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098 - Horrortrip ins Tal der Toten

098 - Horrortrip ins Tal der Toten

Titel: 098 - Horrortrip ins Tal der Toten
Autoren: Jens Orlik
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Noch eine halbe Stunde, schätzte er, über die Geröllhalde bergan, dann über die Straße, und er würde dort sein.
    Zügig stieg er hinauf. An den Schultern hatten die Rucksackriemen seine Haut aufgescheuert, sogar durchs Hemd. Er trug keine Kopfbedeckung. Aber gebräunt war er trotz der Hochgebirgssonne nicht. Er wurde höchstens krebsrot, dann pellte sich die Haut, wie es bei Weißblonden mit schwacher Pigmentierung so oft der Fall ist.
    Die Straße. Er sah noch, wie ein Citroen hinter der Kehre verschwand – mit einem Pärchen als Insassen. Wollten die auch nach Laydell?
    Er folgte der Straße, fand den Einschnitt im Fels, das Tor zur Abgeschiedenheit, wie es ihm vorkam.
    Als er das Tal betrat, spürte er die Stille, als stünde die Zeit still.
    Genau das, was er suchte. Er sah sich um. Als er von der Straße abwich, schmatzte der Sumpf unter ihm. Er sah eine Schlange. Armlang und dunkel gemustert, sonnte sie sich auf einer Felsplatte.
    Zondern ging weiter. Nicht überall war der Boden sumpfig. Der Friedhof verlockte ihn. Ein Zubringerweg – fast zu schmal für den Leichenwagen – falls es hier so was gab, führte von der Straße zum schmiedeeisernen Portal. Splitt war aufgeschüttet und knirschte unter den Schuhen.
    Er trat in den Schatten eines Baumes. Der Geruch war unangenehm. Als verwese die Erde. Frische Gräber. Er zählte. Zwölf. Locker steckte auf einem das Holzkreuz, offenbar noch provisorisch. Das Grab lag im Winkel am Zaun, als hätte man den Toten absichtlich abgesondert.
    Der Name war eingeschnitzt: Jonas Korniff.
    Geboren am 4.10.1936, gestorben vor zwei Wochen.
    Eigene Schuld, dachte Zondern, zuckte mit den Achseln, spuckte aus und wandte sich wieder der Straße zu.
     

     

Der Schein trog. Schloß Laydell war bewohnt.
    Henry steckte zwei Finger in den Mund und pfiff.
    Mit Verspätung kam Erdmann von Laydell. Seine Mannschaft brachte er mit: zwei grinsende Köche, von denen einer taub war, und drei Zimmermädchen, die er im Dorf angeheuert hatte.
    Mit geöffnetem Mund starrten sie Madeleine an. Soviel Schönheit sahen die Mädchen offensichtlich zum ersten Mal. Zwei waren dralle Geschwister.
    Henry bemerkte den Schmutz unter ihren Fingernägeln, hielt sich aber zurück. Er wollte nicht gleich eine Szene machen.
    „Pünktlich!“ sagte Erdmann. „Willkommen!“ Er strahlte Madeleine an. „Sind Sie Gast, Mademoiselle?“
    „Meine Kollegin.“ Henry machte sie miteinander bekannt.
    Erdmann hielt Madeleines Hand wie eine Kostbarkeit fest. Als es peinlich wurde, befreite sie sich, mußte aber Kraft dafür aufwenden.
    Henry sagte nichts. Aber das Grübchen in seinem Kinn lief rot an.
    „In einer Stunde etwa sind die Schauspieler hier“, erklärte er.
    „Der Bus kommt gegen sieben. Achtunddreißig Gäste. Die vier Schauspieler, der Maskenbildner, Mademoiselle Patou und ich. Macht 45 Betten, davon 12 Einzelzimmer. Alles gerichtet?“
    „Freilich. Meinen Scheck haben Sie mit?“
    Henry nickte. In dieser kargen Bergwelt wirkte der Schloßherr noch deplazierter als in der Stadt.
    „Wo kann ich den Wagen parken?“
    Es gab Stallungen, eine Remise.
    Henry ließ sich die Zimmer zeigen.
    Komfort wurde klein geschrieben, aber die Atmosphäre war einmalig: meterdicke Wände. Waffen, Rüstungen, Gänge und Säle voller Bilder, aus denen die Laydells vergangener Jahrhunderte herabblickten. Die Gesichter wechselten zwischen List und Grausamkeit. Bis ins 15. Jahrhundert reichte die Galerie zurück.
    „Es gab noch ältere“, sagte Erdmann. „Aber die habe ich verkauft.“
    „Zerbrachen Sie damit nicht eine schöne Tradition?“ fragte Madeleine.
    „Ich brauchte Geld. Und verloren gehen die Bilder nicht. Einige hängen in Schweizer Museen, andere in Österreich und Mailand. Mein Gott, nächstes Jahr besuchen Reisende aus aller Welt hoffentlich die Diskothek in meiner Vogtei. Ist geplant. Und im Rittersaal werden dann die neuesten Poster aufgehängt.“
    „Würde ich nicht tun“, sagte Henry. „Damit zerstören Sie Ihr Kapital. Hier will man in einer Burg wohnen. Zurückversetzt werden ins düstere Mittelalter. Wenn sich unsere HORROR-TOURS einspielen, wird Laydell berühmt.“
    Henry und Madeleine erhielten nebeneinanderliegende Zimmer im Ritterhaus. Der jungen Frau schauderte.
    Die Fenster mit den Butzenscheiben ließen nicht viel Licht ein. Sie wiesen zum Haupthof. In vielen Räumen war der Anstrich so alt, als hätte man ihm Denkmalschutz gewährt. Schilder in den Versandhausschränken
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