht ist, das kann noch werden!«
    »Ach, was willst du denn tun?«
    »Das werde ich dir zeigen!« flüsterte er und trat dabei einen langen Schritt zur Seite.
    Jessica verfolgte ihn mit ihren Blicken und erkannte, wie sich die Hände des Mannes um den Griff des Spaten schlossen. Das Gerät steckte noch immer im Boden, und Flavio zögerte auch einen Moment, es hervorzuziehen. Eine Frau hörte er sprechen.
    »Er will sie töten!«
    »Soll er doch!« sagte ein Mann.
    Da riß Flavio di Mestre den Spaten aus dem Lehmhügel. Er stöhnte dabei auf, und sein Gesicht zeigte den Ausdruck wildester Entschlossenheit. In den Augen funkelte der grausame Wille, es zu tun. Sie hier zu töten, vor zahlreichen Zeugen.
    Flavio schwang den Spaten hoch.
    Ein wildes Lachen verließ seinen Mund, während Jessica nichts tat, bis auf ihr Lächeln.
    »Dreh dich um!« sagte sie.
    Ihre Stimme klang wie ein Befehl, und für Flavio war es eine Warnung und
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