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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe
Autoren: Petra van Laak
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Musik? Drei Zimmer. Zwei Mädels haben Sie, neun und elf, sagten Sie? Na, das wird aber Zickenkrieg geben, die beiden in einem Zimmer. Hehe. Nun ja, Sie müssen es ja wissen. Jetzt kommt ein schönes Stück, hören Sie mal, eine Live-Aufnahme.«
    Beim Stichwort Zickenkrieg blieb mein Blick an der musealen Vitrine hinter ihm hängen. Darin befanden sich lauter reich verzierte, alte Waffen. Bedrohlich sah das nicht aus, eher wie die vernachlässigte Ecke in einem Herrenzimmer, Abteilung Leben zur Zeit der Gutsherren in einem norddeutschen Dorfmuseum.
    Herr Winschewsky hörte mit dem Kugelschreiberdrehen auf, legte das Schreibgerät zur Seite, ich sah das edle Logo, ein weißer Stern auf schwarzem Grund.
    »18. und 19. Jahrhundert. Ich sammle schon seit fünfzehn Jahren. Ich hab so meine Leidenschaften, hehe.« Er lachte zufrieden und wies mit seinen flinken Äuglein auf die Wand hinter mir und damit auf seine nächste Leidenschaft hin. Ich drehte mich artig um. Ein großformatiger Kalender hing zwischen dunklen Stores aus schwerem Stoff. Das aktuelle Kalenderblatt zeigte eine junge nackte Frau, ästhetisch fotografiert, schwarz-weiß, deren Rundungen mit weißem Sand bedeckt waren, denn sie räkelte sich an einem dieser Traumstrände, wo Fotoshootings für Maxim, Playboy oder andere Herrenmagazine stattzufinden pflegen.
    »Äh, ja, schön, ja«, stammelte ich verlegen. Ich wusste nicht, wohin ich schauen sollte: Waffen, nackte Frau oder haarige Unterarme. Ich wühlte in meiner Handtasche und tat so, als suchte ich etwas.
    »Dann wollen wir mal. Hier ist der Vertrag. Tragen Sie Ihre beiden Töchter hier unten ein. Wenn sich was bei Ihnen verändert, Freund will einziehen, hehe, oder so, dann sagen Sie mir Bescheid, dann finden wir was Größeres für Sie. Hab genug Objekte. Na dann leben Sie sich mal gut ein. Mittwochs kommt der Hausmeister. Der sieht alles. Ist mein IM, hehe. Immer schön sauber bleiben.«
    Er drohte mir schelmisch mit dem Finger, ich unterschrieb und wollte schnell wieder weg. Mit dem Hausmeister hatte ich nicht gerechnet. Was sollte ich mit Jonas und Till machen? Verstecken? Plötzliche Adoption? Schwester gestorben, Neffen geerbt?
    »Das Lied ist auch schön, mein Lieblingssong. Auf Wiedersehen, na, da hat se jetzt aber ne Spitzen-Wohnung, die junge Mutti.«
    Begleitet vom schmalzig-triefenden Schlagergesang verließ ich das Büro und rief mir die »Spitzen-Wohnung« ins Gedächtnis: ein satter Quadratmeterpreis, der einen nassen Keller, eine klappernde Duschkabine (keine Badewanne, keine Spülmaschine, Herr Winschewsky nannte es »entlastenden Komfort«) und einen abgelaufenen Nadelfilz mit einschloss. Nun gut. Ich hatte jetzt andere Sorgen.
    Ich sah zu, dass der Umzug nicht auf den Hausmeister-Mittwoch fiel. Till und Millie brachte ich am Umzugstag bei Freunden unter. Ich weiß ja, wie neugierig Nachbarn sein können, wenn ein Möbelwagen anrollt.
    Es waren nicht viele Sachen, die von der Pritsche des kleinen LKW geladen werden mussten. Es waren vier Matratzen dabei, nicht mehr die neuesten. Außerdem fünf Stühle mit abgeblätterter grüner Farbe, die wir vor einigen Wochen in einem Abrisshaus gefunden hatten. Drei sich durchbiegende alte Regale und ein paar Kisten ergänzten das Ensemble. Auch ein grünes Sofa war dabei, das bessere Tage gesehen hatte, der Bezug war verschlissen, jedoch waren die Sitzkissen mit Federkern ausgestattet. Das war sehr wichtig, denn auf diesem Sofa schlief ich. Nein, es war kein Schlafsofa, sondern ein altmodisches Ding, das ein flaches Viertelrund machte, so dass ich stets mit gebogenem Rücken in embryonaler Haltung darauf schlafen musste. Zudem war die Sitzfläche nach hinten leicht abgesenkt, und damit ich nachts nicht immer an die Rückwand kullerte, musste ich die hinteren, kürzeren Beine des Sofas abends durch jeweils einen passenden Bücherstapel in der Höhe ausgleichen. Was haben Jonas und ich abends gelacht und geflucht – er hob das schwere Sofa an, ich schob flink einen kleinen Bücherstapel unter das Bein. Manchmal ließ er zu früh los, oder meine Stapel waren nicht exakt gleich hoch, und das Ungetüm sank langsam und würdevoll wieder ab. Meine erste Matratze leistete ich mir erst nach vier Jahren – und hatte dabei dennoch ein schlechtes Gewissen.
    Zum Umzugsgut gehörten außerdem noch einige alte, aber stabile Bretter und Balken. Wir hatten sie von einem älteren Ehepaar von gegenüber geschenkt bekommen, und irgendwann hoffte ich, daraus
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