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0979 - Der Totenhügel

0979 - Der Totenhügel

Titel: 0979 - Der Totenhügel
Autoren: Jason Dark
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Waldes immer näher heranrückte. Hier durchbrach keine Straße das Gelände. Es gab nur schmale Pfade. Da auch sie wenig benutzt wurden, wuchsen sie immer wieder zu.
    Das Kind lief in einem schrägen Winkel auf den Wald zu. Dunkles Unterholz machte es nahezu unmöglich, einen Blick hineinzuwerfen. Der Wald war ein schweigender Geselle, und auch die Tiere hielten sich versteckt.
    Der leichte Dunst war geblieben. Er hatte nicht zugenommen. Wie eine riesige dünne Fahne schwebte er in der Luft und ließ sie feucht erscheinen.
    Lilian fürchtete sich normalerweise nicht davor, abends am Wald entlangzuspazieren. Zu dieser Stunde allerdings hatte sie schon ein komisches Gefühl überkommen. Sie merkte auch, wie sie an den Händen schwitzte. Da wurden die Flächen feucht, und ihre Fingernägel gruben sich leicht in das Fleisch der Ballen.
    Sie schaute nach links. Der Wald schwieg. Er war jetzt nahe an sie herangerückt. Hier wuchs das Gras auch höher. Es war feuchter geworden, der Boden weicher.
    Der Wald roch auch. Ein feuchter Geruch strömte ihr entgegen. Als wären die Bäume, die Gräser, das Laub und die Pilze dabei, allen Atem auszublasen, den sie tagsüber eingesammelt hatten, um frei für die Nacht zu sein, wo sich die Natur wieder erholte.
    Das war diesmal auch anders. Lilian schüttelte sich, als sie das Geräusch hörte. Der Wald keuchte!
    Irgendwo am Rand, versteckt im dichten Unterholz, war dieses Geräusch zu vernehmen. Es klang in der Stille nicht nur sehr laut, sondern auch furchtbar. Lilian wusste nicht, was sie damit anfangen sollte. Am liebsten wäre sie weggerannt, aber sie blieb stehen, während sie den fremden Geräuschen lauschte, die aus der Erde zu kommen schienen.
    Über ihren Rücken rann etwas Kaltes. Eine Eisperle, dann noch eine, aber Lilian lief nicht weg.
    Sie schaute hin.
    Was sie beobachten wollte, wusste sie selbst nicht. Das Unterholz hatte ein regelrechtes Gitter gebildet, und in die Lücken hinein hatten sich noch Gras und Farne gedrängt, so dass eine Sicht so gut wie unmöglich war.
    Welches Tier lauerte dort?
    Sie wartete weiter. Suchte nach einer Bewegung. Nach einem schnellen Huschen, nach einem kalt glänzenden Augenpaar, aber das bekam sie nicht zu Gesicht.
    Und doch war dort etwas…
    Das Keuchen klang abgehackter und veränderte sich in ein leises Knurren. Ein böses Geräusch, und das Kind streckte seinen linken Arm mit der Puppe vor, als könnte Oscar dieses Geräusch abwehren.
    In der Tat ging es zurück. Wenig später umgab wieder die abendliche Stille das Kind.
    Lilian atmete tief durch. Sie hörte zwar nichts mehr, aber so ganz war ihre Angst nicht verschwunden.
    Sie wollte nicht zum Haus zurückgehen, sondern ihren Weg fortsetzen, denn der geheimnisvolle Hügel lockte sie doch sehr.
    Noch einmal hörte sie das Geräusch. So laut wie nie zuvor. Sie schrak zusammen. Der kleine Körper verkrampfte sich. Aus dem Mund drang ein leiser Schrei, und vor ihr zitterte der Waldrand. Im Gebüsch bewegte sich etwas. Lilian sah aber nichts Genaues. Nur einen Schatten. Er huschte weiter, und auf dem Boden raschelte und knackte etwas. Dann war es wieder ruhig.
    Auch Lilians Herzschlag normalisierte sich. Ihre Puppe hielt sie fester umklammert, als wäre es Oscar, der ihr in dieser Lage eine Hilfe sein konnte. Mit der rechten Hand streichelte sie über Oscars Gesicht, als wollte sie sich bei ihm bedanken. Dann atmete sie noch einmal tief durch und setzte ihren Weg fort. Die Gänsehaut war noch längst nicht aus ihrem Gesicht gewichen.
    Es war ein sehr stiller Abend. Auch aus der kleinen Stadt selbst hörte sie so gut wie keine Geräusche.
    Der Autoverkehr lief an der anderen Seite entlang. Das Haus ihrer Tante befand sich in einem Refugium der Stille, die auch den Wald und den Hügel einschloss. Bis zum heutigen Abend jedenfalls. Das Keuchen oder heftige Atmen hatte sie schon gestört, und Lilian musste immer wieder darüber nachdenken. Sie drehte sich auch häufiger um, weil sie nach irgendwelchen Verfolgern Ausschau halten wollte, aber da war nichts zu sehen.
    Endlich lag der Wald hinter ihr. Und vor ihr ragte der Hügel empor. Er wuchs wie eine große Beule auf dem Boden, war oben recht flach. Es gab keine Steine, die ein Hindernis gebildet hätten. Nur Gras und Unkraut, das auf den Flanken wuchs.
    Sie atmete tief durch. Hier war die Luft wieder anders als in der Nähe des Waldes. Nicht mehr so feucht, auch würziger und angenehmer, durchweht vom Duft wilder Sommerblumen.
    Das Kind
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