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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe
Autoren: Petra van Laak
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Unterhaltsvorschuss, ja? Und immer der Ärger mit dem Jugendamt? Kenn ich. Also da schaun wir mal, was wir da für einen Beitrag nehmen.«
    Sie wühlte in Unterlagen, aber es schien mir, als bevorzuge sie eine individuell gestrickte, unbürokratische Lösung.
    Ich wartete geduldig, schaute mir die Wände an, Pappwände, bezogen mit einer Art Rauhfaser, die sich wellte. Darauf waren lauter mit Wachsmalkreiden gemalte Bilder gepinnt, »Jessica für Frau Dom« stand da drauf, oder »von Mandy zum Geburtstag«, dazu ganz viele Herzen, weiter unten ein Phantasieauto mit der Aufschrift »das neue Hortauto für Frau Dom von Basti«.
    »Macht vier Euro achtzig.«
    Frau Dom schaute von ihren Papieren auf. Ich rechnete schnell aus: Vier Euro achtzig pro Kind und Tag bei etwa zwanzig Tagen im Monat macht rund zweihundert Euro. Das würde ich nicht schaffen. Vielleicht meinte sie ja pro Kind und Woche? Macht rund vierzig Euro. Das ginge vielleicht. Ich muss zu lange mit meiner Reaktion gewartet haben, denn Frau Dom seufzte schließlich:
    »Na ja, so einer jungen Mutti muss man doch helfen. Das macht vier Euro achtzig für beede im Monat.«
    Als es Herbst wurde, zeigte sich, dass es durchaus Gelegenheiten gab, sich für den Sondertarif erkenntlich zu zeigen. Subotnik war angesagt, will heißen: Freiwilligeneinsatz am Wochenende zum Laubharken auf dem Hortgelände. Pro Kind war ein Jahreskontingent von fünfzehn Arbeitsstunden abzuarbeiten. Die anderen Eltern hatten in der Regel nur ein einziges Kind im Hort und waren zwei Elternteile. Hinzu kamen oft noch die Großeltern. Das bedeutete, dass diese zu vier Erwachsenen anrückten und das Jahressoll an einem einzigen Nachmittag erfüllt hatten. (Kinder durften mithelfen, ihre Arbeitszeit zählte aber nicht.) Mein Soll belief sich auf dreißig Stunden wegen der beiden Kinder, dazu kein Mann, keine Großeltern. Das würde ich auf acht bis zehn Tage über das Jahr verteilen müssen, um es zu schaffen.
    Ich hatte den ersten Nachmittag Laubharken hinter mir und saß verfroren bei einer Tasse Tee am Küchentisch und haderte mit meinem Schicksal. Die lauten, fröhlichen Stimmen der Eltern, Großeltern, Verwandten und Kinder hatte ich noch genau im Ohr.
    Ich fühlte mich allein, meine eigene Familie war weit weg. Die Krankheit meines Vaters war weit fortgeschritten, die früheren wöchentlichen Unterstützungstelefonate galten nun nicht mehr mir, sondern gingen in umgekehrter Richtung von meinen Geschwistern und mir zu meinen Eltern.
    Ich hatte ein wenig wehmütig beobachtet, wie gut vernetzt in unserem neuen Kiez alle waren. Familien, Freundeskreise, alle schienen füreinander da zu sein, so dass selbst das obligatorische Laubharken auf dem Kitagelände oder andere Arbeitseinsätze zur ausgelassenen Party gerieten.
    Irgendwie sah ich es nicht ein.
    »Alle mal herkommen!«, rief ich durch die Wohnung und trappel, trappel kamen die Kinder angelaufen, Jonas noch mit seinem Freund Maik im Schlepptau, ein netter Junge, der quasi über Nacht um dreißig Zentimeter in die Höhe geschossen war, seine Stimme war im gleichen Tempo in die Tiefe gewandert.
    »Leute, so geht es nicht weiter. Ich habe Schwielen an den Händen vom Laubharken. Morgen gehen wir alle zusammen hin und erledigen unser Jahrespensum.«
    Alle waren sofort einverstanden. Till entgegnete zaghaft, dass die Kinder-Arbeitsstunden nicht gezählt würden. »Till, hier sind nicht nur Kinder, hier sind zwei Männer dabei.« Jonas und Maik nickten huldvoll.
    Am Sonntag zogen wir zu acht auf das Hortgelände. Die vier Kinder, Maik und zwei weitere Freunde von Jonas, und ich. Frau Dom erklärte ich, dass zwei Kinder bzw. Jugendliche wie ein Erwachsener zählen würden, wir seien also zu dreieinhalb Personen da. Sie lachte und war einverstanden. Wir schafften an diesem windigen Herbsttag die Hälfte des Jahrespensums.
    Der nächste Einsatz war auf dem Sommerfest, Jonas betreute mit Till das Bobbycar-Rennen, meine Töchter bedienten am Kuchenstand, und ich war für den Abwasch zuständig. Wenn Erwachsene die Kinder aufforderten, doch endlich spielen zu gehen, sagten sie nur: »Nein, wir müssen erst unsere Stunden abarbeiten. Mama schafft das nicht alleine.«
    In der ganzen Zeit als Alleinerziehende habe ich viel aus eigener Kraft geschafft, aber ohne meine Kinder stünde ich niemals da, wo ich jetzt stehe. Den mutigen Schritt, als Einzelunternehmerin in einer anderen Stadt anzufangen, habe ich nur gewagt, weil alle vier Kinder hinter meinem
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