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100 Tage Sex

Titel: 100 Tage Sex
Autoren: Douglas Brown
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Anrichte, warf ihre Stoffserviette durch die Gegend, rannte in die Küche
und dann um den Esstisch herum, bis sie sich schließlich auf die Couch warf, sich zusammenrollte und brüllte. Annie musste mir helfen, sie zu bändigen, während ich Gingers grapefruitgroßen Hintern wickelte. In Sekundenschnelle war ihr Pyjamaoberteil tränennass. Rache!! Ihr hättet nie wegfahren dürfen! Joni, die schon in ihren Schlafanzug geschlüpft war, starrte ihre vorübergehend durchgedrehte Schwester an. Und grinste.
    Spätestens jetzt war klar, dass ich übernehmen musste. Schon bald nach Gingers Geburt taufte Annie mich den »Ginger-Flüsterer«, weil manchmal nur ich es schaffte, sie zu beruhigen. Tatsächlich gehörte ein Gutteil Flüstern zu meiner Methode - und Puppentheater. Dann schlüpfte meine rechte Hand in Fuchsi den Fuchs und die linke in Philipp das Stinktier, und die beiden ergötzten meine Kleine mit ihren Kapriolen. Ich schreckte auch nicht davor zurück, meine Hand in eine gruselige Spinne zu verwandeln, die langsam über Gingers Bauch krabbelte. Ja, manchmal sang ich sogar Gutenachtlieder (Entschuldigung, Leute!).
    Nach einer Viertelstunde Ginger-Flüstern war die Welt wieder in Ordnung, und eine weitere Dreiviertelstunde später schliefen die beiden (hoffentlich) hinter den geschlossenen Türen ihrer Mädchenzimmer.
    In jener Nacht gab’s keinen Sex, keine Nummer sieben, um das Wochenende abzurunden. Selbst wenn meine Mutter nicht nebenan untergebracht gewesen wäre, hätte ich wohl kaum etwas zustande gekriegt.
    »Ich träume davon, einfach im Bett zu liegen und gar nichts zu tun«, seufzte Annie. »Oder einen Film anzusehen. Ein Film wäre nett.«

    Wir alle, Annie, meine Mutter und ich, setzten uns aufs Bett und sahen uns einen Woody-Allen-Film an. (Unser einziger Fernseher stand im Schlafzimmer.) Plötzlich schienen hundert Tage Sex eine überwältigende, geradezu übermenschliche Aufgabe. Denn wir würden die Zeit ja nicht allein in trauter Zweisamkeit in einer idyllischen Blockhütte verbringen, sondern daheim, von Kindern belästigt (natürlich auch belustigt, gewärmt und beseelt), von Menschen umgeben, vom Job gestresst und in den Alltag verwickelt: ein schier unmögliches Unterfangen.
     
    Am nächsten Tag flog meine Mutter nach Philadelphia zurück, und wir versuchten, unser »Training« die ganze Woche lang fortzusetzen. Wir schafften es, aber leicht fiel es uns nicht, auch wenn der tägliche Sex uns in Entzücken versetzte. Der Wohnbereich im Erdgeschoss besteht aus einem einzigen Raum, alles geht ineinander über: Wohnzimmer, Familienzimmer, Esszimmer, Küche, Annies Büro, Diele. Kaum ist man durch die Eingangstür, überblickt man mit einem Blick alles. Im Obergeschoss hatten wir drei kleine Schlafzimmer. Im nicht ausgebauten Keller stapelten sich die Kartons mit dem Zeug, das noch vom Umzug aus Baltimore unausgepackt geblieben war. Unser Vorgarten war so breit wie eine Auffahrt und so lang wie ein Postlaster.
    Man konnte sich kaum rühren, ohne mit einem anderen Familienmitglied zusammenzustoßen. Ein einziges Spielzeug auf dem Boden ließ den ganzen Wohnbereich unordentlich aussehen. Im endlosen Wirbel von Arbeit, Schule, Nachmittags-Unternehmungen der Kinder, Mahlzeiten und all den anderen Dingen, die ein Familienleben ausmachen,
taumelten manche Tage außer Kontrolle. Dann erhöhte die Enge im Haus die Spannungen noch mehr. Entsprechend schwer fiel uns die abendliche Verwandlung von Mum und Dad zu Annie und Doug, dem Liebespaar.
    Vor fast zwei Jahren hatten wir unser Haus in Baltimore verkauft und waren in dieses Mietshaus gezogen. Als ich meinen Job bei der Denver Post antrat, kannten wir die Gegend überhaupt nicht. Weitläufige Bekannte hatten uns geraten, etwas in Stapleton zu suchen, einem neuen Stadtviertel, das auf dem Gelände des ehemaligen internationalen Flughafens entstand. Die Siedlung beruhte auf den Prinzipien des New Urbanism, was bedeutete, dass die Häuser vorne Veranden hatten, Garagen und Zubringerstraßen lagen hinter den Häusern, es gab Gehsteige und öffentliche Plätze im ganzen Siedlungsgebiet.
    Das klang großartig, und die Schulen schienen akzeptabel, was für uns, die wir aus Baltimore kamen, eine neue Erfahrung war. Und so zogen wir aus unserem bröckligen Ziegelkasten in Baltimore in ein brandneues Haus im Stile eines hundert Jahre alten Bauernhauses.
    Aber zufrieden waren wir nicht.
    Ein paarmal hatten wir schon die Anzahlung für ein neues Haus geleistet, und
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