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1006 - Das Palladium

1006 - Das Palladium

Titel: 1006 - Das Palladium
Autoren: Jason Dark
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Entfernung ließen sie keinen Durchblick mehr zu.
    Das hatte sich verändert. Mikail kannte das Innere der Kapelle. Er wußte auch, daß dort zahlreiche Kerzen standen, die hin und wieder angezündet wurden. John Sinclair hatte dies getan, und das war auch seine Arbeit gewesen.
    Nie wäre Mikail der Gedanke gekommen, das schwere Tuch vom Heiligtum wegzuziehen, um einen Blick auf die Lade zu werfen. Davor hatte er zuviel Angst und auch Respekt. Es wäre für ihn ein schrecklicher Frevel gewesen, hätte er seiner Neugierde freie Bahn gelassen. Er war nur glücklich gewesen, sich in der Nähe der Lade aufhalten zu dürfen, denn nur wenige waren auserwählt.
    Aber würde nach John Sinclairs Besuch wirklich alles so bleiben, oder würde es zu Veränderungen kommen?
    Er wußte es nicht. Er konnte nicht mal raten, und er wußte auch nicht, ob John es schaffte, die Kapelle lebend wieder zu verlassen.
    Die Lade war gefährlich. Mikail glaubte daran, daß die alten Schriften nicht gelogen hatten. Das war kein Spielzeug, kein Spaß. Sie bargen möglicherweise ein schreckliches Geheimnis, das in uralter Zeit sogar Kriege entschieden hatte.
    Jemand löst sich aus der Gruppe der Templer und kam auf Mikail zu. Es war Hagir, der Mörder. Er blieb neben Mikail stehen, der diesen Mann keines Blickes würdigte.
    »Was denkst du?« fragte Hagir.
    »Sollte ich denn denken?«
    »Ja, jeder Mensch denkt.«
    »Vielleicht.«
    Hagir lachte leise. »Ich kann mir schon vorstellen, was du denkst, Mikail. Du wünscht uns alle zum Teufel, hinein in das heißeste Höllenfeuer, nicht wahr?«
    »Gibt es denn das Höllenfeuer?«
    »Ich weiß es nicht. Ich war noch nicht dort. Aber ich kann dir versprechen, daß du, falls es das Feuer gibt, noch vor mir darin verbrennst.«
    Mikail schüttelte den Kopf. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Hagir. Ich werde dir nicht gefährlich werden können. Außerdem läßt du dich von deinen Freunden beschützen.«
    »Ja, das stimmt. Sie halten zu mir. Denn sie wissen, was sie an mir haben.«
    »Was denn?«
    »Macht, Erfolg, Reichtum!« Jedes Wort hatte er abgehackt ausgesprochen. Er war von sich und seiner Sache überzeugt.
    Mikail warf ihm einen schrägen Blick zu. »Ihr habt vor, die Regierung zu stürzen, nicht wahr?«
    »Daran denken wir tatsächlich.«
    »Wird es dem Volk bessergehen, wenn ihr eine fundamentalistische Ordnung errichtet?«
    »Das weiß ich nicht. Wir werden es schon regeln.« Er streckte seinen rechten Arm aus und deutete auf die Kapelle. »Und zwar mit ihrer Hilfe, Mikail. Mit der Hilfe der Lade. Sie wird unsere Macht bestätigen. Die Menschen hier glauben noch an sie. Sie wird mächtiger sein, als der Kaiser je gewesen war, und sie wird auch mächtiger sein als die Patriarchen der Kirche. In ihrem Sinne werden wir das Land regieren.«
    Mikail nickte nachdenklich, bevorer fragte: »Denkst du dabei auch an die Gefahren?«
    »Was könnte uns denn gefährlich werden?«
    »Die Lade selbst. Du kennst die alten Schriften, die über das Volk der Juden berichten? Wenn ja, dann weißt du auch, welche Angst Moses durchlitten hat, als er sich allein auf den Berg Sinai begab, um die Gesetze Jahwes zu hören. Die Lade hat nicht nur Glück gebracht, denn du mußt dich auch daran erinnern, daß Moses beabsichtigte, sie zu zerstören, weil sein Volk plötzlich die anderen Götter anbetete, unter anderem auch Baal.«
    »Ja, das ist wahr, Mikail. Ich brauche keine Belehrung. Uns aber geht es weniger um Moses als um Lalibela. Denke an seine Zeit, die nicht so lange zurückliegt. Er hat die Lade beschützt. Er hat sie verteidigt, und unsere Vorfahren haben ihm dabei geholfen. Wir entstammen einem alten Templer-Geschlecht, und die Templer haben sich damals auf die Seite des Königs gestellt. Sie blieben im Land, und sie vermischten sich mit Juden und Christen.«
    »Ich kann trotzdem nicht auf deiner Seite stehen«, sagte Mikail, »denn alte Zeiten sollten wirklich begraben und vergessen sein. Es ist nicht gut, wenn sie zurückkehren, denn alte Zeiten beinhalten auch alte Grausamkeiten.«
    Hagir faßte ihn an. Er grub seine Hand in die Schulter des Hüters.
    »Du redest zwar wie ein Prophet, aber denke immer daran, daß du keiner bist. Niemand kann uns stoppen. Wir haben uns einmal entschlossen und werden die Kräfte der Lade nutzen.«
    »Ja!« flüsterte Mikail in das Dunkel hinein. »Aber laß mir trotzdem meine Meinung.«
    »Dagegen haben wir nichts. Vorausgesetzt, du erhebst dich nicht gegen uns, wie es
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