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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe
Autoren: Petra van Laak
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zufrieden mit ihrer Geschäftsidee und lernte eine Menge über Ein- und Ausnahmen und war berühmt für ihre Kulanz. (Wenn ein Lutscher in den Dreck gefallen war, ersetzte sie ihn großzügig.)
    Till hatte weniger Glück mit seiner Ferienunterbringung. Er meldete sich für einen Survival-Workshop an, den eine Jugendeinrichtung im Rahmen des Kinder-Ferienpasses (eine segensreiche Einrichtung) anbot. Dort war er mit neun Jahren umringt von sechsjährigen Knäblein, die, wie er sich ausdrückte, »schon beim Feuermachen Schiss hatten«. Er war kreuzunglücklich, und ich erwirkte bei der Leitung von Millies Hort, dass Till als Gemeindehelfer in der Stadt der Kinder vorübergehend tätig sein durfte. Er fegte die Wege, trocknete Kindertränen, half die Kaninchen füttern und war bei Reparaturen in der »Autowerkstatt« behilflich.
    Frieda nahm an einem Kunst-Workshop teil, der sie zwei Wochen lang intensiv in Anspruch nahm, hinzu kam glücklicherweise auch eine gute Mittagsverpflegung – das hieß eine Brotdose weniger packen am frühen Morgen –, aber auch, mehr Geld für ihr Ferienprogramm zu bezahlen.
    Jonas zeigte mit seinen dreizehn Jahren eines der typischen pubertären Symptome: Er hatte es verpasst, sich rechtzeitig für einen Workshop oder Ähnliches anzumelden. Er wolle einfach so zu Hause abhängen, meinte er.
    »Nix da, kommt überhaupt nicht in Frage, Jonas!«
    Die Zeit drängte, in zwei Tagen musste ich einen großen Auftrag erledigen und wollte alle vier Kinder gut versorgt wissen.
    »Oh, Mama, von meinen Freunden ist keiner da. Und ich kann mich zu Hause gut alleine beschäftigen.«
    Von wegen. Mittlerweile gab es einen Fernseher in unserem Haushalt und einen Rechner für die Kinder. Ich konnte mir die Art seiner Beschäftigung sehr gut ausmalen.
    »Nein, Jonas, du hast versprochen, dich um einen Workshop zu bemühen. Jetzt sieh zu, wo du unterkommst. Mach dich irgendwo nützlich!«
    Am späteren Nachmittag wurde ich durch die hellhörige Wand des Kinderzimmers Zeugin eines Telefonats zwischen Jonas und einer Person, die mir unbekannt war.
    »Ähm, hallo, ich bin Jonas. Ich muss für zwei Wochen was finden.«
    …
    »Äh, ja, ich soll mich beschäftigen, sagt meine Mutter. Die muss arbeiten.«
    …
    »Jaaa, ich habe verpasst, mich anzumelden bei der Jugendfreizeit. Äh, jetzt soll ich mich nützlich machen, sagt meine Mutter. Kann ich bei Ihnen was machen?«
    …
    »Ja, also, ich bin Junghelfer beim THW. Technisches Hilfswerk. Ich kann gut mit Werkzeugen umgehen.«
    …
    »Echt? Oh, toll. Wann denn?«
    …
    »Okay, ich komm dann morgen. Äh, danke noch mal.«
    Jonas kam aus seinem Zimmer geschlendert, Hände lässig in den Hosentaschen, aber seine Stimmbruch-Stimme überschlug sich vor Aufregung.
    »Mama, ich hab was Tolles. Im Jugendclub am Quelltor brauchen sie jemanden, der mithilft, einen Kletterpark aufzubauen. Morgen soll ich da anfangen. Weißt du, wo meine Arbeitsschuhe mit den Stahlkappen sind? Ich brauche Opas Werkzeugkoffer. Mann, ich muss noch alles mit meinem Namen markieren. Hast du einen Edding?«
    Es wäre einfacher gewesen, Jonas zu Hause abhängen zu lassen. Es wäre billiger gewesen, Frieda den Kunstkurs nicht zu erlauben. Es wäre zeitsparender gewesen, Till bei den Baby-Pfadfindern zu lassen. Was tut man nicht alles …
    Das Schöne war und ist, dass ich meinen Einsatz immer direkt oder ein wenig später zurückbekomme. Es war selbstverständlich, dass die Großen auf die Kleinen aufpassten. Frieda begleitete Millie jahrelang auf ihrem Schulweg. Das sichere Unterwegssein im Straßenverkehr hat die Jüngste von ihrer großen Schwester gelernt. Jonas half Till bei den Hausaufgaben, Frieda wachte über die ersten Schreibschriftübungen von Millie. Gab es eine komplizierte Frage zu mathematischen oder physikalischen Themen, war Jonas für alle zur Stelle. Jonas reparierte alle Fahrräder, Frieda nähte Knöpfe an für alle. Ich sah großzügig über die Tatsache hinweg, dass man dies als geschlechtsspezifische Erziehung hätte labeln können. Mussten Referate gehalten werden, so waren die Geschwister füreinander die ersten, kritischen Zuhörer. (Das setzt sich fort: Heute lernen Jonas und Frieda gemeinsam für ihre Leistungskurse.)
    Aufgrund von morgendlichem Zeitmangel überließ ich eines Tages das Schreiben von Briefen, Mitteilungen, Entschuldigungen an die Lehrer den Kindern. Die Kinder formulierten alles nach Gutdünken selbst, ich warf einen kurzen Blick darauf und musste nur
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