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097 - Leichenvögel

097 - Leichenvögel

Titel: 097 - Leichenvögel
Autoren: Larry Brent
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mir: behalte ihn
gleich da.«
    »Behalte
– ihn – gleich da?« wiederholte Twister stockend.
    »Ja.
Für Rha-Ta-N’my und für mich.«
    Die
Alte war wahnsinnig. Sie faselte da irgendeinen Blödsinn zusammen, der hinten
und vorn nicht paßte.
    »Rha-Ta-N’my!«
Wie das schon klang. Er konnte sich darunter nichts vorstellen.
    Vielleicht
nannte sie ihre Schwester so, und es war so eine Art Kosename?
    Er
ertappte sich dabei, daß er anfing, sich belanglose Gedanken zu machen. Viel
wichtiger war doch die Feststellung, daß Mrs. Mallory zu einer unmöglichen Zeit
auf einem alten Friedhof auftauchte. Und noch viel bemerkenswerter war die
Tatsache, daß sie die Leiche Ganders nicht erschreckte.
    Es
war für sie so, als ob da ein Stein zu ihren Füßen läge und nicht ein Mensch,
der auf rätselhafte Weise ums Leben gekommen war.
    Das
überheblich wissende Lächeln wich nicht von ihren runzligen Lippen. »Ich habe
mir gedacht, ich könnte es noch einmal wagen. Einmal war es mir schon
gelungen.«
    »Was
war Ihnen schon einmal gelungen?«
    »Eine
Leiche in Erde beizusetzen, die Rha-Ta-N’my geweiht war. Sie erhörte mich
einmal und machte George zu einem großen Vogel. Er war mein erstes Versuchsobjekt.
Aber man muß vorsichtig sein mit schwarzmagischen Kunststückchen. Zu leicht
kann man die Kontrolle verlieren und wird dann selbst zu einer Verlorenen. Man
muß es nur richtig machen, den Zeitpunkt abwarten, die Dinge genau bedenken.
Sieben Tage muß das Opfer, das zuvor auf dem Tanzplatz des Satans der
Dämonengöttin vorgestellt wurde, in vorbereiteter Erde liegen. Bevor der
siebente Tag herum ist, muß die Leiche aus der Erde geholt werden. Durch den,
der dieses Opfer bringen will – oder durch den Diener, den er bereits
geschaffen hat. Mit Krötenblut und saurer Ziegenmilch wird das Opfer behandelt,
damit es zu einem Vogel wird.«
    Ich
glaub, ich hab einen Vogel! sagte er sich. Soviel Unsinn auf einmal hab ich
noch nie gehört. Die Alte spinnt!
    »Heute
ist der siebente Tag. Mein Freund, der Vogel, hat die Vorarbeit geleistet. Aber
Sie haben ihn dabei gestört. Das wird Sie teuer zu stehen kommen, Mister
Twister.«
    Sie
drohte ihm.
    Ohne
ihn zu beachten, ging sie direkt auf die Leiche zu. Erst jetzt sah Twister, daß
sie etwas unter ihrem Gewand trug.
    In
der einen Hand hielt sie ein irdenes Gefäß, das offensichtlich von plumper Hand
bemalt worden war, in der anderen ein schmales hohes Glas, das mit einem
Schraubdeckel verschlossen war.
    So,
als gäbe es Twister nicht, begann sie mit ihrer Arbeit. Twister fragte sich, ob
er dies wirklich alles erlebte.
    Ensebeth
Mallory ging neben dem toten Gander in die Hocke, stellte ihre Behälter in die
aufgeworfene Erde und fuhr mit ihren Händen über die Leiche, um die gröbsten
Erdklumpen zu beseitigen.
    Jonathan
Twister sah ihr wie hypnotisiert zu.
    Ensebeth
Mallory griff nach dem schmalen Glas und träufelte zuerst ein paar Tropfen auf
die Stirn des Toten, dann versprengte sie die Flüssigkeit über den ganzen
Körper und flüsterte dazu geheimnisvolle Worte, die Twister in seinem ganzen
Leben noch nicht gehört hatte.
    Sie
leerte das Glas bis auf den letzten Tropfen. Dann folgte das Gefäß, in der eine
übelriechende dunkle Flüssigkeit aufbewahrt wurde.
    Krötenblut?
    Es
war dick und ölig. Der leblose Körper nahm die Flüssigkeit ohne Rückstand auf,
als wäre er völlig ausgetrocknet.
    Zehn
Minuten waren vergangen. Zwischen der alten Ensebeth Mallory und dem Inspektor
war kein Wort gewechselt worden.
    Twister
kam auch nicht dazu, das Gespräch wieder in Gang zu bringen und weitere Fragen
zu stellen, die ihm doch nur ausweichend oder halb beantwortet worden wären.
    Was
er sah, erfüllte ihn mit Grausen. Er fing ernsthaft an, an seinem Verstand zu
zweifeln.
    Narrte
ihn ein Spuk? Spielten ihm seine Sinne einen Streich?
    Mit
der Leiche vollzog sich eine Wandlung.
    Ein
dunkelroter Nebel, in dem vereinzelt grünliche Lichter aufleuchteten, hüllte
die Gestalt am Boden ein.
    Ensebeth
Mallory bewegte sich nicht, und auch Jonathan Twister stand da wie zur
Salzsäule erstarrt.
    David
Ganders Arme wurden zu Flügeln, sein Schädel verformte sich zu einem typischen
Vogelkopf. Die Geburt eines neuen, unfaßbaren und unwirklichen Lebens war in
allen Phasen mitzuverfolgen.
    Aus
dem Nebel wurde ein langer, gekrümmter Schnabel. Der Körper war noch unförmig
wie ein Brei, der brodelte und wuchs, an dem Ausbuchtungen und Beulen
entstanden.
    Dann
richtete sich der große Vogel auf.
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