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100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder

Titel: 100 - Die gelbe Villa der Selbstmoerder
Autoren: Hugh Walker
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Fußmarsch das Haus von der anderen Seite des Tales erreichen.“
    „Werden sie das nicht erwarten?“ wandte er ein.
    „Möglich. Was schlägst du vor?“
    „Daß wir ein paar Tage warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist“, meinte er. „Das Haus läuft nicht weg. Und diese Anna Bergen auch nicht, wenn sie wirklich darin herumspukt.“
    Ich nickte nachdenklich. „Hoffentlich täuschen wir uns nicht. Ich habe das Gefühl, die Leute haben Angst vor dem Haus. Sie könnten auf die Idee kommen, es niederzubrennen. Aber du hast recht. Es ist besser, wenn wir warten. Dann kommen wir vorbereitet wieder. Klara und Kurt werden dabei sein.“
    „Ist es nicht zu gefährlich für Klara?“
    Ich zuckte die Achseln. „Schon möglich. Aber ich bin ziemlich sicher, daß ich sie brauchen werde.“
    Wir erreichten die Bundesstraße. Der Bus von Plangau kam gerade in Sicht.
    „Fahr langsam“, sagte ich.
    „Wäre ein Zufall“, stellte er fest.
    Der Bus überholte uns und hielt ein Stück vor uns. Ein Mädchen stieg aus. Sie war etwa zehn, und sie ging auf den Fußweg zu, der ins Tal führte. Willie fuhr scharf an. Wir überquerten die Straße und erreichten das Mädchen bevor es zwischen den Bäumen verschwand.
    Ich kurbelte das Fenster herab.
    „Julia?“ rief ich. Sie drehte sich sofort um und sah uns ein wenig ängstlich an.
    „Julia Bergen?“ fragte ich sie.
    Sie nickte zögernd und kam ein paar Schritte zurück. „Wer sind Sie? Reporter?“
    „Nein.“
    „Es waren einige hier“, fuhr sie fort. „Sie glaubten mir nicht.“
    „Wir sind keine Reporter“, beruhigte ich sie. „Wir sind hier, weil wir mit deiner Mutter sprechen wollen, aber man hat uns nicht in das Haus gelassen.“
    Das wirkte beinahe schockartig. Das Mädchen sah uns mit weit geöffneten Augen an. „Mit Mama reden?“ stieß sie hervor. „Ist sie nicht tot?“
    „Doch Julia. Sie ist tot. Aber manchmal gibt es eine Möglichkeit, mit den Toten zu reden. Wir brauchen deine Hilfe dazu. Willst du uns helfen?“
    „Nein!“ Sie schüttelte den Kopf in wilder Abwehr. Furcht war in ihren Augen. Sie wandte sich ab und lief den Weg hinab, was die Beine hergaben.
    „Mit Kindern hast du nicht viel Erfahrung“, schalt mich Willie.
    Ich gab ihm keine Antwort.
    „Das hätte mancher Erwachsene auch nicht verkraftet“, meinte er.
    „Ja, natürlich“, sagte ich verärgert. „Ich hatte eine andere Reaktion erwartet.“
    „Welche?“ Sarkastisch fügte er hinzu: „Eine freudige?“
    „Sei nicht albern. Immerhin war sie die einzige, die die Erscheinung ihrer Mutter beobachtet hatte.“
    „Sie könnte uns eine Menge Fragen beantworten, wenn du die Sache ein bißchen subtiler angefaßt hättest.“
    „Genug gejammert“, schnitt ich ihm das Wort ab. „Es spielt keine Rolle, daß sie davongelaufen ist. Sobald sie ihre Angst überwunden hat, wird ihr klar, daß wir ihre Geschichte glauben, daß wir ihre Verbündeten sind. Wenn wir wiederkommen, wird sie bereits für uns sein. Jetzt können wir ohnehin nichts tun. Möglicherweise würde es sogar auffallen, wenn sie sich verspätete. Fahren wir, bevor ich in Versuchung komme, doch noch heute in dieses Haus einzubrechen.“
    Die Schlüssel in meiner Hand waren wirklich eine Verlockung.
     

     
    In den folgenden beiden Tagen versuchte ich mehr über den Ort selbst zu erfahren. Dazu fuhr ich nach Plangau. Von den Ämtern war zunächst nichts Ungewöhnliches zu erfahren. Für Details empfahl man mir, mich zur Gehrdorfer Gemeinde zu bemühen. Interessant erschien mir auch, warum Julia Bergen nach Plangau in die Schule fuhr, obwohl Gehrdorf eine eigene Grundschule hatte. Immerhin erfuhr ich, daß Julia und ihre Mutter bis vor dreieinhalb Jahren in Plangau gelebt hatten. Sie führten den Namen Fehrer. Blieb noch zu klären, ob der Erhängte Paul Fehrer der Bruder Annas war, oder ihr früherer Mann. Als sie dann Christian Bergen heiratete, waren sie wohl nach Gehrdorf gezogen. Zwanzig Kilometer – kein umwälzender Umzug. Und doch, wenn man die freundliche Atmosphäre Plangaus mit der düsteren Abgeschiedenheit verglich!
    Dann suchte ich die Redaktion der Plangauer Zeitung auf. Ich wollte mit dem Reporter sprechen, von dem der Bericht über das Bergenhaus stammte. Ein gewisser Franz Schwaber, Kulturredakteur, Anfang Dreißig, ein hagerer Typ, empfing mich höchst erfreut, als er erfuhr, was ich wollte.
    „Sie interessieren sich für die Gehrdorf-Geschichte? Herein mit Ihnen, wer immer Sie sind!“
    Er
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