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1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände

1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände

Titel: 1010 - Das Geheimnis der blutigen Hände
Autoren: Jason Dark
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Botschaft zugleich. Er wollte dieser Person nicht den Rücken zudrehen, so blieb es bei einer halben Drehung, aber auch die reichte ihm völlig aus.
    Sein Blick fiel gegen die Mauer - und gegen die beiden blutigen Hände, die über ihr schwebten.
    Jessicas Hände!
    ***
    Auf einmal vergaß er alles. Flavio schwebte im luftleeren Raum. Er kam mit nichts mehr zurecht.
    Dieser Anblick hatte ihn tief getroffen. Bisher waren die Worte der Frau nur mehr Versprechungen gewesen, das hatte sich jetzt geändert. Die Versprechungen hatten sich in Tatsachen verwandelt, und denen sah sich Flavio gegenüber.
    Wie die anderen Trauergäste reagierten, bekam er nicht mit. Für ihn hatte sich die Welt auf bestimmte Dinge reduziert, eben auf die Hände und auf Jessica.
    Sie lachte ihn leise an. »Na, siehst du jetzt, wie ich mein Versprechen halte?«
    Flavio konnte nicht reden. Er wollte es auch nicht, sondern einfach nur handeln.
    Als er sein eigenes Stöhnen hörte, da hatte er das Gefühl, daß sich ein Tier gemeldet hätte. Noch schwankte er. Wen sollte er zuerst angreifen, die Frau oder deren abgehackten Hände?
    Er entschied sich für Jessica.
    Mit einer heftigen Bewegung fuhr er herum. Seine Arme zuckten noch höher, und das blanke Spatenblatt machte die Bewegung mit. Er wollte es schräg in den Kopf der Frau hineinwuchten, um den Schädel zu teilen.
    Dann schrie er auf.
    Und er schlug dabei zu!
    Jessica bewegte sich nicht. Sie brauchte nicht zur Seite zu gleiten, denn sie hatte mächtige Helfer, die durch sie ferngelenkt wurden. Die Hände erreichte der Befehl, und sie reagierten innerhalb von Sekundenbruchteilen.
    Das Spatenblatt wischte nach unten, als wäre eine Guillotine durch die Luft gefegt - und stoppte plötzlich mitten in der Luft, ohne daß Jessica auch nur ein Haar gekrümmt worden wäre.
    Die Hände hatten eingegriffen.
    Kalte, blutbeschmierte Totenhände hielten die Unterarme des Mannes fest und stemmten sich gegen den Druck nach unten. Flavio schaffte es nicht, den Spaten auch nur einen Millimeter nach vorn zu bewegen, zu hart war der Widerstand.
    Jessica lächelte und nickte ihm zugleich zu. »Ich habe dir doch ein Versprechen gegeben, Flavio. Und genau das werde ich in die Tat umsetzen!«
    »Nein, du wirst gar nichts!« brach es aus ihm hervor, aber das hatte keinen Sinn mehr.
    Die andere Seite war stärker. Er bekam von den kalten Totenklauen Druck und wurde zurückgestoßen. Es gelang ihm nicht mehr, sich auf den Füßen zu halten. Die Welt um ihn herum drehte sich, und die Hände preßten ihn weiter nach hinten.
    Mit einem langen Schritt ging er nach hinten, und da rutschte er endgültig aus. Flavio landete auf dem Rücken, die Hände hielten ihn noch immer fest, als wollte sie ihn in die Erde hineinstopfen.
    Dann wurden seine Arme plötzlich zur Seite gerissen. Dabei raste das Spatenblatt schräg dem Boden entgegen, hieb hinein und blieb dort stecken. Er konnte es auch nicht mehr halten, nur bekam er mit, wie Jessica ihren Platz am Grab verließ und auf ihn zuging.
    Sie lächelte.
    Sie war froh.
    Sie nickte.
    Ein Zeichen für ihre Hände, die mit einem Schwung über seinen Körper hinwegglitten und sich gedankenschnell um seine Kehle legten…
    ***
    Wir waren sehr still geworden, und auch die Totenglocke hatte aufgehört zu schlagen. Nur der breiter gewordene Wildbach begleitete uns, als wir in den Ort hineinfuhren.
    Unter den Reifen des Audi war die Straße holprig geworden. Das alte Kopfsteinpflaster gab einen feuchten Glanz ab, und zwischen den Steinen hatte sich eine grüne Schicht gebildet.
    Pochavio war tatsächlich ein Ort, der sich nicht für einen Tourismus-Prospekt eignete. Hier gab es keine netten Alpenhäuser, keine bunten Frühlingsblumen in den breiten Kästen an Fenstern und Balkonen, hier war alles ursprünglich geblieben. Wie vor Jahrhunderten. Die hohen Berge, die das Tal umschlossen, schienen Pochavio von der Umwelt abgeschlossen zu haben.
    Als einzigen Segen der Zivilisation hatten die Häuser Strom bekommen. Große TV-Schüsseln sahen wir nicht auf den flachen Hausdächern, die mit zumeist kleinen, grauen Steinen gedeckt waren und nicht mit irgendwelchen Dachpfannen.
    Enge Gassen. Holzstapel unter schützenden Anbaudächern. Wir sahen hier und da eine Katze, auch Hunde entdeckten wir, aber keine Menschen, was schon seltsam war.
    Sheila, die sich auf dem Rücksitz unruhig bewegte, weil sie rechts und links schauen wollte, hatte die Stirn gerunzelt und sprach das aus, was wir alle dachten.
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