Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
101 - Schiffbrüchige des Universums

101 - Schiffbrüchige des Universums

Titel: 101 - Schiffbrüchige des Universums
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
wieder komplett in der Uniformhose verstaut hatte, wankte er schon durch das Unterholz dem Waldrand und dem Camp entgegen.
    Das Morgengrauen war weit genug fortgeschritten, um die Baumstämme am Waldrand voneinander unterscheiden zu können. Aber der Schemen, kaum einssechzig groß, der da so steif und unberührt vom Wind zwischen den Stämmen zweier Birken verharrte – war das nicht ein Mensch?
    Onopko blieb stehen, zog den Reißverschluss seiner Hose hoch, blinzelte durch das Halbdunkel zum Waldrand. Klar doch, ein Mensch! Eine Frau!
    »Saskia…!« Mit ausgebreiteten Armen stolperte er seiner Adjutantin entgegen. »Saskia, mein Täubchen…!« Er umarmte sie, presste sie an seine Brust. »Mir ist so schlecht, Saskia, so schlecht…« Seine Rechte tastete sich zu ihrem Gesäß hinunter.
    »Komm, mein Täubchen, tröste mich noch einmal…« Er schloss die Augen, knurrte behaglich… und dann ging alles sehr schnell.
    Seine Adjutantin rammte ihm das Knie dorthin, wo es selbst nach einer hochprozentigen Anästhesie, wie Onopko und seine Einheit sie bis vor anderthalb Stunden betrieben hatten, verdammt weh tat. Er riss die Augen auf, hörte es klatschen und sah Sterne. Frauenhände trafen sein feuchtes Gesicht in rascher Folge.
    Als die Sterne erloschen und die Schläge endlich ausblieben, sah er das Gesicht der Frau und begriff seinen Fehler zumindest ansatzweise: Es war gar nicht das Gesicht seiner Adjutantin Lieutenant Saskia Zewlakov, das da vor ihm glühte.
    Die kleine Frau stemmte die Fäuste in die Hüften und begann fürchterlich zu schreien. Nicht aus Angst, Panik oder Entsetzen, leider nicht. Sie schrie vor Wut, und zwar so laut, dass der Major deutlich sah, wie das Felsmassiv über dem Pass zusammenzuckte.
    Es waren hinreichend verständliche Sätze, die ihm da entgegen schlugen, auch wenn Onopko Mühe hatte, sie zu begreifen.
    »Das derzeit sensibelste Kommando der Bunkerliga übergeben wir Ihnen, und Sie haben nichts Besseres zu tun, als sämtliche Alkoholvorräte des Passlagers zu vertilgen…!«
    Leo Onopko hielt sich die brennenden Wangen und die schmerzenden Eier, duckte sich unter dem Stakkato der hämmernden Stimme, und ganz allmählich dämmerte ihm das ganze Ausmaß seines Fehlers.
    Die kleine Frau, die da vor ihm geiferte, ihre Fäuste schüttelte und auf den Boden stampfte, dass die Brüste unter ihrer Uniformbluse auf und ab wippten, war nicht irgendeine Vorgesetzte, o nein – es war Natalja Sem, die Zweite Subkommissarin seiner Heimatbasis, der Bunkerstadt Großer Peter.
    Feierabend. Er war erledigt.
    Ihre letzten Worte gellten ihm noch Stunden später in den Ohren, kurz bevor er starb: »… Sie sind die längste Zeit Kommandant des Unternehmens Ostwall gewesen, Major Onopko! Mit sofortiger Wirkung enthebe ich Sie Ihres Kommandos und sämtlicher Offiziersränge!« Ihre langen Fingernägel schlugen in seinen Schultern ein, er hörte Stoff reißen, sah, wie seine noch fast neuen Majorsabzeichen ins Unterholz segelten. Ihre Rechte fuhr zu seiner Hüfte, packte seinen Fauststrahler und rammte ihm dessen Mündung in den Bauch.
    Nach rechts und links verschoss sie giftige Blicke. Dort standen plötzlich Männer und Frauen, die nicht zu Leos Kommando gehörten. »Nehmt ihn fest! In zwei Stunden gibt es hier ein Schnellgericht ! Und lasst mir die ganze besoffene Bande antreten…!« Tautropfen glänzten auf der filigranen Tätowierung ihrer Schädelhaut.
    Wie betäubt ließ Onopko sich Fesseln anlegen. Hatte denn irgendjemand den Besuch der Zweiten Subkommissarin angekündigt? Oder hatte ihn jemand verheimlicht? Gab es unter seinen Kommunikationsleuten womöglich einen, der gegen ihn intrigierte? Und wieso Schnellgericht? Wegen ein bisschen Schnaps? Hatte die Welt sich wirklich so verändert, seit dieser Matthew Drax im Großen Peter aufgetaucht war und von ominösen Feinden am Kratersee geschwafelt hatte?
    Sie stießen ihn zu einem AMOT – zu einem autarken, multipel einsetzbaren Operations-Tank. Vor ein paar Minuten, als er in den Wald gegangen war, hatten die beiden Panzer ganz bestimmt noch nicht hier am Ausgang des schmalen Passes gestanden.
    Am Bug des AMOTs, unter der offenen Schleuse, drückten sie ihn ins Gestrüpp und fesselten ihn an den Kettenschuh des Fahrzeugs. Der war noch heiß, so heiß, dass Onopko aufschrie, als sein Unterarm die Kette berührte.
    Über ihm, im offenen Schott, schlug Metall gegen Metall.
    Trotz stechender Schmerzen hob der Major den Kopf. Ein Gestell aus Metall,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher