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10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)

Titel: 10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
Autoren: George R. R. Martin
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blindes Pferd gegeben?«, fragte Jon.
    »Nur halb blind, M’lord«, erwiderte Mully. »Ansonsten ist es gesund.« Er tätschelte dem Pferd den Hals.
    »Das Pferd ist vielleicht halb blind, aber ich nicht«, sagte Val. »Ich weiß, wohin ich muss.«
    »Mylady, Ihr müsst das nicht tun. Das Risiko …«
    »… liegt bei mir, Lord Snow. Ich bin keine Lady aus dem Süden, sondern eine Frau aus dem Freien Volk. Deshalb kenne ich den Wald besser als all Eure Grenzer in ihren schwarzen Mänteln. Für mich gibt es dort keine Geister.«
    Hoffentlich nicht. Jon zählte darauf, und er vertraute darauf, dass Val dort Erfolg haben würde, wo der Schwarze Hans Bulwer und seine Gefährten gescheitert waren. Und sie musste auch das Freie Volk nicht fürchten, so hoffte er … doch sie beide wussten, dass in diesen Wäldern nicht nur die Wildlinge lauerten. »Habt Ihr genug Vorräte?«
    »Hartes Brot, harten Käse, Haferkuchen, gesalzenen Dorsch, gesalzenes Rind, gesalzenen Hammel und einen Schlauch mit süßem Wein, der mir das ganze Salz aus dem Mund spülen wird. Ich werde nicht verhungern.«
    »Dann ist es Zeit, dass Ihr aufbrecht.«
    »Ihr habt mein Wort, Lord Snow. Ich kehre zurück, mit Tormund oder ohne ihn.« Val schaute zum Himmel. Es war Halbmond. »Haltet am ersten Tag des Vollmonds Ausschau nach mir.«
    »Das werde ich.« Lasst mich nicht im Stich, dachte er, sonst wird Stannis sich meinen Kopf holen. » Habe ich Euer Wort, dass Ihr unsere Prinzessin in der Nähe behaltet?«, hatte der König gefragt, und Jon hatte es ihm versprochen. Aber Val ist keine Prinzessin. Ich habe es ihm hundertmal gesagt. Das war nur eine schwache Ausrede, ein trauriger Lappen, mit dem er sein gebrochenes Wort verbunden hatte. Sein Vater hätte dem niemals zugestimmt. Ich bin der Schild, der die Reiche der Menschen schützt, rief sich Jon in Erinnerung, und letzten Endes muss das mehr Wert haben als die Ehre eines Mannes.
    Die Straße unter der Mauer war so dunkel und kalt wie der Bauch eines Eisdrachens, und sie wand sich in Kurven wie eine Schlange. Der Schwermütige Edd führte sie mit einer Fackel in der Hand hindurch. Mully hatte die Schlüssel für die drei Tore, wo Stangen aus schwarzem Eisen, dick wie der Arm eines Mannes, den Durchgang versperrten. Die Speerträger an jedem Tor neigten den Kopf vor Jon Snow, starrten Val und ihr Pferd jedoch unverhohlen an.
    Als sie nördlich der Mauer durch eine dicke Tür aus frischgeschlagenem grünem Holz ins Freie traten, hielt die Wildlingsprinzessin einen Moment lang inne und ließ den Blick über das schneebedeckte Feld schweifen, auf dem König Stannis seine Schlacht gewonnen hatte. Jenseits davon wartete düster und schweigend der Verfluchte Wald. Im Schein des Halbmondes glänzte Vals honigblondes Haar silbern, und ihre Wangen wirkten weiß wie Schnee. Sie holte tief Luft. »Die Luft schmeckt süß.«
    »Meine Zunge ist zu taub, um das zu erkennen. Ich schmecke nur die Kälte.«
    »Kälte?« Val lachte geringschätzig. »Nein. Wenn es kalt ist, schmerzt das Atmen. Wenn die Anderen kommen …«
    Der Gedanke daran war beunruhigend. Sechs der Grenzer, die Jon ausgeschickt hatte, wurden noch vermisst. Es ist zu früh. Sie kommen sicher noch zurück. Doch eine andere Stimme in ihm beharrte: Sie sind tot, jeder Einzelne. Du hast sie zum Sterben hinausgeschickt, und das Gleiche machst du mit Val. » Teilt Tormund mit, was ich Euch gesagt habe.«
    »Er wird Euren Worten vielleicht nicht zustimmen, aber er wird sie anhören.« Val küsste ihn leicht auf die Wange. »Vielen Dank, Lord Snow. Für das halb blinde Pferd, den gesalzenen Dorsch und die freie Luft. Für die Hoffnung.«
    Ihr Atem vermischte sich zu weißem Dunst. Jon Snow zog sich zurück. »Was ich als Dank möchte, ist allein …«
    »… Tormund Riesentod. Ja.« Val setzte sich die Kapuze ihres Bärenfells auf. Der braune Pelz war mit grauen Sprenkeln überzogen. »Eine Frage noch, bevor ich gehe. Habt Ihr Jarl getötet, Mylord?«
    »Die Mauer hat Jarl getötet.«
    »Das habe ich auch gehört. Aber ich musste sicher sein.«
    »Ihr habt mein Wort. Ich habe ihn nicht getötet.« Obwohl ich es möglicherweise getan hätte, wenn alles anders verlaufen wäre.
    » Dann sagen wir einander also Lebewohl«, meinte sie beinahe ausgelassen.
    Jon Snow war nicht in der rechten Stimmung. Es ist zu kalt und zu dunkel für Ausgelassenheit und überhaupt viel zu spät. » Nur für eine Weile. Ihr werdet zurückkehren. Des Jungen wegen, wenn schon aus
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