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097 - Leichenvögel

097 - Leichenvögel

Titel: 097 - Leichenvögel
Autoren: Larry Brent
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vom Schlage Ivanhoes durch die Lande ritten,
als es noch keine Autos, noch keine Flugzeuge gab.
    Tonklin
lag inmitten einer Schlucht, die an drei Seiten von Bergwänden umgeben war. Die
vierte Seite war zum Meer hin offen. An klaren sonnigen Tagen konnte man mit
ein wenig Glück die Insel Man sehen.
    Gander
drückte die Tür auf. Er stand in einem alten, muffigen Korridor, der als
Windfang diente.
    An
holzgeschnitzten schweren Garderobehaken, die sein Herz gleich höher schlagen
ließen, hingen mehrere Mäntel, Jacken und Hüte.
    In
der gut geheizten Gaststube saßen einige Dorfbewohner, die dem Fremden
neugierig entgegenblickten.
    Gander
wählte den Platz direkt neben dem Ofen. Der Mann aus Brighton liebte Wärme über
alles. Er rieb sich die Hände. Hier drinnen war es gemütlich. Man fühlte sich
geborgen.
    Vielleicht
war es die Geborgenheit, die die Leute hier in den Bergen hielt.
    So
etwas fand man doch sonst nirgendwo mehr.
    Der
Wirt kam. Er war gut ernährt. Sein mächtiger Bauch wippte bei jedem Schritt auf
und ab. Er streckte Gander die Hand entgegen.
    »Ich
heiße Stan«, sagte er mit rauher Stimme und zeigte die Zähne, die vom vielen
Rauchen gelb geworden waren. »Ein Fremder in Tonklin. Das darf nicht wahr sein.
Was hat Sie denn hierher verschlagen?«
    Die
Menschen hier waren trotz ihrer Abgeschiedenheit gesellig und nicht scheu.
    Gander
fühlte sich angenehm berührt.
    Er
bestellte einen Tee mit Zitrone und fragte außerdem nach der Speisekarte.
    So
etwas gab es nicht. Der Wirt zählte ihm vier zur Verfügung stehende Mahlzeiten
auf, die alle Fleisch mit Abwandlungen waren: einmal mit Brot, ein andermal mit
Bratkartoffeln, Pommes Frites oder Salzkartoffeln.
    Gander
bestellte mit Bratkartoffeln.
    Er
mußte nicht lange auf sein Essen warten. Die Fleischportion war riesig, und mit
der Zubereitung war er zufrieden. Es war ein deftiges, ländliches Essen. Er
ließ es sich munden.
    Dabei
sprach er mit dem Wirt. Die anderen Gäste schalteten sich in das Gespräch ein.
    Gander
fand, daß er es noch niemals so leicht gehabt hatte, über seine Absichten zu
sprechen. Er tat das mit einer kleinen Veränderung der Wahrheit. Er stellte
karitative Zwecke in den Vordergrund, behauptete, als Mitarbeiter einer
Organisation tätig zu sein, die alte Sachen suche, um den Erlös Kinderheimen,
Drogengeschädigten und Behinderten zukommen zu lassen.
    Das
zog meistens. Auch hier verfehlte es seine Wirkung nicht. Tonklin schien ein
richtiges Paradies für alte Sachen zu sein. Er bekam Spiegel, alte Krüge und
alte Kleider angeboten, die er annahm. Er wies nie etwas zurück. Was nichts
taugte, konnte er immer noch wegwerfen. Man durfte die Leute, die glaubten, ein
gutes Werk zu tun, nicht vor den Kopf stoßen.
    Er
bekam das meiste, ohne einen Penny dafür zu bezahlen. Der Wirt spendierte ein
altes Butterfaß. So etwas wurde gesucht. Auf dem Caledonian Market bekam er
dafür seine zehn Pfund. Das war das mindeste.
    Er
erhielt Adressen.
    Einer
wies darauf hin, daß es schade sei, mit Mrs. Mallory nichts anfangen zu können.
    Gander
hakte sofort nach. »Warum? Was ist mit ihr?« Er bemerkte, daß einige Männer den
Sprecher, der den Namen Mallory erwähnt hatte, mit ärgerlichen Blicken
streiften.
    Der
Wirt winkte ab. »Es hat keinen Sinn, darüber zu diskutieren. Ich kann mir zwar
vorstellen, daß in ihrem Haus ein paar Sachen zu finden sind, die Sie
interessieren könnten. Alte Uhren, sehr viele Bilder, alte Möbel. Sie braucht
sicherlich vieles nicht mehr, doch es lohnt nicht, darüber zu sprechen.«
    »Ein
Versuch könnte vielleicht nicht schaden. Jedes Pfund, das wir unseren
Schützlingen zukommen lassen können, bringt Erleichterung für die Betroffenen.«
    »Versuchen
Sie Ihr Glück hier in Tonklin! Man wird ein offenes Ohr für Sie haben. Aber die
alte Mallory schlagen Sie sich am besten aus dem Kopf, Mister Gander.«
    »Wo
wohnt sie denn?«
    »Außerhalb
des Ortes, in der Nähe des alten Friedhofes, wenn Sie Tonklin in Richtung
schottische Grenze verlassen. Wenn Sie dort weiterfahren, lassen Sie das Haus
links liegen, kümmern Sie sich gar nicht drum. Am besten ist es, Sie sehen
nicht hin, so, als existiere es gar nicht.«
    »Warum?«
    »Lassen
Sie’s gut sein! Reden wir nicht mehr davon. Vergessen Sie das Ganze.«
     
    ●
     
    Aber
da kannte der Wirt David Gander schlecht.
    Der
ließ sich nicht so schnell abwimmeln. Wenn es bei Mrs. Mallory etwas zu holen
gab, dann wollte er es zumindest versuchen. Komisch war nur, daß
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